Ausschreitungen im Stadion1. FC Köln verliert das Derby gegen Bayer Leverkusen nach einer frühen Roten Karte

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Jan Thielmann (1. FC Köln) verlässt nach der roten Karte den Platz.

Jan Thielmann verlässt nach der roten Karte den Platz.

Im Derby gegen Bayer Leverkusen lief mal wieder vieles gegen den FC. Während und nach dem Spiel kam es zu Ausschreitungen.

Michael Trippel fasste die Dinge passend zusammen. „Der Fußballgott ist zurzeit nicht mit uns“, seufzte der Stadionsprecher, als er die Anhänger des 1. FC Köln am Sonntagabend auf den Heimweg verabschiedete. Trotz mehr als 75-minütiger Unterzahl nach einer Roten Karte gegen Jan Thielmann hatte der Bundesliga-Abstiegskandidat dem ungeschlagenen Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen einen leidenschaftlichen Kampf geboten. „Ich hätte das Spiel über 90 Minuten gerne Elf gegen Elf gesehen. Wir hatten unsere Chancen, die man nutzen muss, um gegen Leverkusen eine Chance zu haben“, haderte Sargis Adamyan, der bei der 0:2 (0:1)-Heimniederlage beim Stand von 0:1 am Pfosten gescheitert war.

Auch Timo Schultz trauerte der verpassten Chance auf eine Überraschung hinterher. „Das Spiel ist für uns maximal unglücklich gelaufen. Wir sind ganz gut reingekommen und hatten eine Riesenchance durch Dejan Ljubicic. Die Mannschaft hat sich auch zu zehnt bravourös gewehrt und immer wieder Nadelstiche gesetzt, die wir leider nicht nutzen konnten. Von der Disziplin und der Kompaktheit her war es ein sehr gutes Spiel von uns“, resümierte der Kölner Trainer.

Schultz wechselt seine Startelf auf vier Positionen

Schultz hatte probiert, den Primus personell zu überraschen. Der FC-Coach stellte eine Startelf zusammen, die sich gegenüber dem 1:1 beim VfB Stuttgart auf gleich vier Positionen unterschied. Die markanteste Entscheidung betraf die des Kapitäns. Florian Kainz zollte seiner anhaltenden Formschwäche Tribut und kam erstmals unter Schultz überhaupt nicht zum Einsatz. Im Gegenzug erhielt mit Sargis Adamyan ein anderes Sorgenkind die Chance, sich zum ersten Mal von Beginn an zu zeigen.

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Zudem setzte Schulz auf Tempo über die Flügel, wo Linton Maina auf der linken Seite Justin Diehl ersetzte und Faride Alidou über rechts angriff. Dafür ging Denis Husenbasics Serie nach acht Startelf-Nominierungen in Folge zu Ende. Keine Überraschung war dagegen, dass Timo Hübers nach auskuriertem Infekt in die Innenverteidigung zurückkehrte und Luca Kilian wieder verdrängte. Für den wochenlang am Fuß verletzten Stürmer Davie Selke hatte es nach nur einer Trainingswoche derweil noch nicht für einen Platz im Kader gereicht.

Doch nach nicht mal einer Viertelstunde konnte Timo Schultz seinen Plan weitgehend verwerfen. Grund war ein arg übermotiviertes Einsteigen von Jan Thielmann, der Granit Xhaka auf Höhe der Mittellinie ohne Aussicht auf den Ball auf die Achillessehne gestiegen war. Schiedsrichter Tobias Stieler, der es zunächst bei einer Ermahnung für Thielmann belassen wollte, zückte auf Intervention von Videoreferee Günter Perl die Rote Karte (14.). „Es war überhaupt keine Absicht. Trotzdem trifft Jan ihn deutlich über dem Knöchel. Man kann die Rote Karte geben“, bewertete Timo Schultz die wohl spielentscheidende Szene.

Herkulesaufgabe nach der frühen roten Karte

Von einem Moment auf den anderen war aus der großen Aufgabe eine Herkulesaufgabe für den Abstiegskandidaten geworden. Was auch deshalb bedauerlich war für die Hausherren, da sie die erste Viertelstunde offen gestalten konnten. Nachdem die Fanlager beider Vereine eine beeindruckende Choreografie präsentiert hatten, gab der Spitzenreiter in der vierten Minute eine seiner an diesem Tag recht wenigen Kostproben ab. Patrik Schick legte den Ball für Jonas Hofmann ab, dessen Flachschuss von der Strafraumgrenze am rechten Pfosten vorbeisauste. Auf der Gegenseite initiierten die Kölner einen starken Angriff über die linke Seite. Linton Maina flankte an den zweiten Pfosten, wo Dejan Ljubicic das Gehäuse per Kopf verfehlte (11.).

