Der 41-Jährige wird vermutlich dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden.
Tat im WahnSyrer nach Attacke auf Sankt Augustinerin vor Gericht

Die Tür des Bonner Landgerichts: Hier wird über die Unterbringung eines 41-Jährigen aus Syrien in einer psychiatrischen Einrichtung verhandelt.
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Diesen Novemberfreitag wird eine Frau aus Sankt Augustin-Menden wohl nie vergessen. Es klingelte bei ihr um kurz nach 9 Uhr, die 43-Jährige vermutet, ihr Mann, der gerade ins Büro aufgebrochen war, habe etwas vergessen, oder der Paketbote stehe vor dem Einfamilienhaus. Durch die Milchglasscheibe der Haustür sieht sie schemenhaft eine Gestalt, und als sie „unbedarft“, wie sie später erzählt, öffnet, steht ein schwarz gekleideter Fremder vor ihr. Er hat einen hölzernen Besenstiel in der Hand, den er ihr sofort in den Magen rammt.
Die Sankt Augustinerin fällt rückwärts zu Boden, und dann schlägt er von oben auf sie ein; sie kann die Angriffe nicht abwehren, geht in Embryonalhaltung, macht sich starr und wird mindestens ein Dutzend Mal von dem Stock getroffen. Ein 41-jähriger Syrer ist dringend verdächtig, die ihm völlig unbekannte Frau attackiert zu haben. Der Fall hatte für Schlagzeilen gesorgt. Jetzt muss er sich vor dem Bonner Schwurgericht wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Der Tatverdächtige arbeitete fünf Jahre in einem Frisörsalon
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er die Tat, unter einem Wahn stehend, im schuldunfähigen Zustand verübt hat. Er sei eine Gefahr für die Allgemeinheit und solle dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden.
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Übersetzt von einem Dolmetscher, schildert der Mann dem Gericht, er habe fünfeinhalb Jahre in einem Friseurgeschäft gearbeitet und sei in dem Salon von einer Frau „verwünscht“ worden. Er habe „Lähmungen“ bekommen und „Krebs“, doch trotz seiner Gebete sei die Frau immer wieder zurückgekommen. „Tausende von Teufeln“ seien ihm geschickt worden, darunter ein „ganz starker“. Also habe er Gott angefleht, ihn davon zu befreien. Gott habe ihm daraufhin einen Engel gesandt, der ihm eine Adresse genannt habe, zu der er mit dem Taxi gefahren sei. Es war die Anschrift in Menden.
Bei diesen Worten steht der Beschuldigte auf und führt dem Gericht vor, wie ihn der „himmlische Bote“ zu dem Haus geführt habe, links herum und rechts herum. Schließlich habe er geklopft, ihm sei geöffnet worden, er habe den Besenstiel, an dessen unteren Ende ein Metallteil befestigt war, genommen und die Frau geschlagen. „Ich war nicht bei Sinnen“, sagt er.
Der Verdächtige wurde nach der Tat in Sankt Augustin drei Wochen in der LVR-Klinik in Bonn behandelt
Nach der ersten Attacke gelingt es der Designerin, ihn aus der Tür zu drängen; sie kann sie aber nicht schließen, weil der Besenstiel im Eingang liegt. Der Fremde kehrt zurück und schlägt nochmals zu. „Das ist das End Game“, schildert sie in der polizeilichen Vernehmung ihre Gedanken, mit denen sie sich ihrem Schicksal ergeben will, als plötzlich ihr Hund in den Flur läuft. Der Eindringling wird durch das Tier abgelenkt, sein Opfer rettet sich mit einer Rolle vorwärts ins Freie.
Um Hilfe rufend rennt sie auf die Straße, der Angreifer verfolgt sie etwa 200 Meter und lässt dann von ihr ab. Sie stoppt ein Auto, die drei Männer darin reagieren aber nicht – „wir sprechen kein Deutsch!“ – und fahren davon. Zwei aufmerksam gewordenen Nachbarn gelingt es, den Angreifer in Schach zu halten, bis die Polizei kommt.
Die Beamten finden in seiner Jacke zwei Messer, die er ebenso wie den Besenstiel kurz vor der Tat in einem Supermarkt gekauft hatte. Zurück an ihrem Haus trifft sie auf den Mann, der bereits von Polizisten befragt wird. Sie ruft ihm noch einen Fluch zu, bevor sie ins Krankenhaus Siegburg gebracht wird.
Der Verdächtige kommt für drei Wochen in die LVR-Klinik Bonn, wird dann auf eigenen Wunsch entlassen, soll aber zwei Wochen in einem lebensbedrohlichen Zustand von der Polizei aufgefunden und wieder eingewiesen worden sein. Der Beschuldigte, der zuletzt in Hennef wohnte, sitzt zurzeit in Untersuchungshaft. Das Unterbringungsverfahren ist bis Ende Juli terminiert.