InterviewFC-Sportchef zeigt sich zufrieden mit Sommer-Transferperiode

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Jörg Jakobs (Mitte) mit Spielern des 1. FC Köln und Trainer Steffen Baumgart (rechts)

Köln – Jörg Jakobs (50) bestellt sich eine Saftschorle und einen Espresso. Dann redet der Sportchef des 1. FC Köln auf der Terrasse des Geißbockheims mit Martin Sauerborn über die zurückliegende Sommer-Transferperiode und den neuen Trainer Steffen Baumgart.

Herr Jakobs, das Sommer-Transferfenster für die Bundesliga ist geschlossen. Erstaunt es Sie am Ende nicht doch etwas, dass es keinen Markt für Ellyes Skhiri gegeben hat?

Die Frage ist, zu welchem Preis hätte es einen Markt gegeben? Der 1. FC Köln hat intern die Eckdaten für einen Transfer festgelegt und diese Ellyes Berater mitgeteilt. Warum es unter diesen Bedingungen dann keinen Markt für den Spieler gab, müssen Sie die Clubs fragen, die sich laut Medienberichten für Ellyes interessiert haben.

Gab es denn wirklich kein Angebot?

Aus unserer Sicht hat sich eine gewisse Eigendynamik entwickelt und es sah so aus, als wollten wir Ellyes gerne verkaufen. Als hätten wir einen Preis aufgerufen und darum gebeten, dass sich Interessenten bei uns melden. Im Übrigen hat der Spieler nie mit den Hufen gescharrt und suggeriert, dass er weg will, um den nächsten Schritt zu gehen. Das ganze Thema wurde viel höher gehängt, als es tatsächlich war.

Ellyes Skhiri spielt weiter für den 1. FC Köln. Wie froh macht Sie diese Entwicklung?

Da müssen wir zwischen der sportlichen und wirtschaftlichen Komponente unterscheiden. Sportlich sind wir eindeutig froh, dass er da ist. Er hat hier zu 100 Prozent Spaß an seinem Job und ruft seine Leistung ab. Die wirtschaftliche Komponente müssen wir als Club regeln.

Wenn Sie über den Tellerrand des FC hinausschauen. Wie beurteilen Sie insgesamt den Transfermarkt in diesem Sommer?

Es war gefühlt sehr ruhig. Alle haben gedacht, dass die Engländer irgendwann loslegen, aber tatsächlich wurden Spieler nur zwischen ihren Clubs hin- und hergeschoben.

Sie haben als Nachfolger von Horst Heldt als Sportchef einen großen Kader mit einigen schwierigen Vertragssituationen vorgefunden und waren gezwungen zu sparen. Wie sind Sie die Kaderplanung für die neue Saison angegangen?

Positiv war die Ausgangslage mit einem neuen Cheftrainer. Unsere Hoffnung und unser Optimismus haben sich auf diese Personalie konzentriert, weil der Trainer immer die größte Stellschraube ist. Wir wussten, dass die Situation zu händeln ist, wenn die Trainerpersonalie sitzt und die entsprechende Zusammenarbeit im Staff passt. Diese Hoffnung hat sich erfüllt.

Dann haben Sie auf die Karte gesetzt, dass Steffen Baumgart die Spieler des Kaders dazu bringt, ihre mögliche Leistung maximal abzurufen?

Das ist die originäre Aufgabe eines Trainers. Am Ende wird die Qualität des Trainers am Erfolg gemessen. Das entscheidet darüber, ob er ein guter oder ein schlechter Trainer ist. Erfolg zu haben impliziert, dass er die Spieler besser und dadurch die Mannschaft besser macht. Das ist ein simpler Zusammenhang.

Zur Person

Dr. Jörg Jakobs wurde am 20. September 1970 in Trier geboren. Der Inhaber der UEFA Pro-Lizenz war von 2002 bis 2009 Co-Trainer bei Alemannia Aachen. Nach einer Saison als Chefscout bei Hannover 96 wechselte Jakobs 2012 zum 1. FC Köln, wo er bis 2016 unter Geschäftsführer Jörg Schmadtke als Sportlicher Leiter tätig war. 2018 kehrte Jakobs als Aufsichtsratmitglied zum FC zurück. Seit dem 1. Juni ist er als Nachfolger von Horst Heldt als Interims-Sportchef bei den Geißböcken. Jakobs arbeitet hauptberuflich an der Deutschen Sporthochschule im Institut für Vermittlungskompetenz. (sam)

Dann erklären Sie doch bitte mal, warum es Steffen Baumgart so gut gelingt, alle besser zu machen!

