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„3000 Euro sind zu wenig“Amtsgericht zieht Schlussstrich unter Siegburger Familienfehde

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Amtsgericht Siegburg

Die orangefarbene Bank vor dem Amtsgericht ist ein Symbol gegen Gewalt.

Weil ein Verwandter ihre Mutter ohrfeigte, verprügelten ihn zwei Brüder mit einem Schlagstock. Das Amtsgericht versuchte, den Streit zu befrieden.

Vier Angeklagte, ein Nebenkläger, drei Zeugen - alle miteinander verwandt und in Siegburg in unmittelbarer Nachbarschaft wohnend. Eine ungute Gemengelage, befand Richterin Seda Ataer. Ein Gerichtsverfahren solle im besten Fall den Rechtsfrieden wieder herstellen. Und weitere Taten verhindern.   

Worum ging es? Der Nebenkläger soll einer älteren Frau in einer Gaststätte zwei Ohrfeigen gegeben haben. Daraufhin sannen ihre Söhne auf Rache, gemeinsam mit einem Onkel und einem Cousin verfolgten sie den Mann im Auto, stoppten ihn auf der Wahnbachtalstraße und zückten einen Teleskopschlagstock. Die Folge: Der Geschädigte landete im Krankenhaus.

Opfer bedrohte Angeklagte mit dem Tod

Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma, eine lange Riss-Quetsch-Wunde auf der Stirn, einen Nasenbeinbruch und eine Fraktur der Kiefernhöhle. Die Tat geschah bereits in einer Julinacht 2021, also vor mehr als vier Jahren. Seitdem ist einiges passiert.    

Der Fall war ursprünglich vor dem Landgericht Bonn angeklagt, wurde aber - weil nicht so gravierend - ans Siegburger Amtsgericht abgegeben. Der Geschädigte sann wiederum selbst auf Rache und bedrohte seine Kontrahenten nachweislich mehrfach, einmal sogar mit dem Tod. Das sei beim Friseur gewesen, es gebe ein Video, sagte einer der Strafverteidiger.   

Die Angeklagten, drei Mechaniker (26, 27 und 39 Jahre alt) und ein 30-jähriger Bürokaufmann, zogen es in der Hauptverhandlung vor zu schweigen. Ihr Mandant, der Jüngste der Vier, sei nicht aktiv beteiligt gewesen, das gehe auch aus dem Einsatzprotokoll der Polizei hervor, sagte dessen Rechtsanwältin. Gegen ihn wurde das Verfahren ohne Auflagen eingestellt. 

Sein Onkel und die beiden Cousins kamen jeweils mit einer Geldbuße von 1000 Euro davon. Das Geld fließt nicht an den Geschädigten, sondern an den Förderverein krebskranker Kinder, diese Lösung hatte der Anwalt des Opfers vorgeschlagen. Alle Beteiligten waren einverstanden.

Eine Schmerzensgeldvereinbarung wurde nicht getroffen. Das müsse er auf dem Zivilweg einklagen, allein schon wegen der Krankenversicherung, die nicht auf den Kosten für die Heilbehandlung sitzen bleiben wolle, sagte der Nebenklageanwalt.

Auf den voll besetzten Zuschauerbänkern entstand Unruhe. Dort saßen überwiegend Angehörige des Opfers. „3000 Euro, das ist doch viel zu wenig“, sagte eine junge Frau. „Die Narbe auf der Stirn wird immer bleiben.“