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Restaurantkritik in KölnIm Toki fällt es schwer, Kritik zu üben

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Geschäftsführerin Kazumi Wickenkamp und Küchenchef Hideyuki Takahashi begrüßen ihre Gäste im Toki.

Geschäftsführerin Kazumi Wickenkamp und Küchenchef Hideyuki Takahashi begrüßen ihre Gäste im Toki.

Das Toki ist das erste Kaiseki-inspirierte Restaurant in Köln – Unser Autor Johannes Arens hat es getestet.

Auf der Suche nach den Feinheiten der japanischen Küche lohnt es sich, die allgegenwärtigen Ramen-Bars und Sushi-Restaurants einmal hinter sich zu lassen. In zweiter Reihe, hinter dem Steigenberger Hotel, hat im Mai mit dem Toki das nach eigenen Angaben erste Kaiseki-inspirierte Restaurant in Köln eröffnet. Es zeichnet ein differenzierteres Bild der kulinarischen Traditionen des aus 14.125 Inseln bestehenden Landes.

Durch die Lage im Souterrain, ein paar Stufen hinab, bleibt der Trubel der Stadt draußen und man findet sich in einem elegant eingerichteten Restaurant mit Holzmöbeln, die in ihrer Klarheit sowohl an japanisches als auch an skandinavisches Design der 1970er Jahre erinnern.

Als Kaiseki bezeichnet man die leichten Speisen, die ursprünglich während der Teezeremonie gereicht wurden. „Herbst Omakase“ steht auf der übersichtlichen Karte. Der Name ist Programm, denn Omakase bedeutet übersetzt etwa „ich überlasse es dir“ – also dem Koch oder der Köchin.

Wählen kann man lediglich das Hauptgericht (Fisch oder Fleisch) und zwischen fünf oder sieben Gängen.

Toki in Köln: Fünf oder sieben Gänge stehen zur Wahl

Nimmt man das kleine Menü, so gibt es eine Auswahl kleiner Vorspeisen, Sashimi, Sushi, den Hauptgang und ein Dessert. Bei den sieben Gängen kommen noch eine Suppe mit Garnelenklösschen und gegrillter Aal hinzu.

Die Vorspeisen bestehen jetzt im Herbst aus einer Auster (Royal Nr. 3), rosa gebratenem Rinderfilet mit süßem Sesamdip und einem Würfel aus geschmeidigem Mais-Tofu. Ein gelungener Auftakt. Weiter geht es mit dem Sashimi, also rohem Fisch in bester Qualität. Die Auswahl ist klassisch – zarter, heller Thunfischbauch (Otoro), Gelbschwanzmakrele (Hamachi) und Wolfsbarsch. Hier wird zum ersten Mal deutlich, worum es in der japanischen Küche geht – um den Eigengeschmack von einzelnen Zutaten.

Das Restaurant ist mit seinen Holzmöbeln elegant eingerichtet.

Das Restaurant ist mit seinen Holzmöbeln elegant eingerichtet.

Dieser Grundsatz gilt auch für das nachfolgende Nigiri-Sushi mit Thunfisch, Hamachi und Rotbarsch. Dazu wird Ponzu gereicht, eine Sojasoße mit Zitrusnoten, und Wasabi. Letzterer ist frischer japanischer Wassermeerrettich und nicht die vielerorts übliche Mischung aus Kren, Senföl und Speisefarbe. Die in fließendem Wasser gezüchtete Wurzel wird geschickt mit dem Messer vorbereitet, gerieben und punktgenau mit spitzen langen Stäbchen platziert. Wasabi soll keinesfalls durch die Nase steigen, sondern vielmehr den Geschmack des Fischs ergänzen. Einmal mehr zählt die Balance.

Nach zwei butterweich gegarten Stückchen Oktopus als Hashi-yasume, was so viel bedeutet wie die „Pause für die Stäbchen“, geht es weiter mit dem Hauptgang.

Diese Wahlmöglichkeit ist vermutlich die größte Konzession an das deutsche Publikum. Während im traditionellen Kaiseki üblicherweise noch einmal Fisch serviert wird, kann man sich im Toki auch für eine Kombination aus Wagyu Querrippe (in A5, also der höchsten Qualitätsstufe des japanischen Luxusrinds) und einem Ragout von der Zunge entscheiden.

