1. FC KölnFC zeigt beim 1:1 in München seine Verteidigungskünste

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Kölns Spieler feiern das Tor zum 0:1 durch Ellyes Skhiri (r).

Kölns Spieler feiern das Tor zum 0:1 durch Ellyes Skhiri (r).

Die Enttäuschung nach Kimmichs genialem Treffer hielt nicht lange an. Baumgart und seine Spieler ordnen das Spiel durchweg positiv ein und können ein gesteigertes Selbstbewusstsein verbuchen.

Der letzte Spruch des Abends in der Allianz Arena ging auf das Konto von Steffen Baumgart. „Ich habe es mehr als einmal erzählt. Wenn wir wieder trainieren, bringen die Jungs wieder Intensität und Laufleistung auf den Platz, die wir brauchen. Wir freuen uns, dass das, was ich sage, manchmal auch eintritt“, klopfte sich der Chefcoach des 1. FC Köln mal kurz auf die eigene Schulte und erntete zustimmendes Lachen.

„Seine Jungs“ hatten ja auch soeben dem Tabellenführer der Fußball-Bundesliga beim 1:1 einen Punkt abgerungen und den FC Bayern München dabei nach 14 Heimsiegen in Folge sogar an den Rand einer Niederlage gebracht. Der Rekordmeister benötigte ein Traumtor von Nationalspieler Joshua Kimmich in der 90. Minute, um das Führungstor von Ellyes Skhiri (4.) auszugleichen.

Die Enttäuschung im Kölner Lager nach Kimmichs genialem und irgendwie auch verzweifeltem 30-Meter-Schuss unter die Latte hielt trotz des maximal unglücklichen Zeitpunkts nicht lange an. „Natürlich ist das wie und wann des Gegentores ärgerlich. Aber wenn mich jemand fragt, ob ich mich ärgere, sage ich, nein. Wir haben gegen die wirklich beste Mannschaft gespielt und uns einen verdienten Punkt erkämpft und erarbeitet“, sagte Baumgart stolz. Es war sein erster Punktgewinn als Trainer gegen die Münchner.

Wir müssen daran ansetzen, dass wir gegen solche Mannschaften sogar höher in Führung gehen können.
Jonas Hector, Kapitän des 1. FC Köln

Er vergaß trotz des Erfolgs nicht, die 90 Minuten einzunorden: „Wir müssen dem Spiel das richtige Gesicht geben.“ Fand auch Flügelstürmer Florian Kainz: „Die Freude über den Punkt ist da. Wir haben ein gutes Spiel gemacht und können zufrieden sein. Der Ausgleich war verdient. Sie hatten genügend Chancen.“ Der Österreicher hatte mit einer Ecke, die Jeff Chabot per Kopf auf den zum langen Pfosten geschlichenen Skhiri verlängerte, das 1:0 eingeleitet.

Die Kölner erwischten die Münchner in der ersten Viertelstunde in ihrer Selbstherrlichkeit und attackierten den Rekordmeister entschlossen und tief in seiner Hälfte. So wie es Baumgart vorgibt und gerne mag. „Das ist die Fortsetzung der vergangenen Saison. Wir verstecken uns nicht mehr vor Mannschaften wie Bayern oder Dortmund und spielen unseren Fußball“, verdeutlichte Rechtsverteidiger Benno Schmitz das gestiegene Selbstbewusstsein der Kölner.

Es wäre sogar noch mehr dringewesen

Mit etwas mehr Abgeklärtheit und Konsequenz hätte der FC zur Pause auch 2:0 vorne liegen können. Was verdient gewesen wäre: „Wir hatten die ein oder andere Situation, die wir besser hätten ausspielen können. Daran müssen wir ansetzen, dass wir gegen solche Mannschaften sogar höher in Führung gehen können“, nutzte Kapitän Jonas Hector die Gelegenheit, um gleich den nächsten Entwicklungsschritt zu fordern.

