NachrufOtto Flimm – der Mann, der den Nürburgring rettete

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Der Heider Bergsee war Otto Flimms Segelrevier. Legendär waren aber auch die Vatertagstouren der Segler nach Holland.

  • Otto Flimm, der kölsche Jung, der in Brühl erfolgreich Spirituosen produzierte, ist am Montag im Alter von 90 Jahren gestorben.
  • Er hatte viele sportliche Leidenschaften und war Reiter, Segler und Motorradfahrer.
  • Der Unternehmer war außerdem mehr als ein Jahrzehnt lang Präsident des ADAC.
  • Ein Nachruf.

Brühl – Es ist ein ungewöhnliches Denkmal, das Otto Flimm schon zu Lebzeiten gesetzt worden ist: In der Ville, nahe dem Birkhof, trägt ein Reitweg den Namen des Mannes, der das Reiten mit der gleichen Leidenschaft betrieben hat wie das Motorradfahren und das Segeln. Otto Flimm, der am Montag im Alter von 90 Jahren gestorben ist, hat bei allem, was er gemacht hat, Vollgas geben, die Zügel respektive den Lenker fest in der Hand.

Verunglückt mit dem Elektrorollstuhl

Die letzten Jahre war der Unternehmer auf einen Elektrorollstuhl angewiesen gewesen. Mit diesem Gefährt ist er am Freitag verunglückt, am Montagmorgen ist er im Krankenhaus gestorben. Geistig sei Flimm bis zuletzt voll dabei gewesen, erinnert sich Gregor Laudon, Vorsitzender des Reitvereins Birkhof-Ville. „In Diskussionen war er immer noch ein herausfordernder Sparringspartner.“

Otto Flimm hatte den Verein vor mehr als 50 Jahren gegründet – eigentlich, um den Birkhof vor dem Abriss zu retten. Es wurde der Beginn einer neuen sportlichen Leidenschaft.

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Viele Jahre lang nannte Otto Flimm seine Pferde schlicht und einfach Kabänes. 

„Alle Geschäftspartner und die Kollegen beim ADAC wussten: Mittwochnachmittags und sonntagvormittags hat der Flimm keine Zeit. Da ist er zum Reiten unterwegs“, erzählte er gern.

Noch vor sieben Jahren saß er bei der Birkhof-Reitjagd im Sattel, Ehrenvorsitzender des Vereins war er bis zuletzt. Seine Pferde hießen übrigens viele Jahre lang schlicht und einfach „Kabänes“ – nach dem Magenbitter, der einst der Grundstock des Flimmschen Familienunternehmens war.

„Die Stadt Brühl ist Otto Flimm zu großem Dank verpflichtet. Nicht nur mit seinem unternehmerischen, sondern auch mit seinem sozialen Wirken und mit seinem Engagement für verschiedene Vereine hat er Brühl in besonderer Weise geprägt“, sagte Bürgermeister Dieter Freytag.

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Denn neben dem Reitverein hat Otto Flimm auch einen Segelclub gegründet. Genauer gesagt: die Segelabteilung des Brühler Clubs für Motorsport. Hartmut Borowski, der lange Jahre im Vorstand mitgearbeitet hat, kann von den Anfängen erzählen.

Damals sei Flimm auf dem Rhein gesegelt, in einem Faltboot mit Mast. „Er war die Seele des Vereins“, sagt Borowski. „Und der Kopf.“ Auch bei diesem Verein ging es nicht nur darum, seinem Hobby zu frönen: Der Club um seinen rührigen und energischen Vorsitzenden hatte maßgeblichen Anteil daran, dass aus einer ehemaligen Braunkohlegrube das Naherholungsgebiet Heider Bergsee geworden ist. 

Eine andere Leidenschaft hatte Flimm noch früher entdeckt: den Motorsport. Bereits Ende 1946 erstand er sein erstes Motorrad, eine 500er Ardie, Baujahr 1927 – „von meinem selbst verdientem Geld“, wie er stets betonte. Mit der 78.000 Reichsmark teuren Maschine sammelte er erste Zweirad-Erfahrung.

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Der Motorsport erlebte in den 50er-Jahren  eine Blütezeit. Auf dem Gabjei-Ring wurden Rennen gefahren. 

Später avancierte Flimm zum erfolgreichen Rennfahrer und baute mit seinen Mitstreitern selbst Moto-Cross-Strecken am Rande der Ville, die jedoch immer wieder anderen Nutzungen weichen mussten.

Bundesweit machte sich Flimm als Präsident des ADAC einen Namen. 1950 war er dem Automobilclub beigetreten. Bei seinem Vorhaben, eine Ortsgruppe zu gründen, fühlte er sich „von oben herab behandelt“. Das spornte ihn an, etwas zu verändern.

Flimm stieg auf, war von 1989 bis 2001 Präsident des ADAC und bis zuletzt dessen Ehrenpräsident und Ehrenvorsitzender des ADAC-Nordrhein. Auch in den Automobil-Weltverbänden FIA und AIT engagierte er sich.

Geboren im Kölner Severinsviertel

Otto Flimm ist am 18. Mai 1929 in Kölner Severinsviertel zur Welt gekommen, aber in Brühl aufgewachsen. Sein Vater betrieb in Köln drei Wein- und Spirituosengeschäfte.

Der Sohn machte eine Ausbildung zum Industriekaufmann und übernahm 1957 die Verantwortung in dem Betrieb, der mittlerweile eine Großhandlung war. 1975 wurde die Firma nach Brühl verlagert.

Fünf Kinder, drei Töchter und zwei Söhne, hatte Otto Flimm, mit seiner 2008 verstorbenen Frau Christa. Der älteste Sohn ist jung gestorben. Der andere führt seit 1992 das Unternehmen. Flimm hinterlässt seine zweite Frau Christine.

„Otto Flimm hat sich in herausragender Weise um den ADAC Nordrhein und den ADAC verdient gemacht. Er war ein Mann der klaren Worte. Hartnäckig, ausdauernd und mit einer ungeheuren Lebensenergie – ein beeindruckender Kämpfer, der niemals aufgegeben hat“, sagt Peter Meyer, Vorsitzender des ADAC Nordrhein.

Flimm stand zudem an der Spitze des Vereins „Rettet den Nürburgring“, der nach dem Unfall von Niki Lauda 1976 maßgeblich dafür sorgte, dass neben der legendären Nordschleife 1984 die moderne Grand-Prix-Strecke eingeweiht werden konnte. Die Zufahrtsstraße zum alten Fahrerlager trägt heute seinen Namen.

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Die Begeisterung für den Motorsport im allgemeinen und für Motorräder im besonderen ließ Flimm nie los.

Flimm übernahm 1957 das väterliche Spirituosen-Unternehmen, dessen bekanntestes Produkt lange Zeit der Magenbitter Kabänes war. Mitte der 70er-Jahre zog der Betrieb von der Kölner Roonstraße nach Brühl.

Heute führt sein Sohn Carl das Unternehmen. Er machte einen Waldmeister-Likör zum Verkaufsschlager, der in vielen Kneipen unter dem Namen „Flimm“ angeboten wird.

Der Reitweg ist übrigens nicht das einzige, was – neben den Vereinen, die er gegründet hat – an Otto Flimm erinnern wird: Die offizielle Anschrift des Nürburgrings lautet „Otto-Flimm-Straße“.

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