1. FC Köln verliert 1:4 in HeidenheimGeißböcke steigen nach desolater Vorstellung ab

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18.05.2024, Fussball 1. Bundesliga 2023/2024, 34.Spieltag, 1.FC Heidenheim - 1.FC Köln, in der Voith-Arena Heidenheim. Steffen Tigges Köln schlägt die Hände vors Gesicht.

Steffen Tigges Köln schlägt die Hände vors Gesicht.

Der 1. FC Köln hat 1:4 beim FC Heidenheim verloren und ist zum siebten Mal in seiner Vereinsgeschichte in die 2. Bundesliga abgestiegen.

Das Wunder für den 1. FC Köln ist nicht nur ausgeblieben, es war unerreichbar. Die Geißböcke leisteten am letzten Spieltag der Bundesliga-Saison 2023/24 einen Offenbarungseid ab und gingen bei Aufsteiger 1. FC Heidenheim auch in der Höhe verdient mit 1:4 (0:3) unter. Das Schicksal der Mannschaft von Trainer Timo Schultz war nach einem bodenlosen Auftritt und drei Gegentreffern schon zur Pause besiegelt. Der FC ist damit zum siebten Mal in seiner Clubgeschichte in die Zweite Bundesliga abgestiegen.

„Ich habe keine Erklärung. Die erste Halbzeit war, ich habe da keine Worte für. Wir haben keinen einzigen Zweikampf gewonnen und erst gar nicht geführt. Jetzt stehen wir hier und sind verdient abgestiegen. So ist es“, sagte FC-Spielmacher Mark Uth tief enttäuscht. Torwart Marvin Schwäbe ging es nicht anders: „Wir haben uns die ganze Woche viel vorgenommen und uns heute Morgen noch einmal eingeschworen. Ich will nicht ausfallend werden, aber die erste Halbzeit war nichts. Da haben wir uns alles kaputtgemacht. Die Stadt, der Verein, die Fans haben eine solche Leistung mit am Ende 27 Punkten nicht verdient. “

Timo Schultz nahm im Vergleich zum dramatischen 3:2-Heimsieg gegen Union Berlin vor einer Woche fünf Änderungen in seiner Startelf vor. Jan Thielmann, Dominique Heintz, Dejan Ljubicic und Linton Maina ersetzten notgedrungen Benno Schmitz, Denis Huseinbasic (beide gesperrt), Max Finkgräfe und Luca Waldschmidt (beide angeschlagen). Außerdem stürmte Steffen Tigges von Beginn an für Sargis Adamyan. Mark Uth und Union-Siegtorschütze Damion Downs blieben zunächst draußen.

Abstieg für den 1. FC Köln

Die Heidenheimer hatten im Vorfeld ihres letzten Heimspiels der Bundesliga-Saison 2023/24 direkt an der Voith Arena ein großes Fanfest vorbereitet. Schließlich gab es etwas zu feiern, so viel stand schon vor dem Anpfiff von Schiedsrichter Tobias Welz fest. Der Aufsteiger aus dem 50.000-Seelen Städtchen an der Brenz war in die erste Liga gekommen, um zu bleiben und hatte dieses Ziel mit mittlerweile 39 Punkten lange vor dem 34. Spieltag souverän realisiert. Eine Sensation, angesichts der Möglichkeiten, über die ein solch kleiner Club verfügt.

Die Kölner benötigten an diesem 18. Mai 2024 viel mehr als eine solche Sensation, auch wenn ein Sieg des FC in Heidenheim grundsätzlich nicht als solche bezeichnet werden kann. In dieser Saison wahrscheinlich aber schon. Vor allem, wenn eine Mannschaft dermaßen abwartend, blockiert und zaghaft in ein solch wichtiges Spiel geht wie die Geißböcke.

Das Schultz-Team bekam vom Anpfiff weg überhaupt keinen Zugriff, hatte so gut wie keinen Ballbesitz und war den bissigen Hausherren in den Zweikämpfen klar unterlegen. Ein Kopfball von Torjäger Tim Kleindienst (12.) und ein erster Versuch von Eren Dinkci (13.) kündigten das Unheil an.

Als Linksaußen Linton Maina tief in der generischen Hälfte einen Zweikampf verweigerte, brach es über den FC herein. Heidenheim kam über links mit ins Tempo, Niklas Beste ließ Thielmann und Timo Hübers stehen und legte auf Dinkci. Dessen harmlosen Schuss fälschte Jeff Chabot unglücklich und unhaltbar mit der Brust zum 0:1 ab (16.).

Der Gegentreffer lähmte die Kölner vollends. Faride Alidou versemmelte im Mittelfeld seinen ersten Kontakt und leitete so das 0:2 ein. Kleindienst passte schnell auf Dinkci, der Hübers und den nicht fit wirkenden Chabot wie Kreisliga-Spieler aussehen ließ und mit links den Doppelpack schnürte (22.).

