Zehn FestnahmenRazzia gegen Schleuser – zwei Anwälte aus Kölner Raum im Fokus

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Solingen: Polizeibeamte tragen in Kartons sichergestelltes Material aus einem Gebäude.

Solingen: Polizeibeamte tragen in Kartons sichergestelltes Material aus einem Gebäude.

Zwei Kölner Anwälte stehen im Fokus einer bundesweiten Razzia gegen Schleuser: Das Duo soll hohe Geldsummen für gefälschte Aufenthaltstitel kassiert haben.

Bei einer großangelegten Razzia gegen eine international agierende Schleuserbande in acht Bundesländern hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft zehn Beschuldigte verhaften lassen. Im Visier sind 38 mutmaßliche Bandenmitglieder und 147 Personen, die geschleust worden sein sollen, wie die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin mitteilte. Die Beschuldigten sollen in großem Stil vor allem an Chinesen gegen viel Geld Aufenthaltstitel verkauft haben. Wenn man später nachgeholte Familienangehörige hinzuzähle, gehe es um etwa 350 zumeist chinesische Staatsangehörige, sagte der Düsseldorfer Staatsanwalt Julius Sterzel. Hauptverdächtige sind zwei 42 und 46 Jahre alte Rechtsanwälte aus dem Raum Köln. Nach Rundschau-Informationen gab es in Köln sechs Festnahmen.

Rechtsanwälte als Hauptverdächtige

Bei dem Großeinsatz durchsuchten mehr als 1000 Beamte der Bundespolizei und der Staatsanwaltschaft insgesamt 101 Wohn- und Geschäftsräume in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin, Hessen sowie Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. In NRW waren dies Aachen, Bergheim, Bergisch-Gladbach, Düren, Düsseldorf, Frechen, Heimbach, Kerpen, Köln, Kreuzau, Pulheim, Ratingen, Roetgen, Siegburg und Solingen.

Ursprung der Ermittlungen seien ein Hinweis des deutschen Konsulats aus Kanton in China sowie zahlreiche Geldwäsche-Verdachtsanzeigen durch Banken gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Die Ermittlungen seien 2020 aufgenommen worden, aber die Tatzeiten lägen teilweise bereits in den Jahren 2016/2017.     Neben dem Vorwurf der Schleusung ermittelt die Staatsanwaltschaft auch wegen des Verdachts der Bestechung und Geldwäsche. Die Rechtsanwälte sollen über ihre Kanzleien reiche Ausländer angeworben haben, überwiegend aus China und dem arabischen Raum.

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Wohlhabende Klientel im Visier

„Mit der Aussicht auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis sollen die Geschleusten Beträge zwischen 30 000 und 350 000 Euro an die Kanzleien gezahlt haben“, berichtete die Polizei. Im Vergleich zu den meisten Menschen, die von Schleusern transportiert werden, habe es sich hier also um eine wohlhabende Klientel gehandelt, bestätigte Sterzel. Die Hauptbeschuldigten stehen im Verdacht, mit den Geldern unter anderem Scheinfirmen gegründet, angebliche Wohnsitze finanziert und vermeintliche Lohnzahlungen fingiert zu haben. „Darüber hinaus sollen nicht unerhebliche Beträge der Bereicherung der Beschuldigten gedient haben“, hieß es weiter. Die Aufenthaltserlaubnisse wurden den Ermittlern zufolge bei den Ausländerämtern der Städte Kerpen und Solingen sowie der Kreise Rhein-Erft und Düren erlangt. „Es sind uns keine Verdachtsmomente gegen den Kreis oder Mitarbeitende des Kreises bekannt“, teilte die Stadt Kerpen dazu mit. „Nach hiesigen Erkenntnissen gibt es keine Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Kreisverwaltung.“ Ähnlich äußerte sich auch der Rhein-Erft-Kreis. Zu den zehn Verhafteten gehört auch ein Mitarbeiter des Kreises Düren, der bei den Schleusungen maßgeblich beteiligt gewesen sein und dafür Bestechungsgelder erhalten haben soll.

Im Jahr 2022 haben Bundeskriminalamt und Bundespolizei deutschlandweit 4936 Fälle von Schleusungen registriert – ein Plus von knapp 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hintergrund ist der starke Anstieg irregulärer Migration nach Europa, hieß es weiter. Im aktuellen Lagebild Schleusungskriminalität von

2022 heißt es, die Täter agierten „sehr professionell und flexibel“, auch gebe es eine zunehmende Risikobereitschaft. Wie der „Spiegel“ unlängst aus einem vertraulichen Papier der Bundespolizei zitierte, ist Deutschland unangefochten das Hauptzielland von Schleusungen.

Köln ist laut Bundespolizei wegen seiner zentralen Lage ein Drehkreuz bei der Schleuserkriminalität. Erst im Februar 2024 gab es Durchsuchungen in Köln oder auch Bergisch Gladbach. (mit dpa)

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