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Dejan Ljubicic soll Skhiri-Erbe antreten„Ich werde meinen Weg gehen“

Lesezeit 7 Minuten

Mittelfeld-Allrounder Dejan Ljubicic hat sich in den vergangenen beiden Jahren zu einer tragenden Säule des 1. FC Köln entwickelt.

Dejan Ljubicic kommt beim 1. FC Köln künftig eine noch größere Bedeutung zu. Die Allzweckwaffe der Geißböcke soll die Nachfolge von Ellyes Skhiri antreten. Im Interview spricht der österreichische Nationalspieler über diese Herausforderung.

Herr Ljubicic, wie haben Sie Ihre ersten beiden Jahre beim 1. FC Köln erlebt?

Es waren zwei sehr schöne Jahre. Die erste Saison mit 52 Punkten und der Qualifikation für die Conference League war überragend. Mit dem frühzeitigen Klassenerhalt trotz der Doppelbelastung durch Europa war die vergangene Saison ebenfalls eine richtig gute.

Wie haben Sie den FC als Club kennengelernt?

Der 1. FC Köln ist ein großer Club. Als ich hier unterschrieben habe, hätte ich diese Wucht so nicht erwartet. Bei meinem vorherigen Club Rapid Wien ist es ähnlich. Aber in Köln ist alles noch mal zwei, drei Nummern größer.

Welche Unterschiede zwischen Köln und Ihrer Geburtsstadt Wien haben Sie festgestellt?

Die Kölner habe ich als sehr freundliche, offene Menschen kennengelernt. Der Wiener ist vergleichsweise verschlossener. Als Stadt steht für mich dagegen Wien an erster Stelle – wenn ich das hier so sagen darf (schmunzelt). Dennoch fühlt sich meine Familie auch in Köln sehr wohl. Es ist die Stadt, in der mein Sohn zur Welt gekommen ist.

Mir ist in Köln eine Weiterentwicklung gelungen. Ich habe sehr viel dazugelernt. Steffen Baumgart und sein Team haben mir sehr viel beigebracht.
Dejan Ljubicic

Sie haben sich beim FC zügig zu einem prägenden Spieler entwickelt. Hat es Sie selbst erstaunt, wie gut es gelaufen ist?

Das war in dieser Form schon überraschend. Mir ist in Köln eine Weiterentwicklung gelungen. Ich habe sehr viel dazugelernt. Steffen Baumgart und sein Team haben mir sehr viel beigebracht.

Was war für Sie die größte Umstellung?

Das Tempo in Deutschland ist deutlich höher als in Österreich. Es war mein Ziel, diesen Schritt zu schaffen. In Österreich habe ich früher immer die deutsche Bundesliga verfolgt.

Was ragt aus Ihrer bisherigen FC-Zeit heraus?

Es gab viele schöne Momente. Wenn ich einen Höhepunkt herauspicken müsste, dann die beiden Derbysiege im ersten Jahr gegen Gladbach. Die waren richtig schön.

War Ihre Knieverletzung beim Derby in Mönchengladbach im Oktober 2022 ein einschneidendes Erlebnis?

Es war die schwerste Verletzung, die ich bislang hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich sehr guten Fußball gespielt. Danach habe ich eine Zeit lang gebraucht, um wieder zurückzukommen. Das hatte ich mir anders vorgestellt.

Inwiefern?

Mir war nicht klar, dass ich nicht einfach zurückkomme und direkt wieder das gleiche Niveau erreiche wie vorher. So leicht war das nicht. Ich musste mich in Geduld üben. Das war nicht einfach für mich.

Beide Spieler waren unheimlich wichtig für uns. Jonas (Hector) war der beste Linksverteidiger der Bundesliga und Wortführer in der Kabine. Ellyes (Skhiri) hat weniger gesprochen, aber immer geliefert.
Dejan Ljubicic

Die kommende Saison steht im Zeichen des Umbruchs, nachdem Kapitän Jonas Hector und Ellyes Skhiri nicht mehr dabei sind. Wie bewerten Sie beide Abgänge?

