Die bestmögliche Niederlage1. FC Köln gibt sich vor dem Rückspiel in Kiel trotzig

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Hector (1)

Jonas Hector (1. FC Köln).

Köln – Wenn es darum ging, diese unangenehme Mischung aus Frust und Enttäuschung auf den Punkt zu bringen, war Jonas Hector ausnahmsweise mal der passende Ansprechpartner. Das Interview, das der Kapitän des 1. FC Köln nach der 0:1-Heimniederlage im Relegationsspiel am Mittwoch gegen Zweitligist Holstein Kiel bei DAZN geben musste, wird jedenfalls nicht nur seinen Platz in der Historie der Fußball-Bundesliga finden.

Es war in gleichem Maße eine schonungslose Bestandsaufnahme der Gemütslage, in die sich die Geißböcke vor dem Rückspiel am Samstag (18 Uhr/DAZN) in Kiel manövriert haben: Verzweifelt, wütend und fassungslos. „Immer diese scheiß Fragen. Das ist ihr Job dumme Fragen zu stellen, das machen sie gut“, blaffte Hector Reporter Sebastian Benesch an. Nach 63 Sekunden und der vierten „dummen“ Frage hatte der FC-Kapitän dann genug: „Also darauf habe ich jetzt wirklich gar keine Antwort.“ Es sei einmal dahin gestellt, ob Benesch bewusst war, dass das Frage Antwort-Spiel dem Bezahlsender beste Unterhaltung und unbezahlbare Publicity bescherte. Übrig blieb auf jeden Fall der Eindruck, dass Hector seinen Ärger über die unglückliche Niederlage zum Ausdruck brachte.

Angezogene Handbremse

Ein vollkommen berechtigter Ärger, denn das Team von Trainer Friedhelm Funkel ließ gerade einmal vier Tage ins Land ziehen, bis es nach dem verdient und willensstark erkämpften 1:0-Befreiungsschlag gegen Schalke 04 in seine Laster zurückfiel. Auf seiner Suche nach einem kontrollierten Weg in das Spiel zogen die Kölner ihre Handbremse so fest an, dass sie nie richtig in Bewegung kamen.

Fans in Kiel zugelassen

2350 Zuschauer werden am Samstag Zeuge des Relegation-Rückspiels im Stadion von Holstein Kiel. Am Donnerstag einigten sich der Zweitligist, die Stadt Kiel und das Land Schleswig-Holstein auf  ein entsprechendes  Modellprojekt. Die Zuschauer werden auf den Tribünen verteilt und müssen einen negativen Schnelltest vorweisen.  In ihrem letzten Zweitliga-Heimspiel gegen Darmstadt hatten die „Störche“ aus Fairnessgründen darauf verzichtet, Fans ins Stadion zu lassen. Sicherheitsgründe haben den Club nun veranlasst, von dieser Haltung abzuweichen. Gegen Darmstadt hatten sich 1500 Fans vor dem Stadion versammelt, zum Teil ohne die vorgeschriebenen Masken und ohne Abstand zu halten.  (sam)

Funkel hatte sich dafür entschieden den von seinem Knie geplagten Torjäger Sebastian Andersson für Samstag zu schonen und beorderte stattdessen Hector in die Spitze. Ein Schachzug, der beim 2:1 gegen RB Leipzig prächtig aufging, gegen den Zweitliga-Dritten aber wirkungslos blieb. Der Kapitän rieb sich regelrecht auf. „Gegen Leipzig hatten wir die Räume, gegen Kiel nicht“, beantwortete der FC-Coach die Frage nach den Gründen. Der improvisierten Offensivabteilung des FC fehlte die Durchschlagskraft, klare Chance bleiben Mangelware. Auch, weil die Standards der Kölner in Tornähe (allein acht Ecken in der ersten Hälfte) ein Fall für die Nachhilfe waren. „Wir haben Topschützen, aber die Ecken und Freistöße waren einfach schlecht geschlagen. Das passiert schon mal, das war heute so ein Tag“, nahm Friedhelm Funkel Ondrej Duda und Jonas Hector in Schutz.

Die Kieler mussten nicht an ihre Grenzen gehen, um die Null zu halten. Obwohl das Team von Ole Werner sein zehntes Spiel innerhalb von 33 Tagen bestritt, reichten Geschick, Glück und eine schwache Schiedsrichter-Leistung, um das Spiel zu gewinnen. Felix Zwayer hätte Aleksandar Ignjovski nach einer rüden Attacke gegen Duda kurz vor der Halbzeit Rot zeigen können. Zudem pfiff er einen regelkonformen Luft-Zweikampf von Hector gegen Holstein-Keeper Ioannis Gelios und damit den folgenden Treffer des FC-Kapitäns ab (31.). So reichte den Gästen ein Kopfballtor des kurz zuvor eingewechselten Simon Lorenz nach ihrer zweiten Ecke (59.), bei der die Kölner Abwehr in Person von Ellyes Skhiri, Marius Wolf, Ismail Jakobs und Hector nicht energisch und aufmerksam genug handelte.

Zur Halbzeit 0:1

Es war enorm wichtig, dass Janni Serra per Kopf nur die Latte traf (77.) und es so beim 0:1 blieb. Um es positiv auszudrücken, ist es die bestmögliche Niederlage für den FC, der wie schon so oft in dieser Saison gewinnen muss. Schon ein 1:0 würde für eine Verlängerung und ein eventuelles Elfmeterschießen reichen, jeder andere Sieg erhält aufgrund der Auswärtstor-Regel die Bundesliga. „Ich denke, jeder weiß, worum es am Samstag geht. Mehr braucht man nicht zu sagen“, motivierte Rechtsaußen Marius Wolf. Friedhelm Funkel hatte noch etwas hinzuzufügen: „Wir haben jetzt Halbzeit und da steht es 1:0 für Kiel. Es ist gar nichts entschieden, wir können das korrigieren. Wir werden in Kiel eine bessere Leistung zeigen müssen und wir haben die Qualität dafür.“

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