Der Vogelschwarm zieht sich zum Schlafen auf zwei Bäume auf einem Spielplatz zurück. Im Schatten des Baumes: eine private Terrasse.
Bäume an Spielplatz okkupiertLärm und Kot – Bergheimer genervt von Halsbandsittichen

Halsbandsittiche haben sich in Bergheim breit gemacht - und verärgern die Anwohner (Symbolbild).
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Niedlich sind sie ja, die kleinen Halsbandsittiche mit ihren grünen Federn, dem Papageienkopf und dem roten Schnabel. Als eingeschleppte Art aus Asien und Afrika haben sie bereits in den 1960er Jahren Köln zu ihrer Heimat gemacht.
Nun scheinen sie sich auch in Bergheim ausgebreitet zu haben, genauer gesagt auf einem Spielplatz in Fliesteden. Zum Sozialverhalten der Vögel gehört es, sich scharenweise auf einem großen Baum zu versammeln und dort gemeinsam zu übernachten.
Bergheim: Halsbandsittiche haben ihren Schlafbaum in Fliesteden
Das mag seine Vorteile für die Tiere haben, hat aber auch Konsequenzen für alles unterhalb ihrer Schlafbäume. Wie jetzt auf dem Spielplatz zu beobachten: Die Spielgeräte, Wege und eine Bank sind voller Kot. Die Anwohner meiden bereits eine ganze Reihe von Parkplätzen, um ihre Autos zu schützen, denn die Schlafbäume sind immens und entsprechend breit ist die Fläche, die potenziell als Zielscheibe für die Halsbandsittiche dient. Zudem liegen so viele heruntergepickte Blätter dort, dass es den Anschein hat, es sei bereits der Herbst angebrochen.
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Ortsbürgermeisterin Elisabeth Hülsewig mit den Anwohnern Kurt Lucero und Frank Löhr. Kurt Luceros Terrasse müsse mit den Halsbandsittichen jeden Tag gereinigt werden.
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„Ich habe das vorgestern alles freigemacht, nach zwei Tagen haben sie wieder alles runtergerockt“, sagt Anwohner Frank Lucero. Für ihn ist das kein Spaß, zumal seine Terrasse auch unterhalb eines der beiden Schlafbäume liegt. „Meine Frau macht hier jeden Abend sauber, aber das kann man vergessen.“
Auch mögliche Auswirkungen auf die lokale Fauna bereiten ihm Sorgen. „Wir hatten Fledermäuse unter dem Schiefer an unserem Dach, die sind alle weg“, sagt Lucero. Auch seinen Vogel-Futterspender musste er nicht mehr befüllen, weil die Singvögel alle verschwunden seien. „Wir hatten Blaumeisenpärchen hier, 20 oder 30 Stück, und Amseln.“
Anwohner über den Geräuschpegel der Vögel verärgert
Doch neben dem Dreck und der Verdrängung der Singvögel beschäftigt die Nachbarschaft der Lärm. „Es ist in der Tat eine Belästigung, morgens schon ab 5 Uhr“, sagt Anwohner Frank Löhr. Tagsüber verschwinden die Vögel, aber abends würden sie sich wieder auf dem Baum versammeln und stundenlang kreischen, bis es dunkel wird. „Wenn wir Gäste haben, können wir ab 20 Uhr nicht mehr die Terrasse nutzen. Man kann sich nicht in Ruhe unterhalten.“

Wege, Bänke und die Spielgeräte auf dem Spielplatz in Fliesteden werden jetzt öfter gereinigt, aber die Halsbandsittiche lassen nicht nach.
