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Frank Thelen im Rundschau-Interview„Die Gefahr, in einer Blase zu leben, ist hoch“

Lesezeit 4 Minuten
Thelen

Der Bonner Investor Frank Thelen wurde durch die TV-Show "Die Höhle der Löwen" bekannt.

Frank Thelen (43), Start-up-Investor und TV-Juror („Die Höhle der Löwen“), ist Experte in Sachen Digitalstrategie. Cordula von Wysocki sprach mit ihm über Bezahl-Bereitschaft im Netz, die Herausforderungen in der Medienbranche und warum er auf Twitter Kevin Kühnert folgt.

Wie haben Sie sich heute Morgen informiert, Herr Thelen?

In meinem Social-Media-Netzwerk. Da weiß ich, wer etwa bei politischen Themen, in Wirtschaftsfragen oder zu künstlicher Intelligenz gerade die wichtigsten News und Links hat. Ich habe meine Social-Media-Kontakte so verknüpft, dass ich den Experten folge, von denen ich hoffe, dass sie mir die richtigen Informationen geben. Das funktioniert für mich aktuell gut.

Bedeutet aber, dass Sie sich in der eigenen Informationsblase bewegen.

Stimmt. Aber ich bewege mich ja nicht nur dort. Ich finde es total wichtig, auch anderen Leuten zu folgen. Kevin Kühnert zum Beispiel. Seine politischen Aussagen lehne ich komplett ab. Ich folge ihm aber trotzdem auf Twitter, weil ich auch andere Meinungen hören will. Die Gefahr, in einer Blase zu leben, ist hoch. Deshalb lese ich auch unabhängige Medien wie zum Beispiel Handelsblatt, Zeit, Wirtschaftswoche, Spiegel und auch die Bild-Zeitung. Natürlich alles digital.

Bezahlen Sie dafür?

Klar, ich habe etwa zehn Digital-Abos. Es ist für mich extrem wichtig, informiert zu sein. Aber ein normaler Medienkonsument wird wahrscheinlich keine zehn Zeitungs-Abos zahlen.

Wie schätzen Sie die Bereitschaft ein, für digitale Inhalte zu zahlen?

Ich glaube, dass wir einen Umschwung erleben, dass es inzwischen eine andere Akzeptanz gibt. Früher gab es im Appstore fast nur Einmalzahlungen, Abos waren quasi Gift für das Geschäft. Wer das auch nur versucht hat, wurde direkt bestraft. Aber inzwischen – auch seit es Spotify oder Netflix gibt – ist das ein normales Geschäftsmodell.

Wo sind die Grenzen?

Die Kunden sind bereit, in der Spanne zwischen 99 Cent und 9,99 Euro für gewisse Dienstleistungen im Netz zu zahlen. Das gilt auch für Medien. Ich sehe durchaus die Bereitschaft, ein oder zwei digitale Zeitungs-Angebote zu finanzieren. Noch besser wäre natürlich, es würde sich ein Player wie Spotify oder Netflix durchsetzen, der die Verlagsangebote bündelt. Ich hätte dann nur einen Account, würde monatlich zahlen und hätte Zugriff auf die hochwertigen redaktionellen Inhalte aller Zeitungen.

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Was zählt, außer dem Preis?

Gute User Experience, Übersichtlichkeit, Transparenz in der Kundenbetreuung – klingt einfach, aber daran scheitert es blöderweise ganz oft.

Müssen sich Medienangebote auch inhaltlich verändern?

Auf Online-Seiten gibt es jede Menge Blaulicht-Meldungen und Klatsch – von Sylvie Meis knappem Bikini bis Lena Gerckes neuem Freund. Wird alles gerne gelesen, aber dafür zahlt niemand. Trotzdem muss das wahrscheinlich auch weiterhin angeboten werden. Aber im Plus-Bereich, also für Abonnenten, müssen die Inhalte spezieller und herausragender sein.

Zum Beispiel…

Das können die tiefgreifenden Politik-Analysen sein, die kritischen Wirtschaftsberichte, die lokalen Themen auf hohem Niveau, die Hintergrundinformationen. Hochwertiger Inhalt hat oft auch damit zu tun, dass es Experten für bestimmte Themen in einer Redaktion gibt, die mehr wissen und die auch erkennbar sind. Jeder User, der 9,99 Euro für ein Digital-Abo zahlt, wird sich immer wieder fragen, wofür. Wichtig ist für Digital-Abonnenten ein Mehrwert. Dass ich als zahlender Kunde zum Beispiel früher auf Artikel zugreifen kann oder zusätzliche Multimedia-Inhalte bekomme oder vergünstigte Tickets für Events.

Sind Podcasts ein vorüberziehender Trend oder ein echter Mehrwert?

Ich glaube, dass Podcasts eine starke Zukunft haben. Wenn man im Auto sitzt oder im Zug oder beim Sport oder beim Putzen sind Podcasts eine ideale Ergänzung. Darin liegt auch für Lokalzeitungen mit spannenden Interviews ein großes Potenzial. Die „Zeit“ bricht damit erfolgreich alle Regeln und bietet Podcasts über sechs oder sieben Stunden an.

Sie tauschen sich mit NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart zu Digital-Themen aus – wo wird Ihr Einfluss spürbar werden?

Ich weiß die Expertise und des Engagement unseres NRW-Wirtschaftsministers sehr zu schätzen und ich will versuchen, ihn mit meinem Netzwerk und meiner medialen Präsenz vor allem bei der Umsetzung seiner Digitalstrategie zu helfen. Bei Ausgründungen aus Universitäten, Förderprogrammen für junge Unternehmen und der Digitalisierung an Schulen. Hierzu werden wir hoffentlich schon bald ein Pilotprojekt an einer Schule in Hürth umsetzen.

Wie wird sich Frank Thelen in fünf Jahren morgens informieren?

Hoffentlich mit Hilfe einer KI, die sehr viel intelligenter ist als Siri und Alexa heute und mir genau die richtigen Informationen liefert. Und ja, hierbei wird das Verhindern von „geschlossenen Blasen“ eine große Herausforderung. Ich lese einfach nicht gerne über Kevin Kühnert, aber er ist wichtig für einen Gesamtblick auf die Stimmung in unserem Land.