VW-DieselskandalDie wichtigste Antworten auf Fragen der Betroffenen

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  • Mit jedem Urteil zum Abgasskandal wird klarer, welche Ansprüche Autokäufer haben.
  • Für Vielfahrer gibt es womöglich wenig Hoffnung auf Schadenersatz
  • Wir klären die wichtigsten Fragen

Karlsruhe  – Jahr Nummer fünf nach Auffliegen des Dieselskandals bringt betroffene Autokäufer endlich einen großen Schritt voran: Das Musterverfahren gegen VW endet mit Vergleichszahlungen für Hunderttausende. Und ein Grundsatz-Urteil aus Karlsruhe bewegt den Autobauer dazu, auch auf andere Kläger zuzugehen. Trotzdem ist die juristische Aufarbeitung nicht abgeschlossen. Seit Dienstag klärt der Bundesgerichtshof (BGH) die nächsten Fragen. (Az. VI ZR 354/19 u.a.)

Was ist höchstrichterlich schon entschieden?

Am 25. Mai 2020 stellte der BGH in einem sehnlich erwarteten Urteil fest, dass Volkswagen systematisch und langjährig getäuscht hat. Für die obersten Zivilrichter stand außer Frage: Dass Millionen Diesel-Autos mit illegaler Abgastechnik vom Band liefen, um bei behördlichen Prüfungen die Stickoxid-Grenzwerte einzuhalten, war eine strategische Konzern-Entscheidung zur Gewinnmaximierung.

VW habe damit nicht nur der Umwelt geschadet. Die Autos seien dem ständigen Risiko ausgesetzt gewesen, aus dem Verkehr gezogen zu werden.

Was bedeutet das für Autokäufer?

Laut BGH hat sich VW ihnen gegenüber „besonders verwerflich“ verhalten und ist deshalb zu Schadenersatz verpflichtet. Die Richter sind überzeugt: Hätten die Kunden die Wahrheit gekannt, hätten sie keinen VW-Diesel gekauft. Also muss der Konzern den Kauf ungeschehen machen – das heißt, das Auto zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Das gilt selbst für Gebrauchtwagen aus zweiter Hand. Die gefahrenen Kilometer müssen sich Kunden allerdings anrechnen lassen.

Was für Fragen stehen jetzt zur Entscheidung?

Zum einen geht es um genau diesen Nutzungsersatz, wie Juristen sagen. Der Kläger hatte seinen Passat 2014 mit rund 57 000 Kilometern auf dem Tacho gekauft, inzwischen sind es etwa 255 000. Ein Durchschnitts-Passat schafft nur 250 000 Kilometer, meinte das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig – damit sei der Kaufpreis „vollständig aufgezehrt“, der Mann ging leer aus. Er will nicht nur die gezahlten 23 750 Euro zurück, sondern auch Zinsen. Damit steht die nächste Streitfrage im Raum. Für VW ist das Thema wichtig, sagt der BGH-Anwalt des Konzerns, Reiner Hall. Denn wegen der Masse an Verfahren gehe es für den Autobauer „um sehr viel Geld“.

Wer hat in Karlsruhe die besseren Chancen?

Diesmal scheinen den Richtern die Forderungen zu weit zu gehen. Hätte der Kläger sich keinen VW-Diesel gekauft, dann vermutlich ein anderes Auto, sagt der Senatsvorsitzende Stephan Seiters in der Verhandlung am Dienstag – und damit wäre das Geld auch weg gewesen. Nach ersten Beratungen halten die Richter es auch für folgerichtig, dass Vielfahrer ihre Ansprüche durch die intensive Nutzung des Autos irgendwann aufgebraucht haben. Aber noch ist das nicht das Urteil.

Welche Auswirkungen haben die BGH-Urteile?

Aussicht auf Schadenersatz haben nur Kunden, die VW verklagt haben und deren Verfahren läuft. Die rund 240 000 Musterkläger, die von dem Vergleich profitieren, verzichten auf weitere Ansprüche. Sie bekommen zwischen 1350 und 6257 Euro. Laut VW sind noch rund 60 000 Verfahren offen, 50 000 davon sind mit dem Mai-Fall vergleichbar. Diese Fälle will der Konzern nicht um jeden Preis vor Gericht durchfechten. Stattdessen soll es individuelle Angebote geben. Wer die Summe akzeptiert, soll sein Auto behalten dürfen.

So geht es weiter

Für den 28. Juli hat der BGH die nächsten Verhandlungen angesetzt. Dabei dürfte es noch einmal um die Zinsen gehen. Der zweite Kläger hatte sein Auto erst nach Bekanntwerden des Dieselskandals im Herbst 2015 gekauft. Diese Konstellation ist recht häufig und betrifft nach Angaben von Volkswagen viele der restlichen 10 000 offenen Verfahren. (dpa)

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