Das Bonner Landgericht hat in nichtöffentlicher Sitzung einen heute 20-Jährigen, der früher in Nümbrecht lebte, verurteilt.
Lange AnklageLandgericht verurteilt Ex-Nümbrechter zu mehr als drei Jahren Jugendhaft

Für das junge Mädchen war es eine teuflische Spirale aus Gewalt, Anziehung und Verachtung.
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Für das junge Mädchen war es eine teuflische Spirale aus Gewalt, Anziehung und Verachtung, die sie lange nicht verlassen konnte. Vierzehn Jahre war die Schülerin erst alt, als sie im Jahr 2021 einen 16-Jährigen aus Nümbrecht kennenlernte und schließlich auch „fest“ mit ihm zusammen war. Aber hinter seiner netten Fassade verbarg sich ein junger Mensch voller Brutalität und Gefühllosigkeit: Anderthalb Jahre lang hatte der 16-Jährige seine Freundin verprügelt, gequält und schließlich auch vergewaltigt, bis sie den Mut hatte, auch mithilfe ihrer Mutter, ihn zu verlassen und anzuzeigen.
Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Das Bonner Landgericht hat den heute 20-Jährigen – hinter verschlossenen Saaltüren – wegen Vergewaltigung mit Körperverletzung, acht weitere Fälle von Körperverletzungen, darunter zwei gefährliche, drei Diebstahlsdelikte und auch einer räuberischen Erpressung zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, wie Gerichtssprecherin Gerlind Keller auf Anfrage mitteilte.
Das Besondere an dem Verfahren: Da der Angeklagte bei fast allen Straftaten noch nicht 18 Jahre alt, also Jugendlicher, war, fand der Prozess komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bestätigt wurde von offizieller Seite, dass der Angeklagte aus einem Elternhaus stammt, in dem Gewalt und Alkoholmissbrauch des Vaters an der Tagesordnung gewesen sein sollen; Eigenschaften, die der pubertierende Junge offenbar bedenkenlos übernommen hat. Es folgten Straftaten ohne Ende (sechs der 13 Anklagen wurden schließlich von der Kammer eingestellt) und auch ein übler Umgang mit Mitmenschen.
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Die 14-Jährige wurde zum Dauerblitzableiter
Die Begegnung mit der 14-Jährigen schien ihn kurzzeitig aus seinem kriminellen Straßenleben zu holen. Auch die Mutter des Mädchens soll sich um den Freund der Tochter gekümmert haben, am Ende wohl hoffnungslos. Stattdessen wurde die 14-Jährige zum Dauerblitzableiter seiner Wut und alkoholisierten Genervtheit. Grün und blau war sie regelmäßig am Körper, den sie vor anderen versteckte. Der Familie erzählte sie, sie sei auf der Straße verprügelt worden.
Der Angeklagte hatte für all die Strafvorwürfe nur Beschönigungen: Die Vergewaltigung sei freiwillig und zu ihrem Spaß gewesen, das Kissen, das er ihr aufs Gesicht gedrückt hatte, sei luftdurchlässig gewesen, ihre geschwollene Lippe hätte sie sich – es war ein Unfall – beim gemeinsamen Schattenboxen zugezogen und die dokumentierten Bisse wären kein Akt der Aggression, sondern der Erregung gewesen.
Die Bonner Richter hielten all das für dünne Ausreden: Da die heute 17-Jährige all ihre Verletzungen dokumentiert hatte, gab es – abgesehen von ihrer Glaubwürdigkeit – genügend Beweise für seine massiven Gewaltausbrüche, die sie erlitten hatte. Dennoch verließ sie ihn nicht; selbst nach der Vergewaltigung im Jahr 2022 hielt sie es noch acht weitere Monate bei ihm aus. Für die schwer traumatisierte Frau ist es aus heutiger Sicht unverständlich, dass sie es noch so lange ausgehalten hat.
Der Angeklagte lebt heute nicht mehr in Nümbrecht, sondern ist zu seiner Mutter nach Süddeutschland gezogen. Mit dem Urteil soll der 20-Jährige nicht einverstanden gewesen sein. Denn die Bonner Jugendkammer hatte – angesichts der leidvollen Folgen für die Freundin – mit der Strafhöhe den milden Antrag der Staatsanwältin „überboten“, die nur zwei Jahre und sechs Monaten Jugendstrafe gefordert hatte.