Es war furchtbar und kam noch schlimmer. Erst übten Thielmann und Eric Martel am eigenen Strafraum keinen Druck auf ihre Gegenspieler aus, dann legte Heintz für Kevin Sessa auf. Zu guter Letzt vernaschte Sessa mit Leichtigkeit und Vergnügen FC-Kapitän Florian Kainz und ließ Marvin Schwäbe im Tor aus 16 Metern keine Chance (36.). Die Gäste hatten es sich redlich verdient, dass die Heidenheimer ihnen das ureigenste FC-Europapokal-Lied „Eines Tages, eines Tages wird’s geschehen“ vorsangen.

Der FC gab durch den völlig neben sich stehenden Thielmann in der ersten Halbzeit genau einen Torschuss ab (40.) und musste zur Pause noch höher zurückliegen. Dinkci, Kleindienst und Sessa ließen bei einer Dreifach-Chance das 4:0 aber liegen (42.). „Ich habe keine Worte für die erste Halbzeit. Gefühlt hatten alle Spieler Bleiwesten an. Wir waren sehr zuversichtlich die Woche über und hatten eine gute Spielvorbereitung. Mit dem Anpfiff war davon nichts mehr zu sehen. Wenn du da so auftrittst und den Gegner zum Toreschießen einlädst, sieht es dann so aus, wie es ausgesehen hat“, erklärte FC-Sportchef Christian Keller konsterniert.

Eine schwache Leistung für den 1. FC Köln

Die Kölner Leistung in den ersten 45 Minuten war für diesen stolzen Club eine Frechheit und Schande. Der konsternierte Timo Schultz hätte bis auf Ljubicic, Schwäbe und Abstrichen Tigges zur Halbzeit oder schon früher alle Spieler auswechseln können. Zur zweiten Hälfte kamen zunächst Uth und Downs. Es ging vor allem darum, dieses Spiel wenigstens mit etwas Anstand zu Ende zu bringen.

Danach sah es zunächst nicht aus. Heidenheim bestimmte weiter das Geschehen, ließ zum Glück für den FC aber die letzte Konsequenz vermissen. Nachdem Schultz noch Rasmus Carstensen und Leart Pacarada für Thielmann und Heintz eingewechselt hatte, gab die Kölner ein fußballerisches Lebenszeichen ab. Ljubicic schickte Carstensen auf rechts zum Flanken und Tigges nickte die Hereingabe des Dänen tatsächlich zum 1:3 über die Linie (64.). Das Fünkchen Hoffnung, das dieser Treffer entfachte, erlosch kurze Zeit später schon wieder, als Union Berlin gegen Freiburg in Führung ging.

Zuvor hatte Uth das 2:3 vergeben (69.), was dem engagiert aufspielendem Joker sechs Minuten später noch einmal passierte (75.). Es war natürlich alles längst zu spät. Auch, weil die Heidenheimer durch den Freiburger Rückstand auf Platz acht vorgerückt waren und beflügelt von diesem Zwischenstand durch Beste zum 4:1 kamen (78.). Sollte Bayer Leverkusen am 25. Mai den DFB-Pokal gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern erwartungsgemäß gewinnen, steht der Tabellenächste in den Playoffs der Conference League.

Dort war der 1. FC Köln vor zwei Jahren auch noch.  Seit dem 18. Mai 2024 und einer desolaten Leistung, die die gesamte Spielzeit widerspiegelte, ist er wieder Zweitligist und muss sich auf schwere Zeiten einstellen. Für die Heidenheimer reichte es am Ende tatsächlich zu Platz acht, weil Union 2:1 gegen Freiburg gewann und den VfL Bochum in die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf schickte. Das Ziel, das die Kölner an diesem Samstag um Längen und absolut zu Recht verpasst hatten.

„Wir sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen. Zur Halbzeit war die Messe für uns schon gelesen. Ich bin sehr enttäuscht über die Leistung und auch sauer. Die Mannschaft hat das Herz aber am rechten Fleck. Am Willen hat es nicht gelegen“, sagte Timo Schultz. Über die Zukunft des FC-Trainers entscheidet die Geschäftsführung nach einer eingehenden Analyse in den nächsten Tagen.

Die rund 2000 mitgereisten, tief enttäuschten FC-Fans mussten nach dem Schlusspfiff zwar von Sicherheitsleuten abgeschirmt werden und verabschiedeten ihre Mannschaft mit einem Pfeifkonzert, insgesamt blieb es für Kölner Verhältnisse aber sehr ruhig.


Statistik zum Spiel:

Heidenheim: Müller; Traoré, Mainka, Gimber, Föhrenbach; Schöppner (87. Thomalla), Maloney; Dinkci (78. Theuerkauff), Sessa (66. Pick), Beste (7. Pieringer); Kleindienst. – Köln: Schwäbe; Thielmann (54. Carstensen), Hübers, Chabot, Heintz (62. Pacarada); Ljubicic, Martel (76. Dietz); Alidou (46. Downs), Kainz (46. Uth), Maina; Tigges. – SR.: Welz (Wiesbaden). – Zuschauer: 15.000 (ausverkauft). – Tore: 1:0 Dinkci (16.), 2:0 Dinkci (22.), 3:0 Sessa (36.), 3:1 Tigges (64.), 4:1 Beste (78.). – Gelbe Karten: Kainz, Hübers, Maina.