Kunst im QuadratDie Bläck Fööss und ihre Plattencover

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Bläck Föös12

Die Kölner Karnevalsband Bläck Fööss mit Leadsänger Mirko Bäumer.

  • Zur Zeit von Musik-Streamingdiensten und YouTube haben Plattencover heutzutagenur noch wenig Bedeutung.
  • Doch das war früher anders.
  • Wir gehen zusammen mit den Bläc Fööss auf eine Erinnerungsreise.

Köln – Die Kunst kann mitunter ebenso verwirrend sein wie die Entwicklung einer Großstadt. Als die Bläck Fööss 1977 den Probedruck des Plattencovers für ihr Werk „Links eröm, rächs eröm“ in den Händen hielten, mussten sie erst schmunzeln und dann die Richtung neu vorgeben. Denn auf dem nach rechts deutenden Pfeil sollte links stehen und umgekehrt. „Die Plattenfirma hatte den vermeintlichen Fehler korrigiert. Aber wir hatten es genau so gemeint“, erinnert sich Fööss-Gründungsmitglied Hartmut Priess. Der Band ging es schlicht um die Frage, in welche Richtung sich ihre Stadt bewegt.

In ihrer Findungsphase hatten die Fööss zu Beginn der 1970er Jahre noch die eigenen Köpfe für die Plattenhüllen hingehalten. Allerdings durften auf Anraten der Plattenfirma nur drei Musiker zu sehen sein: Peter Schütten, Tommy Engel und Erry Stoklosa dienten bei den Alben „Mer losse d’r Dom in Kölle“ und auch bei „Op Bläcke Fööss noh Kölle“ als Gesichter der Band. „Viele Deutsche konnten damals alle elf Helden der Weltmeisterelf von Bern runterbeten. Aber man hatte ihnen nicht zugetraut, sich sechs Musiker merken zu können“, kommentiert Priess lakonisch den musikalischen Zeitgeist. Vorbild waren wie so oft die Beatles. Vier Musiker, vier Gesichter, fertig.

Plattencover waren früher noch Statements

Plattencover waren damals noch Statements, die Menschen gierten nach der Veröffentlichung neuer Lieder, die es eben noch nicht auf allen Kanälen im Internet gab. Und die Musiker nutzen diese Aufmerksamkeit, um ihre Botschaften oder ihr Selbstverständnis in künstlerischer Form in die Welt zu senden. „Die Musikszene stand Malern und anderen Künstlern oft sehr nahe. Bestes Beispiel sind die Rolling Stones, die Cover von Andy Warhol gestalten ließen. Die Bläck Fööss waren mit ihren Covern anderen Bands weit voraus“, urteilt Matthias Schumacher, Leiter des NRW-Musikarchivs.

Fööss-Fakten

9 Cover hat der Werbedesigner Paul Schneider für die Bläck Fööss gestaltet, so viele wie niemand sonst. Schneider starb vor zwei Jahren im Alter von 87 Jahren.

40 Alben sind bislang von den Fööss erschienen, hinzu kommen  47 Singles. Die Single „Männer“ , eine heitere Version des Grönemeyer-Hits, hielt sich 1989 insgesamt ganze 17 Wochen in den Charts.  „Links eröm, rächs eröm“ verkaufte sich mehr als 250 000 Mal, dafür gab es auch die Goldene Schallplatte. 

1989 ist mit „Bläck Fööss  & Fründe“ letztmals ein Album der Band als Schallplatte gepresst worden.  Anschließend setzte sich die CD  durch. (tho)

Nachdem die ersten Alben noch bei BASF erschienen waren, wechselten die Fööss zur EMI, die zur Gestaltung der Cover ihre eigene Kreativabteilung ins Rennen schickte. Doch auch die Fööss nahmen großen Einfluss. Der Werbegrafiker Paul Schneider hatte einige Konzerte der Fööss besucht und anschließend die Zusammenarbeit angeboten. In den folgenden Jahren schuf er gleich mehrere Cover in kindlicher Wimmelbildmanier. „Die Bilder waren stets die Verlängerung unserer Lieder“, erklärt Priess. Nicht nur bei „Mer han ’nen Deckel“ verstecken sich zahlreiche comichaft gezeichnete Figuren aus den Liedern auf dem Umschlag der Platte. Stadtdirektor Kurt Rossa sieht sich Auge in Auge mit dem Stadtindianer gegenüber, eine Anspielung auf das Lied „Weia o weia“, in dem schon damals die Gentrifizierung der Veedel besungen wurde.

