Alarmstimmung beim Vizemeister: Nach dem Offenbarungseid beim 3:3 in Bremen steht Trainer Erik ten Hag bei Bayer Leverkusen vor dem Aus.
Bayer 04 LeverkusenTrainer Erik ten Hag steht auf der Kippe

Abgang: Trainer Erik ten Hag verlässt nach dem 3:3 das Bremer Weserstadion.
Copyright: IMAGO/Team 2
Geschäftsführer Fernando Carro tigerte aufgekratzt durch die Katakomben des Weserstadions, Kapitän Robert Andrich haute verbal auf den Putz und der heftig in der Kritik stehende Trainer Erik ten Hag wirkte ratlos: Beim neu formierten Vizemeister Bayer Leverkusen hing nach dem dilettantischen Auftritt bei Werder Bremen der Haussegen schief. Der XXL-Umbruch im Kader hinterlässt Spuren, die Ten Hag nicht wegwischen kann – im Gegenteil.
„Jeder hat für sich gespielt, jeder ist für sich alleine auf dem Platz herumgelaufen“, maulte Andrich, der nach dem Einbruch in der Schlussphase beim 3:3 (2:1) kein Blatt vor den Mund nahm. „Wir haben zu viele Leute, die sich mit anderen Sachen oder nur mit sich selbst beschäftigen. Ich weiß nicht, ob ich das bei Bayer jemals erlebt habe.“
Die entlarvende Schlussphase, in der die Leverkusener gegen zehn Bremer einen Zwei-Tore-Vorsprung verspielten, war mehr als nur ein kleiner Ausrutscher einer nicht eingespielten Mannschaft. Sie sei ein „Sinnbild unserer aktuellen Situation“, sagte Andrich. Der Nationalspieler wollte die umfänglichen personellen Änderungen aber nicht für den Einbruch an der Weser gelten lassen: „Das hat nichts mit irgendwelchen Unruhen oder mit Spielerwechseln oder Prozessen zu tun.“
Alles zum Thema Fußball-Bundesliga
- Stimmen zum furiosen Saisonstart 1. FC Köln will „heute glücklich sein“, aber „auf dem Boden bleiben“
- Einzelkritik 1. FC Köln Bülter ragt aus furioser FC-Elf heraus - Gutes Debüt von van den Berg
- Tischtennis-Bundesliga TTC Schwalbe Bergneustadt sorgt für puren Wahnsinn zum Auftakt
- Einwurf Ex-FC-Scout Carlo Curcio tippt auf ein Remis des 1. FC Köln gegen Freiburg
- Tischtennis-Bundesliga TTC Schwalbe Bergneustadt bei den Zhendong-Festspielen
- 1. FC Köln vor Heimpremiere Kwasniok setzt auf Kampfgeist statt Trikot-Diskussion
- FC-Protest vor Heimspiel 1. FC Köln setzt alles auf die Gleueler Wiese
Das sind Sachen, die auch ein Zeichen für den Gegner sind.
Vielmehr müsse das vorhandene Personal zulegen — an spielerischer Qualität, aber auch in Sachen mannschaftlicher Geschlossenheit. Eine Szene, die symbolisch für den bedenklichen Zustand der Werkself stand, war der Zoff vor dem Elfmetertreffer zum zwischenzeitlichen 3:1. Der erst kurz zuvor eingewechselte Exequiel Palacios stritt mit Patrik Schick um die Ausführung, ehe Andrich genervt eine Entscheidung traf. „Das sind Sachen, die auch ein Zeichen für den Gegner sind“, kritisierte er: „Die führen 2:1 auswärts, die können das 3:1 machen, aber beschweren sich erstmal über einen Elfmeter“, versetzte sich Andrich in die Bremer Gedankenwelt: „Das sind Kleinigkeiten, die den Gegner aufbauen.“
Auch neben dem Platz liegt bei der Werkself einiges im Argen. Der neue Trainer Erik ten Hag und die zusammengewürfelte Mannschaft bilden keine Einheit. Das ließ Andrich bei seiner schonungslos ehrlichen Analyse durchblicken. Auf die Frage, ob die Probleme des Teams denn daher rührten, dass die Spieler nicht wüssten, was auf dem Platz von ihnen verlangt werde, oder ob es vielmehr an der Umsetzung scheitere, sprach Andrich vielsagend von einer „Mischung“. Der Trainer sei „der, der oben steht. Er muss natürlich von ganz oben am meisten Ruhe reinkriegen“, meinte der Kapitän.
Die Mannschaft hat in dieser Phase des Spiels nicht funktioniert.
Ten Hag selbst stellte fest, dass das Erlebte trotz einer durch Schicks Doppelpack (6./64.) sowie Malik Tillmanns 2:0 (35.) bis zum 3:1 verbesserten Leistung definitiv nicht der „Anspruch“ des Double-Gewinners von 2024 sei. „Die beiden Gegentoren am Ende dürfen im Profi-Fußball nicht passieren. Die Mannschaft hat in dieser Phase des Spiels nicht funktioniert“, urteilte der Niederländer.
Ob Ten Hag bei den nächsten Partien noch auf der Bank sitzt, ist mehr als fraglich. Rückendeckung von Carro und Sportchef Simon Rolfes gab es am Samstag jedenfalls keine. Man werde erstmal die Transferperiode beenden, ließ Rolfes wissen — mehr nicht. Bayer 04 und Ten Hag, das wirkt schon nach zwei Bundesliga-Spieltagen wie ein großer Irrtum. Wenn sich die Leverkusener Bosse den Fehler mit dem 55-Jährigen eingestehen, wird das Kapitel Ten Hag schnell beendet sein. Zumal der Zeitpunkt für eine schnelle Trennung passt. Die zweiwöchige Länderspielpause gibt Rolfes die Zeit für den nötigen Restart.
Ben Seghir und Fernandez werden bis zum Ende der Transferphase noch erwartet
Es bleibt auf jeden Fall unruhig in Leverkusen: Mit dem Marokkaner Eliesse Ben Seghir (20/AS Monaco) und dem argentinischen Sechser Ezequiel Fernandez (23/Al-Qadsisiya) werden bis Ende des Transferfensters am Montag um 18 Uhr zwei weitere, neue Spieler kommen und den umgewälzten Kader in Bewegung halten. Mehr als die halbe Mannschaft ist dann mit den Nationalteams unterwegs.
Robert Andrich gab deshalb gab eine einfache Marschroute für die Bundesliga-Heimspiele gegen Frankfurt (12, September) und Mönchengladbach (21. September) sowie den Start in der Champions League in Kopenhagen am 18. September vor: „Wir müssen einfach mal Ruhe in diesen ganzen Laden reinbekommen.“