Die SV Elversberg steht sensationell in der Relegation zur Fußball-Bundesliga. Vater des Erfolgs ist Trainer Horst Steffen.
Bundesliga-RelegationAuf dem Dorf gibt es keinen Druck

Elversbergs Trainer Horst Steffen jubelt nach dem 2:1-Sieg auf Schalke über das Erreichen der Relegation.
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Horst Steffen ist seit 22 Jahren Fußballtrainer, und der Mann vom Niederrhein hat einiges erlebt in dieser Zeit: Zum Einstieg in der heimatlichen Ecke zum Beispiel den Aufstieg mit dem SC Kapellen-Erft in die Verbandsliga. Es folgten Stationen als Nachwuchscoach in Duisburg und Mönchengladbach, gut zwei Jahre bei den Stuttgarter Kickers sowie zwei recht kurze Engagements in Münster (neun Monate) und Chemnitz (sechs Monate). Anschließend ging es aus der Nähe zur tschechischen quer durchs Land an die französische Grenze – für Steffen war es zugleich der Schlussstrich unter die berufsbedingte Wanderschaft.
Seit Oktober 2018 werkelt der gelernte Sozialversicherungsfachangestellte mit viel Geduld und großem Einfühlungsvermögen am sportlichen Geschick der SV Elversberg. In Kooperation mit Sportdirektor Nils-Ole Book, der bevorzugt junge, talentierte Spieler ausleiht, die sich bei größeren Klubs zuvor nicht durchsetzen konnten, glückte so 2022 der Aufstieg in die 3. Liga. Zwölf Monate später ging es für den Klub aus der 13.000-Seelen-Gemeinde Spiesen-Elversberg gleich noch mal eine Etage höher. Und nun, nachdem weitere 24 Monate vergangen sind, könnte „die Elv“ den ganz großen Coup landen.
Ich mache kein Drama mehr.
Am Donnerstag steigt in Heidenheim Teil eins der nervenaufreibenden Bundesliga-Relegation. Wobei Horst Steffen von Anspannung und Gewinnen-Müssen nichts wissen will. „Ich habe für mich vor einiger Zeit beschlossen, dass ich das ganze Theater mit dem Druck lasse. Ich mache kein Drama mehr“, sagt der Sohn des früheren deutschen Nationalspielers Bernhard Steffen (zwei Länderspiele) mit der Erfahrung aus 56 Lebensjahren, vier Stationen als Fußballprofi (davon zwei Mal Uerdingen) und den diversen Trainerstellen.
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Den kleinen Vorteil, als das unterklassige Team die finale zweite Partie gegen Heidenheim am nächsten Montag im eigenen, kompakten Stadion an der Kaiserlinde austragen zu dürfen, hat sich Elversberg mit attraktivem Angriffsfußball erstürmt. Steffens Spielidee basiert auf viel Ballbesitz, mit entsprechend intensivem Pressing und starker körperlicher Präsenz. 15 verschiedene Spieler haben in der abgelaufenen Saison für Elversberg getroffen, 64 erzielte Tore sind nach Aufsteiger Hamburg der zweitbeste Wert in der Zweiten Liga.
Horst Steffen gehört zu den Trainer-Kandidaten beim 1. FC Köln
Den Kollegen Frank Schmidt, in Heidenheim seit 18 Jahren am Ruder, kennt Steffen noch aus gemeinsamen Drittligazeiten. Im März 2014, erinnert der SVE-Coach an seine Zeit bei den Stuttgarter Kickers, habe ihm Schmidt nach einem 3:3 gegen dessen Heidenheimer bei der Pressekonferenz zur Seite gestanden. Die häufigen Torwartwechsel bei den Schwaben seien dort damals „ein kleiner Running Gag“ gewesen, erzählt Steffen. „Und Frank meinte dann, dass sie in Heidenheim an diesem Tag auch drei Tore kassiert hatten, obwohl sie nicht ständig wechselten.“
Die Konstanz auf dem Trainerposten, beim Team von der Ostalb wie beim Herausforderer aus der saarländischen Provinz, hat Heidenheims Vorstandschef Holger Sanwald als Parallele bereits ausgemacht. Auch das beschauliche Umfeld beider Klubs ist vergleichbar, ebenso wie der Mix aus forscher Underdoghaltung und Realitätssinn, den Schmidt und Steffen an den Tag legen.
Wenn man sich die jüngste Bilanz anschaut, werde ich jetzt nicht mit einer Chance von 50:50 kommen.
Das Bewusstsein, trotz des Schwungs aus einer erfolgreichen Saison nicht als Favorit in die Relegation zu gehen, klingt bei Steffen auf jeden Fall durch. Union Berlin war 2019 gegen Stuttgart schließlich der letzte Zweitligist, der sich in den Duellen mit den Bundesligisten durchsetzen konnte. „Wenn man sich die jüngste Bilanz anschaut, werde ich jetzt nicht mit einer Chance von 50:50 kommen“, sagt deshalb der Bank-Chef der Elversberger – der aber auch dem offensiven Part seiner Persönlichkeit gerne mal freien Lauf lässt.
So zum Beispiel im Herbst 2022 im Gespräch mit der „Kölnischen Rundschau“, als er, damals Coach eines frisch gebackenen Drittligaaufsteigers, auf die Frage, ob die Bundesliga auch als Trainer sein Ziel sei, antwortete: „Warum nicht? Ich finde, wenn die Herausforderungen steigen, steigt auch der Anspruch an einen selbst. Ich wäre sehr gespannt, wie ich das machen würde.“ Die Auflösung dieser Frage könnte es dann ab August geben – zumal Horst Steffen aktuell nicht nur die Chance auf den Sensationsaufstieg mit Elversberg hat, sondern auch als Trainerkandidat beim frisch ins Oberhaus zurückgekehrten 1. FC Köln gilt.