Handball-Champions-LeagueFinal Four steigt in Köln – warum ohne deutsche Beteiligung?

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Lanxess-Arena in Köln

Die Lanxess-Arena in Köln

  • Zum dritten Mal in Folge findet das Final Four der Handball-Champions-League in Köln ohne deutschen Club statt. Als letztes deutsches Team hat Flensburg 2014 den Titel geholt.
  • Wird die Handball-Bundesliga (HBL) ihrem Ruf als „stärkste Liga“ der Welt nicht mehr gerecht?
  • Martin Sauerborn sprach mit HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann über die Gründe für das schwache Abschneiden.

Herr Bohmann, es kann kein Zufall sein, dass bei der zehnten Auflage des Final Four zum dritten Mal in Folge kein deutscher Vertreter dabei ist?

Das ist absolut kein Zufall. Der Clubhandball wurde über Jahrzehnte hinweg von Spanien und Deutschland dominiert. Für den Handball an sich ist die breitere Spitze gut, für die HBL ist es aber nicht schön. Zumal wir vor dieser Saison ausgegeben haben, dass wir gerne wieder dabei wären. Unsere Clubs sind diesmal auch nicht so knapp ausgeschieden wie Flensburg und Kiel in den Jahren davor. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, wieder dabei zu sein.

Wo liegen die Gründe für diese Entwicklung?

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An den finanziellen Mitteln. Geld wirft Tore. Sechs, sieben Clubs in Europa haben extrem aufgerüstet. Paris etwa, die überraschend ausgeschieden sind, haben einen Etat von mehr als 20 Millionen Euro. Zum Vergleich: Flensburg liegt bei unter zehn Millionen. Das ist keine Waffengleichheit.

Und woran liegt es noch?

Die Kader unserer Spitzenclubs sind so gut, wie die der Final-Four-Teilnehmer 2019. Diese vier Teams werden aber in ihren nationalen Ligen nicht wirklich gefordert. Franzosen und Deutsche werden in ihren Ligen mehr gefordert und wenn in der Champions League die wichtigen Spiele anstehen, geht es auch in den nationalen Ligen um die Wurst. Deshalb können unsere Clubs nicht so fokussiert sein wie Kielce oder Skopje, die sich sehr auf die Champions League konzentrieren können.

Wie sieht es mit der Belastung aus?

Wenn die Spiele innerhalb von zwei Tagen stattfinden, ist sie sicher höher. Es gibt noch keine festen Anwurfzeiten in der Champions League, erst ab 2020/21. Also legen die Gegner unserer Teams ihre Heimspiele gerne auf den Samstag, weil sie wissen, dass unsere Clubs donnerstags zuvor noch in der Bundesliga antreten müssen. Das erhöht die Chance unserer Gegner, zumal Reisen nach Veszprem oder Skopje durchaus etwas komplizierter sind.

Wie finanzieren sich Clubs wie Kielce oder Skopje?

Durch klassisches Mäzenatentum, und darin liegt eine Gefahr. Skopje etwa wird es so nächstes Jahr nicht mehr geben, weil sich der russische Mäzen zurückzieht. Die Spieler werden kolportiert seit Monaten nicht mehr bezahlt. Und Kielces Trainer Talant Dushebajew verzichtet auf ein Drittel seines Gehalts und hat seine Spieler dazu aufgefordert, es ihm gleichzutun, weil der Mäzen nicht mehr so viel bezahlen kann. Die Abhängigkeit von einem Geldgeber ist auch Kehrseite des Erfolgs. Mäzenatentum alimentiert den Handball nur. Dieser Weg kommt für uns nicht in Frage.

Welchen Weg geht die HBL?

Unsere Clubs verdienen ihr Geld im Handball, das ist der nachhaltige Weg. Wenn einer wirtschaftlich und sportlich besser aufgestellt ist, wie Paris oder Barcelona, dann müssen wir dies hinnehmen.

Hat es Konsequenzen für die HBL, dauerhaft nicht im Kölner Final Four dabei zu sein?

Das Turnier ist über den Sport hinaus eine erstklassige Veranstaltung. Es geht um den wichtigsten Clubtitel der Welt. Da wollen unsere Clubs und ihre Fans unbedingt dabei sein. Wenn uns aber Sponsoren fragen, ob wir noch die stärkste Liga der Welt sind, können wir nach wie vor mit Ja antworten. In der Qualität der sportlichen Breite, bei den Zuschauerzahlen und der wirtschaftlichen Stärke ist die HBL mit weitem Abstand führend. Wir müssen nur aufpassen, dass wir in der EHF-Rangliste wegen der zu vergebenden Startplätze oben bleiben. Im Moment sind wir hinter Frankreich Zweiter und stellen nächste Saison sechs Teilnehmer für die europäischen Clubwettbewerbe.

Wo kann sich die HBL verbessern?

Ein kalkulierbarer Spielplan wird uns schon extrem helfen. Und es muss uns gelingen, wieder mehr Topspieler in die HBL zu holen. Dazu muss mehr Geld verdient werden.

Und sportlich?

Die Final-Four-Teilnehmer haben alle spanische Trainer, im Viertelfinale waren von acht Trainern sechs Spanier. Offenbar besitzen die Spanier mehr Qualität. Wir müssen schon im Jugendbereich unsere Trainer besser ausbilden. Das ist aber auch eine Frage des Geldes. Der staatlich geförderte französische Verband etwa verfügt über einen dreimal so hohen Etat wie der deutsche Verband.

Final Four in Köln

Vier Teilnehmer aus vier Ländern streiten bei der 10. Auflage des Final Four in Köln um den Champions-League-Titel. Nachdem Titelverteidiger Montpellier und Paris aus dem Rennen sind, liegt die Rolle des Favoriten beim FC Barcelona. Die Katalanen mit Aron Palmarsson treffen im Halbfinale am Samstag (18 Uhr) auf den Sieger von 2017, Vardar Skopje. In den Reihen der Mazedonier steht mit Christian Dissinger auch ein Deutscher.

Das andere Halbfinale (15.15 Uhr) bestreiten in einer Neuauflage des Finals von 2016 Vive Kielce (Polen) und Veszprem (Ungarn). Nach dem Spiel um Platz drei (15.15 Uhr) wird am Sonntag im Finale (18 Uhr) der Sieger ermittelt. Beide Veranstaltungstage sind trotz des Fehlens einer deutschen Mannschaft mit 20.000 Zuschauern ausverkauft.

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