Pascal Lammerich, Kaderplaner und Scout beim SC Fortuna Köln, spricht im Interview über seinen Werdegang sowie den Scouting-Prozess.
Fortuna Kölns Scout Pascal Lammerich„Meinen Erfolg mache ich an der Teamentwicklung fest“

Pascal Lammerich (l.) neben Co-Trainer Hamdi Dahmani
Copyright: Fabian Struetz/Fortuna Köln
Herr Lammerich, Sie sind nun seit geraumer Zeit Kaderplaner und Scout beim SC Fortuna Köln. Wie kamen Sie zu dem Job?
Pascal Lammerich. Ich studierte erst Sport an der Sporthochschule in Köln. 2008 bin ich dann auf die Arbeitsstelle für Scouting-Studien zugegangen. Über die Jahre habe ich dort viele Projekte begleitet. Darüber kam auch der Kontakt zu Fortuna Köln zustande. Zu meiner Studienzeit war ein systematisches Videoscouting von der Regionalliga noch nicht durchführbar, am Wochenende war man bei mehreren Spielen live vor Ort.
Welche Herausforderungen gab es während dieser Zeit für Sie?
Nach dem Sport-Studium bin ich unvorbereitet in die Fußball-Arbeitswelt gegangen. Mit Nebenjobs hielt ich mich über Wasser, nebenbei schickte ich Spielanalysen an den ehemaligen Fortuna-Trainer Uwe Koschinat. Das änderte sich mit dem Aufstieg der Fortuna im Jahr 2014. Ich erhielt meinen ersten Arbeitsvertrag. Damals gab es durch den Aufstieg ganz neue Möglichkeiten für ein systematisches Videoscouting, wofür ich verantwortlich war.
Lange Zusammenarbeit mit Uwe Koschinat
Gibt es eine Anekdote, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
Klar! Ich bin damals kurz vor den Relegations-Spielen um den Aufstieg in die Dritte Liga gegen den FC Bayern München II in aller Früh mit dem Flixbus Richtung München gefahren. Dort habe ich mir das Spiel der Münchner gegen den FC Memmingen angeschaut. Den Spielbericht schickte ich an Fortuna-Trainer Uwe Koschinat. Ich glaube, dadurch habe ich mich auch in den Vordergrund bei der Scouting-Auswahl gestellt.
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Welche Richtlinien sind beim allgemeinen Spielerscouting zu beachten?
Scouting ist ein Prozess. Wir haben klar definierte Ligen, die für uns eine hohe Bedeutung haben. Das ist die Regionalliga West, Süd-West, die U19-Bundesliga sowie die Dritte Liga, dort aber eher Spieler, die keine Stammspieler sind. Scouting geht über Jahre. Die absolvierte Saison hat die höchste Bedeutung. In der Hinrunde findet ein Mannschaftsscouting statt. Das Mannschaftsscouting verfolgt das Ziel, viele Spiele von anderen Mannschaften zu analysieren, um viele Spieler zu erfassen und zu bewerten.
Im Winter startet der Filterungsprozess. In einer Runde mit dem Trainerteam mache ich Vorschläge, welche Spieler herausstechen. Dann wird diskutiert und es entsteht eine Priorisierung, welche Spieler interessant sind, und gleichzeitig auslaufende Verträge haben. Die werden dann intensiver beobachtet und analysiert. Im Einzelspielerscouting geht es darum, die notwendige Überzeugung für einen potenziellen Neuzugang zu entwickeln.
Durch welche Eindrücke erhält ein Scout die „Überzeugung“?
Bei mir entwickelt sich im Laufe der Zeit einfach ein Gefühl für die Spieler. Der subjektive Eindruck muss so stark sein, dass ich einem Spieler eine Empfehlung geben kann. Man stellt die Leistungsfaktoren, die einen Spieler ausmachen, gegenüber. Man weiß nach den Jahren, welche Spieler im Bereich des Möglichen liegen, auch in Anbetracht der finanziellen Möglichkeiten, und welche nicht. Da entwickelt man eine Übersicht.
Sie waren von 2014 bis 2019 bei Fortuna, dann wechselten Sie zusammen mit Trainer Uwe Koschinat zum damaligen Zweitligisten SV Sandhausen.
Sandhauen war für mich ein wichtiger Schritt, um in der Zweiten Bundesliga Eindrücke zu erhalten. Der Ligen-Unterschied machte sich bei den Spielern bemerkbar. Nach der Entlassung von Uwe Koschinat war ich auf Jobsuche, Fortuna war dann die Option, wieder anzufangen.
Sie sind seit 2021 Kaderplaner der Fortuna. Welche Verbindung haben Sie persönlich zum Verein?
Ich bin gebürtiger Kölner, daher hatte ich zur Fortuna immer eine Verbindung. Während der Studienzeit hatten die Derbys gegen Viktoria Köln einen extrem hohen Stellenwert. Die fünf Jahre in der Dritten Liga waren prägend für mich.
Erneuter Umbruch bei Fortuna Köln
Wie sehen Sie den Fortuna-Kader im Vergleich zur vergangenen Saison? Es gab schließlich wieder einen Umbruch.
Es ist schwer zu sagen, inwiefern wir besser aufgestellt sind als in der vergangenen Saison. Uns ging vertraute Qualität verloren durch die Abgänge von Pernot, Eze, Batarilo, Matter, Mittelstädt, aber wir bekamen auch neue Qualität dazu, die Spieler sind alle voller Tatendrang. In erster Linie geht es jetzt um den Integrationsprozess. Für die neuen Spieler ist das eine Chance, schnell eine verantwortungsvolle Position auf und neben dem Platz zu übernehmen.
Wie bewerten Sie Ihre eigene Arbeit? Ab wann ist die Rede von einem erfolgreichen Scouting?
Meinen Erfolg mache ich an der Teamentwicklung fest. Aber auch daran, wenn Spieler den nächsten Schritt gehen und die Fortuna als „Sprungbrett“ nutzen. Wenn der Vertrag eines Spielers ausläuft, ziehe ich oft am Ende ein Resümee für einen getätigten Transfer.
Sechs Spieler kamen diese Saison aus der U-23-Mannschaft in den Profikader. „Scouten“ Sie auch bei den Partien der U 23?
Ja, ich schaue mir jedes Spiel der U23 an. Die zweite Mannschaft hat eine extreme Wichtigkeit, weil sie sich von ganz unten nach oben gearbeitet hat. Wir tauschen uns untereinander zwischen den Trainern aus. Das ist ein Gemeinschaftsprodukt. Aus den Gesprächen ergeben sich dann manchmal auch Empfehlungen.