„Mir klääve am Lääve“

Die Alben waren jedoch mehr als 31,5 Zentimeter Kunst im Quadrat. Die Fööss hatten im Beiwerk nicht nur die Liedtexte abgedruckt, sondern stets ein Kölsch-Lexikon kreiert, in dem die besonders schwer verständlichen Begriffe ins Hochdeutsche übersetzt wurden. „Wir hatten ausgiebig den Wrede gewälzt“, erinnert sich Priess. Nach Paul Schneider gewann Charly Schade die Gunst der Band, Tommy Engel hatte den Kontakt hergestellt. Schade etablierte den Pop-Art-Stil der Zeit auf den Covern, im Innenteil des aufklappbaren Albums „Mir klääve am Lääve“ treffen schwarz-weiß gehaltene Stadtimpressionen als Collage auf knallige Farben.

Bis in die jüngere Band-Geschichte nutzten die Fööss ihre Cover immer wieder mal als Hommage an berühmte Bands und deren Werke. Zum 20-jährigen Bestehen zitierten sie eines der berühmtesten Plattencover aller Zeiten: Sergeant Pepper von den Beatles. „Wir haben Tage für den Aufbau benötigt. EMI hat sich das richtig was kosten lassen“, erinnert sich Fööss-Manager Matthias Becker.

Erinnerungen an Pink Floyd

Die Backsteinmauer-Optik von „Mir klääve am Lääve“ erinnert ein wenig an Pink Floyd (Another Brick in the wall), das Foto-Cover des Live-Mitschnitts im Millowitsch-Theater (1989) gleicht in seiner Anmutung dem ersten Album der amerikanischen Rockband Crosby, Stills, Nash & Young. Auch die Anlehnung an das französische Revolutionsgemälde für das Album „Freiheit alaaf“ (2016), übrigens gestaltet von Erry Stoklosas Tochter, war nicht neu in der Musikgeschichte. Schon die Band Coldplay nutzte das Bild im Jahr 2008 für ihr Album „Viva la vida“.

Zuweilen hielt sich der Aufwand für die Cover auch in Grenzen. Für „Lück wie ich un du“ posierten die Musiker als Figuren ihrer Lieder, Erry Stoklosa grinste im weißen Kittel als Dr. Pillemann selig in die Kamera, Pianist Rolf Lammers mimte den schmierigen Büb aus Monis Bierbar und Bömmel Lückerath und Hartmut Priess spielen gut geschminkt das Ehepaar aus „Wenn die Sonn schön schingk“.

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Als die Band im Jahr 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta eingeladen war und mit dem Auto durch die Straßen kurvten, zwang Matthias Becker den Fahrer plötzlich zu einer Vollbremsung. Denn gerade hatte er am Straßenrand ein Kino namens „Roxy“ entdeckt. Becker drückte auf den Auslöser, später zierte sein Foto das Roxy-Album.

Nicht immer waren alle Musiker glücklich mit solchen Schnellschüssen. Auf dem A-capella-Album sind die Musiker im Frack zu sehen – das Foto entstand bei der Aufnahme eines Musikvideos. „Wir sahen allerdings auch bei A-capella-Auftritten immer so aus, als gingen wir gerade zum Baumarkt. Es ist ein hervorragendes Foto, aber ich bin etwas traurig über die Fräcke“, konstatiert Hartmut Priess und lächelt.

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