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Alexander Hoffmann (CSU)Ein Weiter so führt uns in die Sackgasse

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Alexander Hoffmann, CSU-Landesgruppenvorsitzender im Bundestag

Alexander Hoffmann, CSU-Landesgruppenvorsitzender im Bundestag

Alexander Hoffmann ist Markus Söders rechte Hand in Berlin. Der CSU-Mann mahnt zur Geduld angesichts der ausbleibenden „Wirtschaftswende“. Auch beim Sprengkraft-Thema Rente hat er eine klare Meinung. Hält die Koalition dem Stand?

Herr Hoffmann, Sie waren in dieser Woche bei der Geburtstagsparty von Friedrich Merz. Ihr Parteichef Markus Söder soll etwas frech gewesen sein?

Es war eine Veranstaltung, die Friedrich Merz parteiübergreifend gewürdigt hat in diesen herausfordernden Zeiten. Und Markus Söder war Markus Söder: wertschätzend, humorig, unterhaltsam. Er ist immer ein Original.

Haben Sie die Gelegenheit genutzt, um die jungen Unionsabgeordneten vom Rentenpaket zu überzeugen?

Natürlich redet man am Rande ein bisschen politisch, aber da gibt es andere Formate, um mit den jüngeren Kollegen zu reden.

Das Rentenpaket soll zum 1. Januar in Kraft treten. Was, wenn es dafür keine Mehrheit im Bundestag gibt, die jungen Unionsabgeordneten also ernst machen?

Ich werbe dafür, dem Paket zuzustimmen. Wir haben doch in vielen Bereichen mittlerweile eine Gerechtigkeitsdebatte im Land. Und in dem Moment, wo es gelingt, ein Paket zu schnüren, wo für jeden etwas dabei ist, stellen wir Gerechtigkeit her. Mit der Frühstartrente haben wir etwas für die junge Generation im Paket. Wir haben die Aktivrente für die Älteren, die Lust haben, freiwillig länger zu arbeiten. Mit der Vollendung der Mütterrente schließen wir eine Gerechtigkeitslücke. Und wir haben die Haltelinie des Rentenniveaus als Zusage an die Leistungsträger, die gerade unser Land am Laufen halten.

Die Wirtschaftsweisen haben diese Woche noch einmal betont, dass sie das anders sehen...

Es kann aber doch keine Option sein, dass wir den Leistungsträgern im Land sagen, dass die Rentengarantie nur bis 2031 gilt. Dieses Leistungsversprechen müssen wir geben. Dass es darüber hinaus Strukturreformen braucht, um gerade nicht dauerhaft mit der Haltelinie in diesem Ausmaß stützen zu müssen, ist allen klar.

Könnte die Koalition an diesem Konflikt zerbrechen?

Nein. Wir stellen das Rentenpaket erst zur Abstimmung, wenn wir uns einig sind. Zeitdruck ist da ein schlechter Ratgeber.

Während der Weltklimakonferenz in Brasilien schaltet die schwarz-rote Koalition den Rückwärtsgang beim Klimaschutz ein. Heizungsgesetz und Verbrenner-Aus sollen weg, wenn es nach der CSU geht. Warum machen Sie das?

Das ist nicht der Rückwärtsgang, ganz im Gegenteil: Ein Weiter so führt uns im wahrsten Sinne des Wortes in die Sackgasse. Wir merken doch, dass die Leute die Klimapolitik, die wir von der Ampel geerbt haben, nicht akzeptieren. Das ist beim Thema Verbrenner so. Das ist beim Thema Heizungsgesetz so. Die Menschen stellen demokratische Prozesse zunehmend infrage. Zwei Dinge sind in der Klimapolitik entscheidend: Die Menschen müssen die Maßnahmen mittragen und andere Länder müssen uns folgen. Wir allein werden das Weltklima nicht retten. Es kommt darauf an, dass große Länder wie die USA, China und Indien uns folgen. Wenn wir auf dem Weg zur Klimaneutralität Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Deutschland kaputt machen und vor allem das große Standbein unserer Volkswirtschaft, nämlich die Automobilindustrie zerschlagen, auch die Zulieferer, wird uns das ganz sicher niemand nachmachen. Man darf ja nicht vergessen: Es ist nicht nur Bayern ein großer Automobilstandort, sondern wir haben Baden-Württemberg, wo ein grüner Ministerpräsident mit derselben Auffassung ist. Wir haben Niedersachsen, wo ein SPD-Ministerpräsident exakt das mitträgt.

Bleiben wir beim Verbrenner-Aus. Was schlagen Sie vor?