Beide Spieler waren unheimlich wichtig für uns. Jonas war der beste Linksverteidiger der Bundesliga und Wortführer in der Kabine. Ellyes hat weniger gesprochen, aber immer geliefert. Er war der beste Sechser der Liga. Solche Spieler wünscht sich jeder Trainer.

Wie kann es dennoch gelingen, die Verluste bestmöglich aufzufangen?

Wir müssen weitermachen. Der eine kommt, der andere geht. So ist das Geschäft, und so wird es in diesem Geschäft immer sein. Wir haben sehr gute Jungs dazugewonnen. Wir werden weiter Vollgasfußball spielen und die Spieler weiterentwickeln.

Haben Sie bereits einen Unterschied feststellen können?

So wie ich das in den ersten Vorbereitungswochen gespürt habe, passt es weiterhin gut in unserer Kabine. Auch ohne die Zwei. Da mache ich mir keine Sorgen.

Florian Kainz gilt als Favorit auf das Kapitänsamt. Wäre Ihr Landsmann die richtige Wahl?

Kainzi kann ich mir gut als Kapitän vorstellen. Er ist jemand, der sehr viel mit den Spielern spricht und auch einen guten Kontakt zum Trainer hat.

Haben Sie selbst auch Ambitionen auf die Binde?

Ich war in meiner Zeit bei Rapid Kapitän. Rückblickend muss ich jedoch sagen, dass das nicht so meine Sache ist. Daher kommt das für mich nicht infrage.

Nun stellt sich die Frage, wer die Lücke schließen soll, die Ellyes Skhiri im defensiven Mittelfeld hinterlässt. Sind Sie der Auserwählte?

Es gab diesbezüglich Gespräche mit dem Trainer. Es kann also gut sein, dass es so kommen wird (schmunzelt).

In den Gesprächen mit dem FC war ein möglicher Abgang von Ellyes bereits damals Thema.
Dejan Ljubicic

Eine Rolle, die Ihnen schon bei Ihrem Wechsel 2021 zugedacht war?

In den Gesprächen mit dem FC war ein möglicher Abgang von Ellyes bereits damals Thema.

Doch dann wurden Sie zum Offensivspieler.

Ellyes und Salih (Özcan) haben es auf der Sechs überragend gemacht. Daher bin ich auf die rechte Außenbahn gerutscht. Das war kein Problem für mich.

Wie sind Ihre zahlreichen Scorerpunkte zu erklären?

Früher in der Jugend habe ich mal Stürmer gespielt. Es kann sein, dass das noch in meinem Blut ist. Vieles hat jedoch damit zu tun, dass ich mich hier weiterentwickelt habe.

Wie blicken Sie einer Rückbeorderung ins defensive Mittelfeld entgegen?

Es mag abgedroschen klingen, aber es ist wirklich so, wie ich es sage: Ich spiele dort, wo mich der Trainer aufstellt, und gebe auf allen Positionen mein Maximum, damit wir gewinnen. Die Mannschaft steht im Vordergrund. Wer die Tore erzielt und die Assists gibt – das zählt für mich nicht. Ich will meinen Teil dazu beitragen, der Mannschaft zu helfen. Das ist wichtig für mich – und nichts anderes.

Trauen Sie sich zu, die Skhiri-Nachfolge anzutreten?

Ellyes ist sein sehr guter Spieler. Und ich werde meinen Weg gehen.

Ihr Partner auf der Doppelsechs wäre wahrscheinlich Eric Martel. Wie bewerten Sie seine Entwicklung?

Eric kenne ich schon aus unserer Zeit in Österreich. Er hat sich enorm weiterentwickelt und super Leistungen gezeigt. Er ist ein richtig guter Junge, der jeden Tag sehr viel arbeitet. Das mit uns beiden könnte ich mir gut vorstellen (schmunzelt).

