„Die Schublade“ ist Familiensache: Susi, Stefan und Lena Höller sorgen für Gastlichkeit. Der ungewöhnliche Name hat mit der antiken Einrichtung zu tun.
GastrotippFamiliensache – In der „Schublade“ im Herzen Muchs wird eigens gebrautes Bier gezapft

Schubladen befinden sich nicht nur hinter der Theke, die Wirtsleute Susi und Stefan Höller (mit Tochter Lena, Mitte) haben nach der antiken Inneneinrichtung ihr Lokal benannt.
Copyright: Cordula Orphal
Nicht nur die Inneneinrichtung ist wohl einmalig weit und breit, auch das „Höllers“ fließt ausschließlich in der Schublade aus dem Zapfhahn. Benannt ist es nach dem Wirtsehepaar, das ursprünglich ganz andere Pläne hatte, damals, vor knapp 40 Jahren.
Das Lokal im Fachwerkhaus der alteingesessenen Mucher Familie sollte ein Pächter übernehmen. Doch daraus wurde nichts, wie Stefan Höller erzählt. Der Geschäftspartner habe nach und nach immer exklusivere Ideen aufgetischt, wollte Champagner und Austern einem möglichst zahlungskräftigen Publikum servieren, um die Ecke hatte gerade der Golfclub eröffnet.
Ein Schreiner passte die alte, belgische Apothekeneinrichtung in den Gastraum ein
Das war nichts für die zwar geschäftstüchtigen, aber bodenständigen und sozialen Höllers. Eines der sechs Kinder sollte die Lücke füllen, „ich habe mich als Fußballer und Freiwilliger Feuerwehrmann wohl am besten geeignet“, sagt der Kaufmann, Handelsbetriebswirt und Metzger Stefan Höller schmunzelnd.
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25 war er damals und liiert mit Susi, einer Heilerziehungspflegerin aus Hennef, die seit der Jugend nebenbei kellnerte. Alle packten mit an beim Umbau, die drei Höller-Söhne besorgten in Belgien eine alte Apothekeneinrichtung, ein Schreiner, fest angestellt für zwei Jahre, passte die Theke und die Schränke mit den unzähligen Schubladen in den früheren Lebensmittelladen ein.
Manchmal haben wir nicht geschlafen und morgens direkt weitergearbeitet
1935 hatte Großvater Josef Höller den Kolonialwarenhandel eröffnet, Stefans Eltern Ursula und Anton Höller in den 1950er Jahren erweitert und als erste weit und breit die Selbstbedienung eingeführt, eine automatische Schiebetür installiert und eine Softeismaschine.
Zwischenzeitlich war man an die Dr.-Wirtz-Straße umgezogen, in den heutigen „Landfuxx“. Im Fachwerkhaus an der Hauptstraße machten für ein paar Jahre ein Jeansshop und Fotoladen Geschäfte, Höllers hatten die Räume zu einer kleinen Passage umgebaut.
Dann wurde alles erneut umgekrempelt für die Gastronomie. Die blieb Familiensache, aus der Übergangs- wurde eine Dauerlösung. Seit 38 Jahren führt das Paar die Schublade, das Lokal, in dem legendäre Karnevalspartys stiegen und Betrieb war oft bis tief in die Nacht. „Manchmal haben wir gar nicht geschlafen und morgens direkt weitergearbeitet“, sagt die Wirtin rückblickend.
Angebot in der „Schublade“ wurde regionalisiert
Vier Kinder, heute 37, 36, 34, und 27 Jahre alt, zogen Höllers groß, die drei Jungen arbeiten heute als Arzt, Heilerziehungspfleger und Zimmermann, die Tochter lernte Goldschmiedin. Nach all dem Remmidemmi lassen es die beiden, heute 63 und 62 Jahre alt, seit zehn Jahren ruhiger angehen. Nach dem Corona-Einschnitt reduzierten sie auch wegen der Personalknappheit die Öffnungszeiten, im Sommer schließen sie für mehrere Wochen.
Außerdem wirbelt seitdem Tochter Lena mit in der Küche, unterstützt von zwei erfahrenen Aushilfskräften, weitere zehn Beschäftigte helfen im Restaurant aus. Man habe das Angebot regionalisiert, erzählt Stefan Höller: „Weine aus Südafrika sind wirklich Quatsch“, der gute Tropfen kommt nun von der Ahr, um die durch Hochwasser schwer gebeutelte Gegend zu unterstützen. Auch Steaks aus Argentinien flogen von der Karte.
Bodenständig zu kochen und kreativ, das ist die Handschrift der 34-Jährigen: So gibt es das Pfännchen, den Renner in der Schublade, in drei Versionen, zwei mit Fleisch, eine vegetarisch. Ihr „Wilder Burger“ kommt nicht nur bei jungen Leuten gut an. Susi Höller bereitet alle Zutaten vor, auch Soßen und Chutneys sind selbst gemacht, nach Rezept der Großmutter.

