Interview mit FC-Torwart Schwäbe„Für mich hat sich nichts verändert“

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Marvin Schwäbe (M.) geht als klare Nummer eins des 1. FC Köln in die Saison.

Marvin Schwäbe (M.) geht als klare Nummer eins des 1. FC Köln in die Saison.

Marvin Schwäbe ist und bleibt die Nummer eins im Tor des 1. FC Köln. Vor dem Pokalspiel in Osnabrück gab der 28-Jährige der Rundschau ein Interview.  

Marvin Schwäbe geht als unangefochtene Nummer eins des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln in die Saison 2023/24. Martin Sauerborn sprach mit dem 27-Jährigen über den Pokalgegner VfL Osnabrück, Tricks beim Elfmeterschießen, seinen Vertreter Philipp Pentke und die Nationalmannschaft.

Herr Schwäbe, am Montag tritt der 1. FC Köln mit Ihnen im Tor zum Pokalspiel beim VfL Osnabrück an. Sie haben in der Saison 2015/16 eine Saison beim VfL gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie noch an diese Zeit?

An diese Zeit habe ich nur positive Erinnerungen. Ich war zwar nur ein Jahr von Hoffenheim an den VfL ausgeliehen, aber wir hatten in der 3. Liga ein gutes Jahr. Und es gab schon einige interessante Spiele, auch im DFB-Pokal.

Sie meinen sicher die Erstrundenpartie gegen RB Leipzig?

Wir haben bis zur 71. Minute 1:0 geführt. Dann wurde die Partie abgebrochen, weil Schiedsrichter Martin Pedersen von Zuschauern mit einem Feuerzeug beworfen wurde und sich verletzt hat.

Es wird für uns ein vielleicht nicht so angenehmes Spiel.
Marvin Schwäbe, über das Pokalspiel in Osnabrück

Die Partie wurde dann mit 2:0 für RB gewertet, obwohl Leipzig ein Wiederholungsspiel angeboten hatte. Osnabrück ist für seine hitzige Atmosphäre im Stadion an der Bremer Brücke bekannt. Wie haben Sie die Stimmung bei Heimspielen erlebt?

Das ganze Stadion geht immer mit. Die Fans sind auch in Osnabrück sehr euphorisch und stehen komplett hinter ihrem Team. Es wird ein für uns vielleicht nicht so angenehmes, aber insgesamt sicher prickelndes Spiel.

Möglicherweise kommt es in Osnabrück für den FC wieder zu einem Elfmeterschießen, wie schon in den beiden vergangenen Jahren in Jena und Regensburg. In Jena waren Sie der Garant des Sieges. Bereiten Sie sich speziell auf die Elfmeterschützen des Gegners vor?

Nicht speziell, wir machen das im Torwartteam mit unserem Trainer Uwe Gospodarek vor jedem Spiel. Wir legen uns immer ein paar Schützen zurecht, von denen wir wissen, wo sie hin schießen könnten. Das machen wir auch vor Osnabrück so. Im besten Fall wird es am Montag gar nicht so weit kommen.

In den Elfmeterschützen hineinversetzen

Worauf kommt es für einen Torwart im Elfmeterschießen an?

Es geht vor allem darum, die Ruhe zu bewahren und sich entsprechend der Vorbereitung in den Schützen hineinzudenken. Das macht es dann möglich, am Ende als Torwart besser auszusehen als der Schütze.

Haben Sie einen Trick, um den Schützen irgendwie vor seinem Elfmeter zu beeinflussen?

Auf Basis unserer Analyse versuche ich zu erkennen, wohin er schießt. Das klappt bei manchen Gegenspielern, bei anderen allerdings auch weniger gut.

Vielleicht kann Ihnen Philipp Pentke noch ein paar Tipps geben. Die neue Nummer zwei hat mit seinen 38 Jahren ja schon eine Menge Erfahrung sammeln können. Wie läuft die Zusammenarbeit mit ihm?

Sehr angenehm. Er war zunächst nur da, um sich als Trainingsgast fitzuhalten. Wir hatten schnell eine gute Wellenlänge und haben uns gut verstanden. Philipp ist ein Torwart, der im Training alles gibt und gleichzeitig versucht, die anderen zu pushen. Das tut dem gesamten Torwartteam gut.

Philipp Pentke wurde als klare Nummer zwei ohne Herausforderer-Status wie Sie vor zwei Jahren verpflichtet. Fehlt Ihnen da nicht ein bisschen der Druck als unangefochtene Nummer eins?

Ich bin ganz ehrlich: Für mich hat sich in der Hinsicht nicht viel verändert. Ich will Leistung bringen und im Training immer Vollgas geben, um besser zu werden. Da spielt es für mich keine große Rolle, ob und wer mir Druck gibt.

Grundsätzlich gehören Fehler dazu, sonst würde es ja immer 0:0 ausgehen.
Marvin Schwäbe, FC-Torwart

Sie arbeiten jeden Tag hart. Woran vor allem?

Es gibt überall Stellschrauben, um noch eine Schippe drauflegen zu können. Gerade in der Athletik wollen wir immer noch einen Schritt nach vorne gehen. Im Prinzip ist es aber das komplette Paket als Torwart, das wir weiter verbessern wollen.