Ihr Vertrag in Köln läuft bis 2025. Wo kann es noch hingehen mit dem FC?

Hoffentlich wieder nach Europa. Alle, die diese Zeit miterlebt haben, wissen, wie schön sie war. Diese Stimmung – das war pure Gänsehaut-Atmosphäre. Und mit ein wenig Glück hätte die Reise nach der Gruppenphase nicht zu Ende sein müssen.

Durch Ihre starken Leistungen sollen Sie das Interesse anderer Clubs geweckt haben. Gab es mit dem FC schon Gespräche über eine vorzeitige Vertragsverlängerung?

Die gab es bislang noch nicht.

Mit einem Marktwert von zehn Millionen Euro sind Sie aktuell wertvollster Spieler des FC. Was bedeutet Ihnen diese Zahl?

Die Zahl kenne ich, aber sie bedeutet mir nichts. Für mich persönlich sind andere Dinge viel wichtiger.

Mein großer Wunsch ist es, mit Österreich bei der Europameisterschaft im kommenden Jahr dabei zu sein. Alles andere wird von allein kommen und sich zeigen.
Dejan Ljubicic

Sie sind kürzlich zum Kölner Spielerberater Dirk Hebel gewechselt und befinden sich mit 25 Jahren im besten Fußballer-Alter. Welche weiteren Ziele verfolgen Sie?

Mein großer Wunsch ist es, mit Österreich bei der Europameisterschaft im kommenden Jahr dabei zu sein. Alles andere wird von allein kommen und sich zeigen.

Mit zehn Punkten aus vier Spielen liegt Österreich in der Gruppe F klar auf EM-Kurs.

Unsere Chancen stehen gut. Ich bin positiv gestimmt, dass das klappen wird. Wir haben richtig gute Spieler. Auch für mich persönlich ist die Konkurrenz in der Nationalmannschaft sehr groß. Ich muss auf meine Chance lauern und sie ergreifen, wenn sie da ist. Überhaupt hat sich der österreichische Fußball enorm weiterentwickelt. Die Bundesliga in Österreich ist zu einem guten Sprungbrett geworden. Und mit Ralf Rangnick haben wir einen Nationaltrainer, der viele Anstöße zur Veränderung gibt.

Ist die Euro 2024 Ihr bislang größtes Karriereziel?

Es ist mein Traum, nächstes Jahr dabei zu sein. Dieser Traum verleiht mir zusätzlichen Rückenwind für die neue Saison. Ein paar EM-Spiele werden ja auch in Köln ausgetragen. Wenn wir eines davon mit Österreich erwischen würden – das wäre umso schöner.

Zur Person

14 Scorerpunkte (11 Tore/3 Vorlagen) in 65 Pflichtspielen: Dejan Ljubicic hat sich in seinen ersten beiden Spielzeiten bei Fußball-Bundesligist 1. FC Köln zu einer tragenden Säule entwickelt und als Allrounder überzeugt. Der 25-Jährige kann im Mittelfeld nahezu alle Positionen bekleiden. Aufgrund seiner Geschwindigkeit wird der gelernte defensive Mittelfeldspieler von Trainer Steffen Baumgart gerne auf der halbrechten Position eingesetzt.

Nach seiner im Oktober 2022 beim Derby in Mönchengladbach erlittenen Knieverletzung ist Dejan Ljubicic inzwischen wieder im Vollbesitz seiner Kräfte und gilt als Favorit für die Nachfolge des zu Eintracht Frankfurt abgewanderten Stammsechsers Ellyes Skhiri. Der Vertrag des achtmaligen österreichischen A-Nationalspielers hat noch bis 2025 Gültigkeit. Vor seinem ablösefreien Wechsel zum FC lief Ljubicic 131 Mal (8 Tore/10 Vorlagen) für den SK Rapid in seiner Geburtsstadt Wien auf. Ljubicic ist verheiratet und hat zwei Kinder. (tca)