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„Die Belästigung für die Anwohner ist extrem“, sagt Ortsbürgermeisterin Elisabeth Hülsewig. „Niemand von uns hat etwas gegen Vögel. Aber die haben sich so ausgebreitet, man schätzt die auf 200 bis 250 Vögel.“ Laut Hülsewig und den Anwohnern reagierte die Stadt Bergheim bereits und erhöhte die Frequenz, in der sie alles reinigt. Aber für die Geräuschkulisse fällt der Ortsbürgermeisterin nur eine Lösung ein: Die Vögel müssen sich anders verteilen. „Im Wald stören sie ja niemanden stören, aber mitten in einem Wohngebiet sind Auswirkungen heftig.“
Stadt Bergheim will die Vögel nicht vergrämen
Der Terminus dafür lautet, sie zu „vergrämen“, sie also an einen anderen Ort zu bringen oder sie zu veranlassen, ihre Schlafbäume selbst zu verlassen. Die Stadt scheint diese Maßnahme allerdings abzulehnen, wie Dezernentin Andrea Lehmann-Pedyna dieser Redaktion erklärte: „Die Situation im Wohngebiet Fliesteden haben sich meine zuständigen Mitarbeiter angesehen und stehen den betroffenen Anwohnern sowie der Ortsbürgermeisterin im Rahmen der Möglichkeiten zur Seite. Für die Kreisstadt Bergheim stellt sich die Situation auch als problematisch dar. Demnach entwickeln wir bereits Gegenmaßnahmen, welche allerdings die Vögel weder bekämpfen noch vergrämen werden.“
„Sobald sie sich etabliert haben, ist es nahezu unmöglich, ihre Populationen wieder zu kontrollieren.“
Zu den bereits umgesetzten Maßnahmen zählen etwa tägliche Kontrollen des Bereiches, häufigere Reinigung, situative Maßnahmen je nach Verschmutzungsgrad und eine Erweiterung der Baumkontrolle. Es werde zudem geprüft, ob eine Installation von Sonnensegeln gegen den Vogelkot helfen kann. Die Bäume in Fliesteden nutzen die Vögel laut Lehmann-Pedyna nur als Schlafplätze, nicht als Brut- und Nistplätze.
Aktuell stehe der Halsbandsittich noch auf einer Grauen Liste, um seine Auswirkung auf andere Tiere zu beobachten. „Deutliche Hinweise, dass der Halsbandsittich heimische Arten bedroht oder für Menschen gefährlich werden könnte, gibt es derzeit nicht“, sagt die Dezernentin und erklärt, dass ein dezentrales Vorgehen gegen die Ansiedlung der Vögel aussichtslos sei. „Sobald sie sich etabliert haben, ist es nahezu unmöglich, ihre Populationen wieder zu kontrollieren.“ Die Ansiedlung von Halsbandsittichen sei insgesamt eine irreversible Entwicklung und menschliche Eingriffe verpufften.
Der NABU Rhein Erft schätzt die Bestände im Kreis als gering ein, sodass es nur in Einzelfällen zu Störungen komme. Dem Tierschutzverein sind Bestände in Pulheim, Brühl und in Wesseling bekannt. Sie lassen sich etwa im Schlosspark in Brühl oder am Otto-Maigler-See in Hürth beobachten. Dem NABU zufolge sollten die Vögel in Fliesteden mit der Zeit selbst verschwinden: „Die Halsbandsittiche ziehen sich nach Beendigung des Brutgeschäftes in der Regel wieder ins wärmere Köln zurück.“
In Pulheim ärgerten sich Anwohner über Saatkrähen
In Pulheim sorgte eine Saatkrähen-Kolonie am Gelände der Grundschule Sinthern/Geyen, der Kita „Kleine Strolche“ und in der Wohnsiedlung am Fasanenweg für Ärger. Der Umweltausschuss sprach sich zunächst für technische Möglichkeiten aus, um sich vor dem Kot der Vögel etwa mit Überdachungen oder Sonnensegeln zu schützen.
Die Untere Artenschutzbehörde des Rhein-Erft-Kreises stellte der Stadt anschließend eine Genehmigung in Aussicht, die streng geschützten Vögel vergrämen zu dürfen. Die Verwaltung bereitet eine Beschlussvorlage zum Thema vor, die am 24. September in den Umweltausschuss kommt.