Abo

Frust wegen AstrazenecaPatienten warten lieber auf Biontech – Hausärzte verzweifeln

Lesezeit 3 Minuten
In der Brühler Hausarzt-Praxis von Dr. Astrid Lueg und Dorothea Funke wollen sich Bürger impfen lassen.

In der Brühler Hausarzt-Praxis von Dr. Astrid Lueg und Dorothea Funke wollen sich Bürger impfen lassen.

Rhein-Erft-Kreis – Unter Hausärzten im Kreis herrscht Unzufriedenheit wegen der Impfstoffverteilung. Derzeit wird der wenig beliebte Impfstoff des Herstellers Astrazeneca – neben anderen – ausschließlich bei Niedergelassenen verimpft. Im Hürther Impfzentrum jedoch kommt das Vakzin gar nicht zum Einsatz, sondern nur die Mittel von Biontech und Moderna. Für den Hürther Hausarzt Dr. Matthias Schlochtermeier ist das „eine Verzerrung des Wettbewerbs und der Impfsituation“.

Denn: Die Hausärzte bleiben auf dem Impfstoff, der nur für Bürgerinnen und Bürger über 60 Jahren vorgesehen ist, oft sitzen, weil die Patienten den Impfstoff ablehnen. Die Praxis Schlochtermeier-Ferrauti etwa hat nach eigenen Angaben in dieser Woche 50 Dosen Astrazeneca je Arzt erhalten. „Davon bekommen wir etwa 40 verimpft – allerdings nur, weil eine meiner Medizinischen Fachangestellten sich rund zehn Stunden lang am Telefon um Termine bemüht hat“, sagt Schlochtermeier.

Wesseling: Nur 40 von 160 Astrazeneca-Impfdosen verimpft

Noch schlechter ist die Quote beim Wesselinger Arzt Klaus Schloter. „Wir haben diese Woche 160 Dosen Astrazeneca erhalten, können aber nur 40 unter unseren Patienten verimpfen“, sagt der Allgemeinmediziner, der auch Kreisstellenvorsitzender des Hausärzteverbands ist. In der nächsten Woche wolle er kein Astrazeneca mehr beziehen, sondern versuchen, seine Bestände abzubauen. „Bei einigen Patienten zeigt sich die Haltung: Für mich nur das Beste“, sagt Schloter. Da werde eher auf eine Impfung mit dem Vakzin von Biontech spekuliert. „Diese Patienten wissen den Wert einer Impfung angesichts einer Pandemie nicht zu schätzen.“

Alles zum Thema Impfung

„Auf uns Hausärzte wird das Marketing für Astrazeneca abgewälzt“, beklagt Schlochtermeier. Ein erhöhter Beratungsbedarf sei die Folge. Patienten würden sich doppelt zur Impfung anmelden und abwarten, wo sie das vermeintlich bessere Angebot bekämen. „Dadurch werden wir Hausärzte am Ende weniger Menschen impfen, weil wir auf dem Astra sitzen bleiben und alle nur noch Biontech wollen.“ Er fordert, „dass alle Astra-Lieferungen primär an die Impfzentren gehen und wir nur Astra für unsere eigenen Zweitimpfungen bekommen.“ Faktisch seien die Impfzentren, die bisher wertvolle Arbeit geleistet hätten, inzwischen überflüssig. „Die Arbeit kann und wird von den Praxen gestemmt.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Kreisverwaltung sieht keine Möglichkeit, etwas zu ändern. „Auf die Auswahl und die Menge der zugeteilten Impfstoffe hat der Kreis keinen Einfluss – diese wird vom Land getroffen“, sagt Gesundheitsdezernent Christian Nettersheim. Auch für die nächsten Wochen würden im Impfzentrum ausschließlich Lieferungen der Impfstoffe von Biontech und Moderna erwartet.

Das Landesgesundheitsministerium teilt mit, dass das Bundesgesundheitsministerium für die Zuteilung zuständig sei. Der Bund sieht allerdings das Land in der Pflicht. „Die Frage, welche Impfzentren vor Ort mit welchen Impfstoffen beliefert werden, fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Bundesländer.“

Rundschau abonnieren