Bis 1993 hat der Müller Alois Schneider sein Handwerk hier ausgeübt. Mehl mahlen könnte man hier immer noch: Alle Maschinen sind top gewartet.
Mühlentag in Rhein-SiegDas ist die letzte funktionstüchtige Mühle von Windeck-Irsen

Tobias Wagner zeigt, wie gut das 150 Jahre alte Mühlrad funktioniert, das nach den Regenfällen der letzten Tage reichlich Wasser transportiert.
Copyright: Sylvia Schmidt
Früher war das Windecker Irsertal von Irsen bis Imhausen gut bestückt mit Mühlen. Heute klappert nur noch die Mittelirsener Walzenmühle einmal im Jahr zum deutschlandweiten Mühlentag. Ein Schmuckstück, das im großen Umkreis ihresgleichen sucht, denn die Mühle ist immer noch funktionstüchtig. Dabei wurde sie bereits 1577 zum ersten Mal erwähnt.
Der im vergangenen Jahr mit 89 Jahren gestorbene Alois Schneider war der letzte, der das Müllerhandwerk in vierter Generation bis 1993 ausgeübt hatte. Ihm hätte vermutlich gefallen, dass Kinder, Enkel, deren Partner und auch schon das ein oder andere Urenkelkind beim gut besuchten Mühlentag am Pfingstmontag, 9. Juni, im Einsatz waren.
Sobald eine Mühle abgerissen wurde, fuhr Müller Alois Schneider hin und sammelte die Technik ein
Schneiders Enkel Matthias Bischoff und der Schwiegerenkel Tobias Wagner teilten sich die Mühlenführungen durch den historischen und modernen Teil. Letzterer, die Walzenmühle, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im hinteren Teil des Gebäudes gebaut. „Das Spezielle an dieser Mühle ist, dass noch so viel erhalten ist, sie ist in einem Top-Zustand“, berichtete Wagner. Als er 2012 seine spätere Frau, Schneiders Enkelin, kennenlernte, habe er bald mitgeholfen und auch Interesse mitgebracht.
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Die Mühle in Windeck-Irsen öffnete als einzige im Rhein-Sieg-Kreis am Mühlentag: dafür war die ganze Familie des im vergangenen Jahr gestorbenen ehemaligen Müllers Alois Schneider im Einsatz.
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Beruflich befasst sich der Ingenieur mit Fabrikplanung, auch für die Lebensmittelbranche. „Alois Schneider hat großen Wert auf den Erhalt und die Konservierung für die Nachwelt gelegt. Nicht nur hier, auch bei anderen Mühlen hat er sein Wissen weitergetragen. Sobald eine Mühle abgerissen wurde, ist er hingefahren und hat gesammelt, deshalb ist bei uns alles voll mit Mühlentechnik.“
Der Grund, warum Schneider der letzte Müller im Irsertal war, hat sicherlich auch damit zu tun, dass er sich dem Fortschritt angepasst hatte. Bei einem Rundgang stellte Wagner beispielsweise das große Mühlrad vor, das wie geschmiert läuft und kräftig Wasser mit sich führt. Mit der Industrialisierung waren Holzkonstruktionen oder Maschinenteile durch Stahlkonstruktionen ersetzt worden. „Dieses Mühlrad“, sagte Wagner und zeigte auf das große, 150 Jahre alte Exemplar, „hat zwei kleinere Holzräder ersetzt.“
Mühle in Windeck-Irsen: Die arbeitenden Maschinen können besichtigt werden
In den 1950er Jahren führte der Irserbach für den Mühlenbedarf nicht mehr genug Wasser, also wurde zusätzlich ein Elektromotor angeschafft. „Das Verfahren an sich, die Qualität, die Technik, wie gefördert, gemahlen, gelagert wird, findet man heute in jeder modernen Mühle, die Grundkomponenten werden noch so verwendet“, schilderte der Ingenieur, der auch beruflich in modernen Mühlen unterwegs ist.

Blitzsauber und gewartet sind die alten Maschinen. Vorwiegend wurde in der Mittelirsener Walzenmühle früher Roggen zum Backen angeliefert und zu Mehl gemahlen.
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„Wir können noch die arbeitenden Maschinen zeigen, das können andere Mühlen nicht mehr“, unterstrich Matthias Bischoff die Besonderheit. Blitzsauber und gewartet sind die alten Maschinen, überall findet man erklärende Schilder. Über mehrere Stockwerke wurde einst gearbeitet, um aus Korn, vorwiegend Roggen, Mehl zu mahlen.