Thielmanns folgender Platzverweis bildete den Auftakt für eine von mehreren harten körperlichen Attacken geprägte erste Halbzeit, die Ljubicic mit einer Gelben Karte wegen Meckerns (17.) und Jeremie Frimpong mit einem Tritt gegen das Schienbein von FC-Abwehrchef Jeff Chabot (23.) weiter anheizten. Für beide Akteure war es die fünfte Verwarnung. Sie fehlen damit nächste Woche gesperrt. Auch dem nächsten Aufreger lag ein Foul zugrunde. Diesmal holte Eric Martel den früheren Kölner Jugendspieler Florian Wirtz von hinten rüde von den Beiden und hatte Glück, dass es Stieler bei Gelb beließ. Den anschließenden Freistoß setzte Alejandro Grimaldo auf das Tornetz (32.).

Als wieder Fußball gespielt wurde, fanden sich die nur noch neun Kölner Feldspieler tief in der eigenen Hälfte wieder. Die Werkself sorgte für Belagerungszustände rund um den Strafraum der Hausherren und schraubte ihren Ballbesitz bis zum Seitenwechsel auf schwindelerregende 78 Prozent in die Höhe. Es kam, wie es kommen musste. Einen Wirtz-Abschluss aus spitzem Winkel konnte FC-Torwart Marvin Schwäbe noch parieren (37.), doch eine Minute später war es passiert. Grimaldo flankte von der linken Seite an den Fünfmeterraum, wo Schick gegen beide Kölner Innenverteidiger die Oberhand behielt und zu Frimpong weiterleitete, der zum 0:1 vollstreckte.

FC mit großem Kampf und viel Pech

Wer von den 50.000 Zuschauern darin den Anfang vom Ende für den FC vermutete, sah sich getäuscht. Trotz Überzahl erwies sich Bayer defensiv als verwundbar und gestattete den mutigen Kölnern Nadelstiche, die sie kurz vor und kurz nach dem Seitenwechsel beinahe zum Ausgleich genutzt hätten. In der Nachspielzeit des ersten Durchgangs setzte Faride Alidou einen Kopfball nach Flanke von Rasmus Carstensen neben das Gehäuse. Sechs Minuten nach Wiederbeginn war es noch knapper. Diesmal bediente Carstensen von der Grundlinie den emsigen Adamyan, der eigentlich alles richtig machte, gegen die Laufrichtung von Bayer-Keeper Lukas Hradecky abschloss, aber nur den rechten Pfosten traf. „Es ist bitter, dass der Ball genau gegen den Innenpfosten und dann raus geht“, ärgerte sich der Armenier über das Kölner Pech.

Es lief mal wieder alles gegen den FC. Dazu passte, dass Justin Diehls Arbeitstag nur vier Minuten nach seiner Einwechselung mit Verdacht auf Muskelverletzung schon wieder beendet war (69.). Und auch, dass der glanzlose, aber hoch effektiv auftretende Spitzenreiter mit seiner ersten Torchance in der zweiten Halbzeit die Entscheidung herbeiführte. Grimaldo tunnelte Schwäbe aus spitzem Winkel, Chabot hatte noch abgefälscht (73.).

„Es war nicht das typische An-die-Wand-Spielen. Gemessen am Spielverlauf haben wir das Beste draus gemacht“, schöpfte Timo Hübers Hoffnung aus dem tapferen Auftritt des weiterhin auf Rang 16 platzierten FC. Das sah auch die Südkurve so, die das Kölner Team vor dem zweiten Derby in Folge am kommenden Samstag in Mönchengladbach mit Applaus aufrichtete.

Zwei Polizisten bei Fan-Ausschreitungen verletzt

Abseits des Sportlichen ist es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen gekommen. Wie die Kölner Polizei am Sonntagabend mitteilte, wurden bei Angriffen auf Einsatzkräfte auch zwei Polizisten leicht verletzt.

Zuvor wurde ein Ordner im Stadion, der sich zwischen FC- und Leverkusen-Anhänger stellte, niedergeschlagen. Der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes erlitt so schwere Verletzungen am Kopf, dass er bewusstlos wurde und ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Nach der Partie sind nach Darstellung der Polizei mehrere Gewalttäter aufeinander losgegangen. Als die Polizei einschritt, warfen die Personen laut Polizei Pyrotechnik, Fahrräder, Äste und Steine auf die Einsatzkräfte. Die Polizei ermittelt gegen mindestens zehn Personen wegen schweren Landfriedensbruch, zwei dieser Personen sind in Gewahrsam.

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