Zuerst einmal bringt er eine unfassbare Liebe und Leidenschaft für das Fußballspiel mit. Er hat ein sehr ehrliches und eindeutiges Auftreten. Was mich besonders beeindruckt ist, dass hinter seinem vielleicht rauen Erscheinungsbild ein richtig guter Vermittler von Wissen steckt. Er packt die Spieler, weil er klar in den Themen ist, die er vermitteln will, und dies mit der passenden Intensität tut. Außerdem bietet Steffen immer die Möglichkeit, die Inhalte noch einmal gemeinsam abzugleichen. So wird ganz klar, ob sie am Ende auch jeder verstanden hat.

Bislang hinterlässt das alles einen hervorragenden Eindruck. Aber ist Steffen Baumgart jemand, der auch auf Strecke als Trainer funktioniert?

Davon bin ich überzeugt, weil ich ihm abnehme, dass er den FC als längerfristiges Projekt für sich ansieht. Er ist keiner, der sagt, „Ich geh“ mal von Paderborn nach Köln, weil das der nächste logische Schritt in puncto Karriere und Aufmerksamkeit ist.

Es werden auch schwierige Zeiten und sportlicher Misserfolg kommen. Wie wird der Trainer damit umgehen?

Es bleibt Sport, wir werden auch Niederlagen erleben. Ich glaube, solange Steffen das Gefühl hat, dass die Mannschaft alles versucht, um den gemeinsamen Plan umzusetzen, wird er ruhig und lösungsorientiert bleiben. Das war in unserer Doku 24/7 bei seiner Halbzeitansprache beim Pokalspiel in Jena schon gut zu erkennen. Da war er sehr besonnen und hat den Spielern Lösungen angeboten.

Wir sprechen über das Bessermachen von Spielern. Welche Spieler haben Sie in der Vorbereitung und den ersten Spielen am meisten überrascht?

Es gibt jede Menge Spieler, die bislang positiv überrascht haben. Aber wir haben erst vier Pflichtspiele hinter uns. Wir brauchen sicher noch bis mindestens zur nächsten Länderspielpause im Oktober, um das besser einordnen zu können.

Aber mit Louis Schaub haben Sie nicht gerechnet, oder?

Louis gehört zu den Spielern, die vom Trainer und seinem Training profitieren. Steffen hat es geschafft, dass er seine Qualitäten bei uns auf den Platz bringt. Die Herangehensweise von Steffen war dabei hilfreich. Er hat sich alle Spieler angeschaut, mit ihnen gesprochen und die sportliche Perspektive aufgezeigt.

Sind Sie aus Sicht des FC zufrieden mit der Sommer-Transferperiode 2021?

Im Ergebnis muss eine Mannschaft stehen, die wir finanzieren können und die sportlich wettbewerbsfähig sein muss. Also eine Mannschaft, die uns Anlass dazu gibt, mit einem guten Gefühl in die Saison zu gehen. Das Gefühl haben wir. Das meiste ist gut gelaufen. Wir sind zufrieden, auch weil es eine Einheit gibt, die mit dem Trainer arbeitet und mit der er sich auf einen gemeinsamen Weg verständigt hat.

FC-Stammtisch

Vorstand und Mitgliederrat des 1. FC Köln laden am Sonntag, 14 Uhr, zu einem hybriden Mitgliederstammtisch ein. Neben den 225 Mitgliedern vor Ort in der Halle Tor 2 ist die Veranstaltung im Livestream zu sehen. Thema ist der mögliche Einstieg von Investoren bei Fußballclubs. Moderator Christoph Biermann begrüßt als Experten Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule und Chris Anderson (London School of Economics). (sam)

Es gab im Verlauf der Vorbereitung immer wieder Positionen, für die noch neue Spieler in Frage kamen. Warum haben Sie letztlich auf den Außenverteidigerpositionen und im Angriff nicht nachgebessert?

