Interview des TagesWie geht es jetzt weiter mit Holz, Gas und Strom?

Lesezeit 5 Minuten
Wie geht es weiter in Sachen Heizung?

Wie geht es weiter in Sachen Heizung?

Das Heizungsgesetz kommt, aber die Diskussionen um das Heizen bleiben. SPD-Fraktionsvize und Energie-Experte Matthias Miersch verteidigt Holzpellets gegen Wärmepumpen – und will die niedrige Mehrwertsteuer auf Gas noch beibehalten.

Das sogenannte Heizungsgesetz wurde am 8. September im Bundestag beschlossen. Mehr als einen Monat danach wird auch noch bei den Ampelparteien darüber diskutiert, wie viel Fördergelder es für welche Heizungen geben sollte. Sind Holzheizungen eine klimafreundliche Alternative zur Wärmepumpe? Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvize im Bundestag, spricht darüber mit Tobias Schmidt.

Herr Miersch, das lange umstrittene Heizungsgesetz ist beschlossen, aber wer wie viel Geld vom Staat für welche neue Heizung bekommt, das ist noch immer offen. Was ist da los?

Es gibt noch Diskussionsbedarf. In den intensiven parlamentarischen Beratungen zum Heizungsgesetz haben wir nachträglich Technologieoffenheit verankert. Holz und Pellets gehören jetzt ebenso zu erneuerbaren Heizenergien wie die Wärmepumpe. Das Wirtschaftsministerium will Pelletheizungen aber nach wie vor nicht gleichberechtigt fördern, sondern setzt bei der Förderung insbesondere wieder auf Wärmepumpen. Die Fraktionen von SPD und auch der FDP wollen eine Gleichbehandlung erreichen – so wie es vereinbart war.

Alles zum Thema Deutscher Bundestag

Beim Verfeuern von Pellets entweicht klimaschädliches CO2. Warum sollten solche Heizungen mit viel Steuergeld gefördert werden?

Im nachwachsenden Holz wird das CO2 wieder gebunden. Entscheidend ist auch: Wir sind mit dem Heizungsgesetz auf ein gewaltiges Akzeptanzproblem gestoßen. Und gerade in ländlichen, waldreichen Regionen Deutschlands wird viel mit Holz und Pellets geheizt. Das wird dort eine adäquate Alternative zu Wärmepumpen sein. Daher ist es notwendig und folgerichtig, dass auch die Anschaffung einer neuen Pelletheizung gefördert wird, auch wenn die Häuser oder Wohnungen ausschließlich damit geheizt werden. Die Pflicht zur Kombination mit beispielsweise Solarthermie muss deshalb entfallen.

Die Förderung neuer Holzheizungen könnte die Preise für Holz und Pellets in die Höhe treiben. Wer damit heizt, säße in der Kostenfalle…

Stimmt, wir können Preise nicht politisch festlegen und haben auch keine Glaskugel. Holz kann ein preiswerter Rohstoff bleiben. Was sicherlich nicht Sinn der Sache ist, Holz von weither zu importieren, um es hier zu verfeuern. Sollte sich diese Tendenz abzeichnen, müssten wir gegensteuern. Wir werden das genau beobachten.

Energieberater warnen, bei der geplanten Förderung könnten einzelne Haushalte weniger Geld erhalten als nach derzeitiger Rechtslage. Was ist da dran?

Der Staat wird den Heizungstausch mit bis zu 75 Prozent bezuschussen. Allerdings werden die anrechenbaren Investitionskosten auf maximal 30000 Euro begrenzt. Damit ergibt sich ein Höchstförderbetrag von 22500 Euro – nur für die Heizung wohlgemerkt. Das ist sinnvoll, denn das deckt die durchschnittlichen Mehrkosten, um eine Heizung mit Totalschaden durch eine nicht fossile Heizung zu ersetzen. Ohne Förderdeckel bestünde die Gefahr, dass die Kosten etwa für Wärmepumpen durch die Decke schießen. Zudem stellen wir die Förderung deutlich breiter auf. So gibt es für Haushalte mit Einkommen von bis zu 90000 Euro zusätzlich zinsverbilligte Kredite für die Sanierung der Gebäudehülle.

Hört sich trotzdem so an, als könnte es noch die eine oder andere böse Überraschung geben…

Wir sind nicht am Ende der Wärmewende angelangt, wir starten, und das ist eine große Leistung. Wir wollen bis 2045 klimaneutral sein. In knapp zwanzig Jahren darf es keine fossile Heizung mehr geben. Das ist eine riesige Herausforderung. Und es wurde ein Monitoring vereinbart, um je nach Marktentwicklung bei der Förderung nachzujustieren. Wichtig ist: Wir gehen das jetzt an – dazu haben wir diese Woche auch das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung in den Bundestag eingebracht. Wenn die kommunale Wärmeplanung vor Ort steht, weiß jeder Bürger, was seine Gemeinde plant und wie er klimaneutral heizen kann.

Abzusehen ist, dass Gas zum 1. Januar deutlich teurer werden wird. Das Ampel-Kabinett hat eine Rückkehr zur vollen Mehrwertsteuer vereinbart. Das dürfte für viele Haushalte bitter werden, oder?

Zurück von 7 auf 19 Prozent Mehrwertsteuer für Gas mitten in der Heizperiode stellt ein großes Problem dar. Ich plädiere dafür, die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Wärme mit den Energiepreisbremsen zu synchronisieren. Wir sollten den geringeren Mehrwertsteuersatz für Wärme bis zum geplanten Auslaufen der Energiepreisbremsen beibehalten, also bis April kommenden Jahres.

Dann würden dem Staat Einnahmen von 2,2 Milliarden Euro entgehen…

Wir haben es im vergangenen Winter geschafft, durch die Abfederung der Energiepreise massive Verwerfungen in der Gesellschaft zu verhindern. Das muss uns auch in diesem Winter gelingen. Und deswegen sollte das Geld dafür mobilisiert werden. Das sehe nicht nur ich so, sondern sicher auch weite Teile der Fraktion.

Bleibt dann noch Geld, um den Strom für die Industrie zu verbilligen?

Ich bin guter Hoffnung, dass wir bis zum Abschluss der Haushaltsberatungen im November die Einigung zur Einführung eines Brückenstrompreises für die Industrie hinbekommen. Wir haben jetzt lange genug beraten. Wir nehmen die Bedenken von Kanzler Olaf Scholz ernst, aber auch die SPD-Fraktion will keinen Industriestrompreis für die Ewigkeit, sondern für einige Jahre. Es macht auch Sinn, die Erstattung von Stromkosten an Maßnahmen zur Effizienzsteigerung oder zum Umstieg auf erneuerbare Energien zu knüpfen. Auch die Frage der Standortsicherung spielt eine Rolle. Offen sind wir zudem für Entlastungen durch eine Senkung der Stromsteuer, wie es die FDP vorschlägt. Es braucht ein Gesamtpaket, das all diese Dinge berücksichtigt. So schnell wie möglich, denn die Wirtschaft braucht Planungssicherheit.


Ihre Meinung

Was meinen Sie?

Wird das neue Heizungsgesetz in der Praxis

umsetzbar sein? Bitte schreiben Sie uns:

dialog@kr-redaktion.de, Kölnische Rundschau,

Leserbriefe, Postfach 102145, 50461 Köln

Rundschau abonnieren