Nachdem beide Teams in der Pause doppelt gewechselt hatten und Baumgart mit der Hereinnahme von Eric Martel für Mathias Olesen auf Doppelsechs umstellte, spielten nur noch die Bayern. „15:0-Torschüsse und gefühlt 80 Prozent Ballbesitz“, fasste Baumgart die erdrückende Dominanz der Bayern durchaus beeindruckt zusammen.

Sein Team bewies nun aber, dass es auch verteidigen kann, wenn es sein muss. Weil die Bayern einen brutalen Druck aufbauten und jeden zweiten Ball eroberten, verbarrikadierten die lauffreudigen Kölner den eigenen Strafraum, doppelten die Münchner, warfen sich leidenschaftlich in jeden Schuss und konnten sich auf einen überragenden Marvin Schwäbe verlassen: „Wir haben ein richtig geiles Spiel gezeigt und über 90 Minuten gefightet“, jubelte der FC-Torwart, der bis auf Kimmich alle Bayern mit seinen Paraden zur Verzweiflung brachte.

Großen Anteil an der lange erfolgreichen Abwehrschlacht hatten auch Nikola Soldo und Jeff Chabot. Das durch die Ausfälle von Timo Hübers und Luca Kilian erstmals in einem Pflichtspiel gemeinsam auf dem Platz stehende Innenverteidiger-Duo agierte nahezu fehlerlos und bestach durch perfektes Zweikampf-Timing. „Sie sind ein eingespieltes Team, weil sie das so zusammen trainieren. Sie haben es sehr gut gemacht und es war ja nicht irgendein Spiel“, lobte Baumgart.

Baumgart macht Chabot Mut auf einen Verbleib

Für den lange verletzten Chabot war es der zweite starke Auftritt nach der Winterpause in Folge: „Wenn er so spielt, machen wir uns Gedanken darüber, dass er hierbleibt. Das ist klar“, machte Baumgart dem 24-Jährigen Mut auf einen Verbleib Chabot ist bis Saisonende von Sampdoria Genua (dort Vertrag bis 2024) ausgeliehen. Die im Vertrag verankerte Kaufoption müssen die Kölner nicht ziehen, weil der Innenverteidiger nicht auf die dafür nötige Anzahl an Einsätzen kommen wird. Vielleicht senkt das Chabots Ablöse.

Obwohl er Verfechter einer offensiven Spielweise ist, fand Baumgart Gefallen an der Defensivleistung seiner Mannschaft, die nicht nur das Punktekonto aufstockte, sondern auch das eigene Torverhältnis schützte. „Für uns spricht, dass wir alles wegverteidigt haben, was verteidigt werden konnte. Wir hatten zudem das nötige Glück“, sagte der 51-Jährige.

FC schließt Hinrunde mit 21 Punkten ab

Der erste Punktgewinn in der Allianz-Arena seit Oktober 2016 polierte die Bilanz des FC zum Abschluss der Hinrunde auf 21 Zähler auf. „Wir haben eine gute Hinrunde gespielt. Wir wollen so schnell wie möglich die 40 Punkte voll haben und liegen damit nach der Hälfte der Spiele über dem Soll“, resümierte Baumgart. Die Leistungen gegen Bremen und in München kamen für ihn übrigens nicht: „Viel besser als die Punktzahl ist, dass die Jungs wieder die Leistung bringen können, die wir erwarten.“ Dass es so kommen würde, hatte er ja   nicht nur einmal angekündigt.

Am Sonntag geht es zum Rückrundenauftakt zu Schlusslicht FC Schalke 04. Kein Selbstläufer, denn für die Gelsenkirchener ist es nach dem 1:6 gegen Leipzig fast die letzte Chance, den Anschluss an die Nichtabstiegsplätze herzustellen. „7:1 gegen Bremen und ein Remis gegen Bayern ist auch etwas sehr Großes. Die Woche war bisher sehr erfolgreich. Es soll   gegen Schalke so weitergehen“, forderte FC-Profi Dejan Ljubicic.

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