Fehler gehören zum Torwartspiel, wie auf jeder anderen Position. Oft passieren sie, wenn ein Torwart zwei Gedanken gleichzeitig im Kopf hat und den zweiten vor dem ersten Schritt macht. Kann man so etwas durch Training abstellen?

Das kann schon passieren (lacht). Das ist aber schwer zu trainieren, denn im Spiel ist es dann doch immer noch etwas anderes als im Training. Wir versuchen im Training die Abläufe einzuschleifen und dadurch solche Situationen zu vermeiden. Grundsätzlich gehören Fehler aber dazu, sonst würde es ja immer 0:0 ausgehen. Ich ärgere mich wie jeder andere über Fehler, versuche aber gleich wieder die nächste Situation vor Augen zu haben, um mich gedanklich nicht zu blockieren.

Sie haben Ihren Vertrag langfristig bis 2027 verlängert. Was steckt dahinter?

Beim FC und in Köln fühle ich mich wohl – und möchte lange bleiben. Meine Familie und ich wissen, was wir an der Stadt und am Verein haben. Und wir alle, die zuletzt länger beim FC unterschrieben haben, wollen hier etwas aufbauen. Der Kern soll zusammenbleiben, damit wir die nächsten Schritte auch gemeinsam als Team gehen können.

Wichtige Erfahrungen gesammelt

Wie sehen Sie die Entwicklung des FC in den vergangenen beiden Jahren?

Es ist eine sehr gute Entwicklung, auch wenn die letzte Saison von außen betrachtet sicher nicht so erfolgreich bewertet wurde wie das Jahr zuvor. Wir haben uns aber weiter entwickelt durch die Europapokalspiele und dadurch, dass wir trotz der insgesamt nicht ganz einfachen Umstände immer an unserem Weg festgehalten haben. Wir haben wichtige Erfahrungen gesammelt, die uns gerade am Ende der Bundesliga-Saison noch mal einen Schub gegeben haben. Darauf lässt sich weiter aufbauen. Wir haben uns punktuell verstärkt und haben eine gute Mannschaft beieinander.

Obwohl Jonas Hector, Ellyes Skhiri und Timo Horn nicht mehr da sind?

Wir arbeiten daran, das aufzufangen und sind dabei auf einem guten Weg. Eine neue Hierarchie entwickelt sich und ich finde, wir machen das richtig gut.

Mit Ihnen als Vize- und Florian Kainz als neuem Mannschaftskapitän. Ist Kainzi die richtige Wahl?

Es war die absolut logische Wahl und er hat sich das absolut verdient. Er ist mit seinen Leistungen immer vorneweg gegangen und ist der richtige Mann an der richtigen Stelle.

Das entscheiden letztlich andere.
Marvin Schwäbe zu seinen Nationalmannschaftschancen

Apropos richtiger Mann. Sie haben einen Anruf von DFB-Torwarttrainer Andreas Kronenberg erhalten. Wo waren Sie zu dem Zeitpunkt eigentlich?

Ich hatte Urlaub und war in Frankfurt. Der Anruf kam schon überraschend, denn ich kannte die Nummer ja nicht. Wir hatten dann ein gutes Gespräch, in dem er mir gesagt hat, dass ich eine gute Saison gespielt habe. Und wenn ich so weitermache, würde ich eventuell die Chance bekommen, mal bei der Nationalmannschaft dabei zu sein.

Rutscht in so einem Moment auch mal einem so ruhigen Typ wie Marvin Schwäbe das Herz in die Hose?

Definitiv, der Name Andreas Kronenberg ist mir ja ein Begriff.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, schon bald das Trikot mit dem Bundesadler zu tragen?

Das entscheiden letztlich andere. Aber ganz klar, ich würde mich aber natürlich sehr freuen.


2021 wechselte Marvin Schwäbe vom dänischen Meister Bröndby Kopenhagen als Herausforderer von Timo Horn zum 1. FC Köln. In seinem ersten Pflichtspiel sorgte der 28-Jährige im DFB-Pokalspiel in Jena im Elfmeterschießen für den Einzug der Geißböcke in die zweite Runde. Durch starke Trainingsleistungen und eine Verletzung von Horn wurde Schwäbe zur Nummer eins und feierte bei seiner Bundesliga-Premiere am 27. November 2021 einen 4:1-Derbysieg gegen Mönchengladbach. Horn bestritt danach nur noch zwei Pflichtspiele für den FC. Eines davon im DFB-Pokal, als die Elf von Trainer Steffen Baumgart in der ersten Runde der Saison 2022/23 im Elfmeterschießen an Jahn Regensburg scheiterte.

Für den diesjährigen Wettbewerb schloss Baumgart einen Wechsel aus: „Es war von vorneherein so besprochen, dass die Nummer eins auch im Pokal im Tor steht. Einen Wechsel hätte es auch nicht gegeben, wenn Timo geblieben wäre. Marvin spielt diese Saison alle Pflichtspiele, die er spielen kann.“ Horn (30) hatte den FC nach 21 Jahren im Club im Sommer verlassen. Die neue Nummer zwei heißt Philipp Pentke (38).

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