Renner in Much: Das Schnitzelpfännchen gibt es in drei Variationen, eine davon vegetarisch.
Copyright: Höller
Das eigens für die Schublade gebraute „Höllers“, obergärig wie Kölsch, aber dunkler und würziger, weil ungefiltert, stammt aus einer kleinen Brauerei in Niederlahnstein. Das Wasser kommt aus Gerolstein in der Eifel, Kaffee und Tee kommen von der Gepa, die für fairen, umweltschonenden Anbau steht.
Im Lokal ist Geselligkeit ein Grundprinzip, diese Botschaft steht ganz vorn in der Speisekarte. Das spiegelt sich in der Einrichtung.Nicht nur die Mucher Mimen haben eine eigene Wandvitrine, zum Gedenken an den „Lappmann“, den Mucher Schuhmachermeister Günther Freiburg, hat Höller mit Freunden Fotos, Urkunden, Zeitungsausschnitte und ein Instrument schmuckvoll arrangiert. Das Original habe keine Familie gehabt, sagt Susi Höller: „Die Schublade war sein Wohnzimmer.“

Großvater Josef Höller eröffnete vor 90 Jahren an der Hauptstraße einen Kolonialwarenladen. Sein Sohn erweiterte das Geschäft, sein Enkel Stefan führt die heutige Schublade.
Copyright: Höller
Herz zeigen die Wirtsleute zudem mit einer Weihnachtsaktion mit dem Musiker Paul Radau und dem Ambulanten Hospizdienst: An Heiligabend wird von 14 bis 16 Uhr geklönt, gesungen und gelacht. Es gibt von den Bäckereien gespendete Kuchen, dazu Kaffee und Wasser, alles kostenlos.
Die Schublade, donnerstags bis samstags ab 18 Uhr, Küche bis 21 Uhr, sonntags ab 17 Uhr, Küche bis 20 Uhr. Hauptstraße 17, Much. Reservierungen unter 02245 / 44 11 am besten zu den Öffnungszeiten. Anmeldung zum Heiligen Abend beim Hospizdienst (02245/618 90) oder der Gemeinde Much (02245/680).
Eine kleine Auswahl
Speisen: Brot mit Aioli 5,80, Gratinierter Käse-Rösti mit Brie und Birnen überbacken, karamellisierten Walnüssen, Pflaumen-Chutney und Salat 16,80, Schnitzelpfännchen 17,80, Wilder Burger 19,80. Gebackene Apfelringe auf Eierlikör mit Eispralinen 6,80 Euro. Kinderteller 7,80 Euro.
Getränke: Cola, Fassbrause, Mineralwasser 0,3 l drei Euro; Aperol Sprizz 5,80, Höllers 0,2 l zwei Euro, Warsteiner Pils 0,3 l drei Euro, Weizen (auch alkoholfrei) 0,5 l fünf Euro. (coh)