Wir müssen wegkommen von diesem Kopf-durch-die-Wand-Modus, den vor allem die Grünen in all diese Themen reinbringen. Der Staat ist nicht der bessere Ingenieur, sondern wir sollten grundsätzlich bei den Autobauern das Vertrauen haben, dass sie auch in 20 Jahren noch erfolgreich Autos verkaufen wollen. Sie brauchen keinen Zeitplan von der Politik. Niemand von uns glaubt, dass ab 2035 keine Diesel mehr gebaut werden. Es geht nur um die Frage, wo auf der Welt? Und wo auf der Welt entstehen dann die Arbeitsplätze? Und deshalb werben wir sehr dafür, dass wir mit Technologieoffenheit den Autobauern so viele Spielräume geben, dass die Wertschöpfung bei uns in Deutschland bleiben kann. Deshalb wollen wir in Brüssel für diese Position eintreten.

Und beim Gebäudeenergiegesetz? Wenn sie jetzt die Förderung abwürgen, wird der Gebäudesektor doch nicht klimaneutral...

Es ist in Ordnung, dass wir zur Hinwendung zu einer neuen Technologie Anreize setzen. Aber das kann man auch technologieoffen machen. Das wird der entscheidende Schlüssel sein: kein faktischer Zwang zur Wärmepumpe! Die Menschen haben es als übergriffig empfunden, dass, ich sage jetzt mal, Robert Habeck in ihrem Keller auftaucht und ihnen erklärt, welche Heizung gut ist und welche böse ist. Es wird eine Förderkulisse geben, die wird aber breiter aufgefächert sein, damit die Menschen am Schluss selbst die Entscheidung treffen können.

Sind diese Maßnahmen entscheidend für die „Wirtschaftswende?“

Es war von Anfang an klar, es wird nicht die eine Maßnahme geben, die alles zum Besseren wendet. Sondern, dass es eine Kombination aus unterschiedlichen Maßnahmen braucht, die dann aufeinander aufbauen und dazu führen werden, dass sich die Stimmung im Land verbessert. Man muss ehrlicherweise sagen, wir haben ja auch schon Indikatoren, die in die richtige Richtung zeigen. Ich habe kürzlich aus dem Wirtschafts- und Finanzsektor vor allem gehört, dass die Prognose für Deutschland sehr gut ist, was die Frage angeht, hier zu investieren. Das war lange nicht so. Aber es bleibt ein Marathon und ist kein kurzer Sprint.

Sie haben sich auf einen Industriestrompreis geeinigt, eine weitere teure Subvention. Ist das das richtige Instrument?

Eindeutig ja, denn mit dem Industriestrompreis entlasten wir die energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, und geben ihnen Planungssicherheit. Deutschland ist ein Industrieland, das ist die Basis unseres Wohlstands. Wenn wir dieses Pfund aus der Hand geben würden, weil unser Standort nicht mehr wettbewerbsfähig ist, dann hätten wir bald ganz andere Debatten. Neben dem Industriestrompreis haben wir in dieser Woche mit dem neuen Wehrdienstgesetz, der Kraftwerksstrategie und der Senkung der Luftverkehrsteuer weitere wichtige Entscheidungen zur Stärkung unseres Landes getroffen. Das zeigt: Wir nehmen gezielt Geld in die Hand, um Arbeitsplätze zu sichern und Steuereinnahmen zu generieren.

Ein ganz anderes Thema, das das Land bewegt: Bundespräsident Steinmeier hat in seiner Rede zum 9. November ziemlich direkt zu einem Verbotsverfahren gegen die AfD geraten. Hat er Sie überzeugt?

Ich bin überrascht gewesen von dieser Aussage des Bundespräsidenten. Über den Zeitpunkt und über den Inhalt. Ein Bundespräsident hat die Aufgabe, unserer Verfassung Ausdruck zu verleihen und das Land zusammenzuführen. Wenn ich sehe, was es für eine mediale Diskussion um diese Aussage des Bundespräsidenten gibt, stelle ich fest, dass ihm das in dieser Debatte nicht gelungen ist. Die AfD inszeniert sich als Märtyrer, die Verbots-Diskussion macht sie groß, nicht klein.

Aber die Verfassung sieht ein Parteienverbot ja explizit vor. Und ist es nicht Steinmeiers Aufgabe, Debatten anzustoßen, wenn er sie für notwendig hält?

Ich halte die AfD für gefährlich für unser Land und für unsere Demokratie. Aber es wird immer so getan, als sei der Rechtsstaat wehrlos. Der Rechtsstaat handelt. Er hat mehrere AfD-Landesverbände als rechtsextrem eingestuft, die Partei wird beobachtet. Der Rechtsstaat arbeitet also, auch ohne, dass es diese Debatte braucht, die die AfD nur stark macht. Aber die Hürden für ein Verbot liegen sehr hoch. Wir müssen die AfD politisch bekämpfen, in dem wir die Probleme lösen, die die Menschen bewegen.