Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Handball Champions LeagueSC Magdeburg konnte wieder Finale, Berliner Füchse nicht

Lesezeit 5 Minuten
Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert (l) und Matthias Musche freuen sich über den Sieg.

Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert (l) und Matthias Musche freuen sich über den Sieg. 

Bennet Wiegert legte die Hände an sein Gesicht, rieb sich ein paar Mal und schaute ungläubig ins weite Rund. Während die Kölner Lanxess-Arena um ihn herum mit ihren 20.074 Handball-Jüngern toste, freute sich der Triumphator zunächst in aller Stille mit seiner Mannschaft.

Der 43-jährige Trainer des SC Magdeburg hätte auch brüllen und springen können, hatte er doch sein Team am Sonntagabend zum zweiten Mal nach 2023 zum Sieg in der Handball-Champions League dirigiert. Wiegert und die gesamte Magdeburger Belegschaft durften nach dem auch in der Höhe verdienten 32:26 (16:12)-Finalsieg gegen die Füchse Berlin Genugtuung spüren. Eine Woche zuvor hatten die Hauptstädter dem SCM in einem Fotofinish am letzten Bundesliga-Spieltag den Meistertitel weggeschnappt. Und in den bisherigen drei Duellen dieser Saison im Supercup und in der Bundesliga hatten die Füchse auch jedes Mal die Nase vorn.

Das dritte rein deutsche Finale in der 32-jährigen Historie der Handball-Champions League erlebte einen nervösen Start. Zwei Minuten dauerte es, bis Nils Lichtlein für das erste Tor und die erste Führung der Füchse sorgte. Die Berliner kamen etwas besser in die Partie und lagen nach neun Minuten 5:3 vorne, obwohl Mathias Gidsel noch sein gewohnter Rhythmus fehlte.

Gidsel nach Roter Karte zunächst ohne Rhythmus

Der dänische Superstar durfte beim ungefährdeten 34:24 im Halbfinale gegen HBC Nantes am Samstag nur 8:23 Minuten spielen. Gidsel war erst ausgerutscht und dann, mit den Beinen voran, in Gegenspieler Odriozola reingerutscht. Den isländischen Unparteiischen war keine andere Wahl geblieben, als dem Welthandballer der vergangenen beiden Jahre die Rote Karte zu zeigen.

„Das war wirklich eine Katastrophe. Man hat schon beim Warm-up und im gesamten Spiel gesehen, dass hier etwas ganz falsch ist“, beschwerte sich der Linkshänder über den rutschigen Boden. Was wohl an den unterschiedlichen Temperatur-Bereichen in der Lanxess-Arena lag. Am Samstag herrschten im Foyer rund 40 Grad, auf der Spielfläche aber durch die Klimaanlagen nur etwas über 20 Grad. Dadurch bildete sich eine hohe Luftfeuchtigkeit, die den Spielern aller vier Halbfinalisten große Probleme mit der Standfestigkeit bereitete.

Am Sonntagabend hatte es sich abgekühlt. Gidsels Wunsch nach einem „nicht so rutschigen Boden“ erfüllte sich so. Im Gegensatz zu den Berliner Vorstellungen für das erste Champions League-Endspiel ihrer Vereinshistorie.

Milosavljev ging nach 20 Minuten vom Feld

Während Gidsel noch nach seinem Spiel suchte, fand auf Magdeburger Seite Gisli Kristjansson schnell seinen Rhythmus. Der isländische Mittelmann zog nicht nur die Fäden, er war, nach den für ihn typischen Eins-gegen-Eins-Situationen auch immer wieder selbst erfolgreich. Kristjansson sorgte für den 5:5-Ausgleich (12.) und peitschte nach seinem vierten Treffer zur 15:11-Führung (26.) erst die eigene Bank und dann die Fans auf.

Einer der entscheidenden Faktoren für die 16:12-Halbzeitführung des deutschen Vizemeisters im Duell mit dem nach 34 Bundesliga-Spieltagen einen Punkt besseren Meisters war die Torhüterleistung. Füchse-Keeper Dejan Milosavljev, gegen Nantes neben Linksaußen Tim Freihöfer (10 Tore) mit 15 Paraden noch der überragende Spieler seines Teams, bekam keine Hand an die Bälle und ging nach gut 20 Minuten entnervt vom Feld. Ludwig Lasse kam für den Serben.

Auf der anderen Seite zeigte sich Sergey Hernandez mit am Ende 18 Paraden in der Form, mit der er die Magdeburger schon vor zwei Jahren zum Champions League-Triumph in Köln geführt hatte und von der im Halbfinale mit nur einer Parade nichts zu sehen gewesen war. Das Team von Trainer Bennet Wiegert profitierte beim dramatischen 31:30 (18:18) gegen Titelverteidiger FC Barcelona in der Schlussphase vielmehr von zwei umstrittenen Roten Karten gegen die Katalanen. Rechtsaußen Tim Hornke nutzte die Überzahl und erzielte mit dem Schlusspfiff den Siegtreffer.

Rote Karte für Magdeburger Abwehrchef

Die Magdeburger mussten bei ihrem dritten Champions League-Erfolg nach 2002 und 2023 im Endspiel trotz einer frühen Roten Karte gegen ihren Abwehrchef Antonio Serradilla (34.) aber nicht noch einmal bis zur letzten Sekunde zittern. Was in erster Linie an Hernandez lag, der sich in der zweiten Hälfte noch zu steigern wusste und vor allem Gidsel entnervte. Nachdem der Däne zunächst von Serradillas Abwesenheit profitierte und die Berliner mit seinem siebten Treffer noch einmal auf 24:27 und in den Bereich der Titelhoffnungen (41.) brachte, hielt der Spanier zweimal gegen den Füchse-Star, der sich mit 135 Treffern zumindest die Torschützenkrone der diesjährigen Champions League-Saison sichern konnte, ein schwacher Trost.

Die Vorentscheidung war gefallen, auch weil Kristjansson nicht nachließ und wie schon 2023 nach einem schwachen Halbfinale ein überragendes Finale mit acht Toren spielte. Die Wahl zum MVP war folgerichtig. Der Schwede Felix Claar, der für ein Gidsel in der Abwehr ein unangenehmer Gegenspieler war, blieb in der Schlussphase auch im Angriff zweimal eiskalt und hielt den Vorsprung von fünf Toren. Als Albin Lagergren schon gut drei Minuten vor dem Ende zum 32:26 traf, starteten die Feierlichkeiten auf der Bank und im Fanblock. Der SC Magdeburg konnte mal wieder Finale, die Füchse Berlin noch nicht.

Geschäftsführer Bob Hanning musste deshalb geknickt einräumen: „Sie waren uns in allen kleinen Themen überlegen. Wir sind überhaupt nicht in unser Tempospiel gekommen. Wir haben nicht diese absolute Geilheit hinbekommen, um so eine starke Mannschaft wie den SCM zu schlagen.“


Statistik zum Spiel:

Tore Füchse Berlin: Gidsel 7, West av Teigum 7, Freihöfer 5/4, Lichtlein 3, Marsenic 2, Andersson 1, Langhoff 1. — SC Magdeburg: G. T. Kristjansson 8, Claar 6, O. I. Magnusson 6/5, D. Pettersson 3, Saugstrup Jensen 3, Lagergren 2, Mertens 2, Serradilla Cuenca 1, Ph. Weber 1. —SR.: Lah /Sok (Slowenien). — Zuschauer: 20.074. —Strafminuten: Berlin 10 / Magdeburg 4. —Disqualifikation: Serradilla (34.).