Fleisch oder Fisch, so kann man denn auch hier beobachten, ist nach wie vor eine Genderfrage. Aber auch beim Rind bleibt die Küche bei der Prämisse, dass die Hauptzutat an sich zu schmecken sein muss. Also keine über Stunden intensivierte Jus, wie man sie aus der französischen Küche kennt, sondern eine leichte Soße, die den Eigengeschmack des Muskels gekonnt ergänzt, aber niemals übertönt.

Bleibt's hingegen beim Fisch, gibt es noch einmal Sushi. Wiederum Nigiri und wiederum Thunfisch, allerdings diesmal Chutoro, aus dem weniger fetten, hinteren Teil des Bauchs. Außerdem Jakobmuschel und Garnele und ein paar Tekka-Maki-Rollen, gefüllt mit rohem Thunfisch, auf dessen Farbe sich die Bezeichnung „tekka“ für „glühendes Rot“ bezieht. Star des Arrangements sind aber die orangegelben Gonaden des Seeigels, den essbaren Teilen des Stachelhäuters. Sie schmecken süßlich, nach Meer und lassen an Bergamotte denken. Serviert werden sie im violetten Panzer des Tiers, mit ein wenig geknetetem Reis und leuchtendem Lachsrogen.

Überhaupt spielen Farben eine große Rolle, in der sorgsamen Ausgarnierung der einzelnen Gerichte, aber auch in den verwendeten Schalen, Tellern und Platten, denn die anerkennende Bewunderung des Geschirrs ist ein elementarer Teil des Kaiseki.

Es bleibt schwer, Kritik zu üben

Abgerundet wird das Menü zu guter Letzt durch ein graues Eis aus schwarzem Sesam, ein ebenso schlichter wie aromatisch überzeugender Abschluss. Das Weingelee mit Früchten und die Vanillecreme hätte es hier gar nicht gebraucht, denn auch in diesem Fall kann die Hauptzutat für sich sprechen.

Alles in allem bleibt es schwer, bei so viel Sorgfalt und Detailfreude, Kritik zu üben. Das Essen ist gut und der Service ist freundlich und aufmerksam. Die alkoholische Getränkebegleitung ist mit 13 Euro pro Glas (0,1 l) nicht unbedingt preiswert, hat aber den Vorteil, dass man problemlos auch mal einen Gang aussetzen kann, um die angemessene Contenance zu behalten. Denn der eloquente Sommelier erklärt nicht nur den Wein (Elsass, Mosel, Côte du Rhône zum Fleisch), sondern auch die alternative Sake-Begleitung, einem aus Reis gebrauten Getränk. Dieses wird, jenseits jeglicher Folklore, ebenfalls im Weinglas serviert. Je nach Herkunftsregion begeistert es durch Nuancen von gelben oder roten Früchten, seine Farbe (rosé durch schwarzen und weißen Reis) und kräftige Umami-Noten.

Bleibt also noch die Frage nach der Nachhaltigkeit, die in diesen Zeiten immer auch auf dem Teller liegt – ob uns das gefällt oder nicht. Denn bei aller Delikatesse der Speisen, muss man sich fragen, ob der Fokus auf Thunfisch noch zeitgemäß ist. Er ist gewiss ein Fixpunkt der traditionellen japanischen Hochküche, aber inzwischen ist die weltweite Nachfrage so hoch, dass die oft vor der Geschlechtsreife gefangenen Tiere in nicht allzuferner Zukunft auszusterben drohen. Ähnliches gilt übrigens für den Aal. Diese Frage wird jeder Gast für sich selbst beantworten müssen. Wie beim Fleischkonsum geht es um die Frequenz und die Menge. Das Toki ist ein exquisites Restaurant im besten Sinne des Wortes, kein Ort, an den man „oft“ gehen wird. Vielleicht lässt sich ja an anderer Stelle verzichten.

TOKI, Händelstraße 51, 50674 Köln (Innenstadt)

5 Gänge 126 Euro7 Gänge 159 Euroà la Carte -Gerichte ab 15 Euro, ausschließlich Di-Do abendsLunch, Fr-Sa ab 12 Uhr, letzter Einlass um 13.30 UhrMenü am Abend, Di-Sa ab 18 Uhr, letzter Einlass um 21.00 Uhr


Der Kritiker

Johannes J. Arens ist Journalist und Autor mit kulinarisch-gastronomischem Fokus. Er studierte Design in Maastricht und Volkskunde in Bonn und lebt nach Jahren in Amsterdam und Berlin seit 2016 in Köln.