Ich habe gelesen, dass die Transferperiode für uns schlecht gelaufen ist, weil es nicht gelungen sei, für diese Positionen Spieler zu verpflichten. Fakt ist, dass wir es nicht wollten. Wir hatten andere Prioritäten und haben im Prozess einen anderen Plan entwickelt. Wenn von außen immer wieder gesagt wird, dass es Verstärkungen für diese Positionen braucht, dann entsteht irgendwann das Bild, dass wir das machen müssen. Das ist aber nicht so. Wenn tatsächlich Bedarf entstehen sollte, haben wir im Wintertransferfenster die Möglichkeit nachzujustieren.

Vor allem die Rufe nach einem neuen Stürmer waren nach den unerfreulichen Erfahrungen der vergangenen Saison laut.

Der Trainer wollte sich erst einmal ein Bild davon machen, wie es Anthony Modeste und Sebastian Andersson nach ihren Verletzungen geht und ob Tim Lemperle schon bereit ist für die Bundesliga. Tony ist fit und spielt, Tim scheint zu funktionieren. Und meine Meinung ist, dass Seb auch funktionieren wird, auch wenn er vielleicht nicht jedes Spiel von Anfang macht.

Der mögliche Wechsel von Sebastian Andersson in die Türkei kam für Außenstehende sehr überraschend.

Für Außenstehende ja. Wir haben hier im Club das Verständnis, dass es Sinn macht zu sprechen, wenn ein Spieler nicht zu 100 Prozent zufrieden ist. Auch das hat der Trainer unheimlich gut moderiert. In der Länderspielpause passte es, wir hatten unsere Parameter, es wurden Gespräche geführt. Aber es gab keine Einigung und er bleibt.

Letztlich haben Sie nur noch Luca Kilian aus Mainz geholt. Warum ihn?

In der Planung war klar, dass es Interesse für Sebastiaan Bornauw geben wird. Wir haben mit seinem Wechsel gerechnet. Bei Sava Cestic war die Perspektive nicht ganz klar. Mit Luca erweitern sich unsere Möglichkeiten. Das ist gutes Beispiel für einen sinnvollen Transfer. Ein junger, schneller und bundesligatauglicher Spieler, der den Trainer und seine Spielidee kennt und zu für uns akzeptablen Bedingungen kommt. Wir haben mit Luca Kilian einen gesunden Konkurrenzkampf ohne unzufriedene Spieler.

Was wird aus Sava Cestic?

Aus unserer Sicht hätte ein Leihe Sinn gemacht. Der Spieler möchte seine Chance aber beim FC suchen. Sava bleibt im Training der Profis und wird bei der U21 in der Regionalliga spielen.

Sie haben immer gesagt, dass Sie den FC-Sportchef nur auf Zeit machen. Wie sehen die genauen Planungen aus?

Das Szenario sieht so aus, dass ich die Planungen im Hinblick auf nächste Saison bezüglich möglicher Vertragsverlängerungen oder Neuverpflichtungen zusammen mit Thomas Kessler und Lukas Berg in Gang setze und die Winter-Transferperiode übernehme. Dann wird es einen Übergang geben. Möglich ist, dass der neue Sportchef schon vorher bekannt gegeben wird. Es ist davon auszugehen, dass der Neue aktuell noch in einer Anstellung ist und seinen Job professionell beenden möchte. Es braucht also Vorlaufzeit. Wenn ein neuer Sportchef da ist, kehre ich Stand heute in das Kompetenzteam Sport des Vorstands zurück. Dem neuen Geschäftsführer stehe ich, wenn es der neue Geschäftsführer möchte und soweit es mein Job an der Sporthochschule erlaubt, zur Seite. Am Ende geht es darum, dass der Club läuft und die Menschen im Stadion guten Fußball zu sehen bekommen.

Wie darf man sich die Suche nach einem FC-Sportchef vorstellen?

Es gibt eine Liste mit Kandidaten, mit denen jetzt Gespräche geführt werden. Und dann geht der Prozess seinen Gang.

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