Waldwirtschaft in WindeckPferderücker warnen vor dem Aussterben ihres Berufstandes

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Manuela und Hubert Zimmermann leben mit ihren und für ihre Tiere.

Windeck – Den Waldökosystemen geht die Luft aus, Waldsterben und Klimawandel setzen ihnen zu. Dicht dran am Thema sind Hubert und Manuela Zimmermann aus Altwindeck. Gemeinsam betreiben sie den Pferdehof „Erlebnisse mit Kaltblütern“. Seit 30 Jahren ist Zimmermann als professioneller Pferderücker im Auftrag von Landesforsten unterwegs.

Seit elf Jahren arbeitet er Hand in Hand mit seiner Frau, von Beruf Pferdetrainerin, und mit zehn eigenen Kaltblutpferden. Beide sind Ausbilder in der Abteilung Forst der Interessengemeinschaft Zugpferde. Die Ausbildung zum Pferderücker ist besonders umfangreich, spielen hier der partnerschaftliche Umgang mit dem Pferd und der Tierschutz doch eine große Rolle.

„Wir bekommen die Auswirkungen des Klimawandels vor allen Dingen durch den Borkenkäfer deutlich zu spüren“, berichtet Zimmermann, der mit Pferden und Wald groß geworden ist. „Pflegemaßnahmen werden so gut wie nicht mehr in unserer Region im Laubholz durchgeführt, Pferde sind nicht schnell und wirtschaftlich genug für den Einsatz gegen den Borkenkäfer. Man hat uns einfach vergessen.“

Für den Kahlschlag im Fichtenwald werden Maschinen eingesetzt

Bei den großen Kahlschlägen im Fichtenwald kommen überwiegend Maschinen zum Einsatz. Zuvor arbeitete das Mensch-Tier-Gespann überall dort, wo Wege für Maschinen, die mit Seilwinde und Kran arbeiten, zu weit, zu steil oder zu nass sind. „Bei Pflegemaßnahmen, wo einzelne Bäume im Bestand gefällt werden, kann sich das Pferd um die Bäume herum den besten Weg suchen, und es entstehen so gut wie keine Schäden. Das kann die Maschine nicht“, schildert Manuela Zimmermann.

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Mit großer Vorsicht können die Mensch-Pferd-Gespanne das Holz durch den Wald bewegen.

„Das Waldklima sorgt eigentlich selbst für gesunden Boden, ist der nicht mehr intakt, hat das weitreichende Folgen, wie am Beispiel der Hochwasserkatastrophe in der Eifel zu beobachten ist.“ Schwere Maschinen verdichteten die Böden derart, dass dort Mikroorganismen ihre Arbeit nicht mehr tun könnten. „Der Boden ist tot und kann kein Wasser mehr aufnehmen und speichern.“

Ein anderer Schwerpunkt ist die Ausbildung von Forstfachleuten und Arbeitspferdebesitzern. Zimmermann ist Dozent im Forstlichen Bildungszentrum in Hachenburg/Rheinland-Pfalz. Auch auf seinem Betriebsgelände gibt es mehrmals im Monat Fachlehrgänge zur Forstarbeit mit Rückepferden.

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Im Arbeitsalltag erlebt das Paar von verschiedenen Seiten ein Umdenken. Die gesamte Holzproduktion stehe vor der Herausforderung, die Forsttechnik zu einer „sanften Technik“ mit maximalem Bodenschutz weiterentwickeln zu müssen. Die menschliche Kommunikation hält Manuela Zimmermann für die größte Schwachstelle im Zusammenspiel der Interessen.

Dabei steht für sie außer Frage, dass es ohne Maschinen im Wald nicht geht, etwa um schweres Stammholz zu schleppen. „Insgesamt brauchen wir eine Technik, die sich den Bedürfnissen des Waldes anpasst. Eine Möglichkeit ist es, mit größeren Gassenabständen zu arbeiten.“

Der Harvesterkran (Vollernter) arbeitet in der Regel von zwei Seiten im jeweils zehn Meter Radius auf den 20-Meter-Rückegassen. Das macht den Einsatz von weiterer Forsttechnik überflüssig, zerstört aber viel Waldboden. Beim Kölner Verfahren wird Holz vom Pferd bis zur nächsten Gasse vorgeliefert und der Wald deutlich weniger befahren. „Das Pferd ist hier nachweislich schneller und schonender als jede andere Forsttechnik“, betont Manuela Zimmermann.

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Der Waldboden wird bei der Arbeit mit Rückepferden nicht beschädigt – anders als beim Einsatz tonnenschwerer Maschinen.

Im Vordergrund habe in den vergangenen Jahren die Wirtschaftlichkeit der großen Maschinen und das schnelle Geld gestanden, so Hubert Zimmermann. Für eine sanfte Forstwirtschaft sei es notwendig, alle an einen Tisch zu bekommen: Forstleute, Forstmaschinenunternehmer und Forsttechniker, Pferderücker, Naturschutzbeauftragte, private Waldbesitzer und politische Parteien, denn ohne Fördergeld sei ein Strukturwandel nicht möglich.

Hubert Zimmermann sagt: „Wir brauchen Unterstützung für Planungssicherheit.“ Waren es vor ein paar Jahren noch mehr als 100 Pferderücker bundesweit, sind es aktuell knapp 30, nicht einmal die Hälfte darf Nachwuchs ausbilden. Die größte Gefahr für Wald und Pferderücker sieht er darin, dass es noch ein paar Jahre so weitergeht. „Von gelegentlichen Aufträgen kann kein Unternehmen leben. Wenn der Strukturwandel dann kommt, gibt es keine Holzrücker mehr. Die Ausbildung für Mensch und Tier dauert Jahre.“

Er sei froh, dass in einigen Bundesländern wieder Dozentenstellen ausgeschrieben seien und Fördergeld freigegeben werde. „Das Pferd gehört mit in die Gesamtplanung der Forstwirtschaft, die Menschen wollen keine Baumfabrik mit aufgeschotterten Maschinenautobahnen.“

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