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Explosion in KölnSteht Anschlag im Zusammenhang mit dem Drogenkrieg?

Lesezeit 4 Minuten

Ein Bild der Zerstörung an dem Tatort.

Neue Eskalationsstufe im Kölner Drogenkrieg: Glasfront eines Restaurants in Kalk vollkommen zersplittert. 

Eine Anwohnerin dachte an ein Gewitter, ihr Ehemann ist durch den lauten Lärm eines kreisenden Hubschraubers wach geworden. In den sozialen Medien ist intensiv über einen lauten Knall im Rechtsrheinischen debattiert worden. Was war geschehen? Im Eingangsbereich eines Restaurants, unweit des Polizeipräsidiums, kam es in der Nacht zum Donnerstag zu einer Explosion. „Durch die Wucht der Explosion im Eingangsbereich, zerbarsten die Fensterscheiben und Stühle wurden auf den Gehweg vor dem Lokal geschleudert“, sagte ein Polizeisprecher. Die Glasfront des Lokals ist vollständig zersplittert. Der Tatort wurde weiträumig abgesperrt.

Racheaktionen befürchtet

Wie sich die Bilder gleichen. Im Sommer 2024 kam es zu mehreren Explosionen im sogenannten Drogenkrieg und oft sah es dabei so aus, wie in der Nacht zum Donnerstag in Kalk. Noch ist nicht geklärt, was die Hintergründe der neuerlichen Explosion sind. Doch der Tatort ist vermutlich nicht zufällig ausgewählt worden – es gibt offenbar Verbindungen in den so genannten Drogenkrieg, der aktuell vor dem Landgericht verhandelt wird. Die Ermittler befürchten, dass es in den kommenden Tagen Racheaktionen aus der kriminellen Szene geben könnte und die Auseinandersetzungen wieder an Intensität zunehmen. In den vergangenen Monaten war es gerade etwas ruhiger geworden in der Explosionsserie.

Restaurantbesitzer wird befragt

Auch die Kölner Staatsanwaltschaft geht nicht von einem Unfall oder Defekt aus, sondern von einer vorsätzlichen Tat, sagte der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Donnerstagnachmittag. Es würden Verbindungen in den Drogenkrieg geprüft. Wie die Rundschau erfuhr, kam es in dem Lokal im vergangenen Jahr mehrfach zu Treffen von Mitgliedern einer Drogenbande, die in den Ermittlungen in dem Gesamtkomplex eine Rolle spielen. Nach Rundschau-Informationen ist der Restaurantbesitzer der Vater des Chefs (23) einer Drogenbande. Dieser Bande war im vergangenen Sommer eine Menge von 350 Kilo Cannabis entwendet worden, was Folterungen, Entführungen und Explosionen zur Folge hatte. Welche Rolle der Vater in dem Gesamtkomplex einnimmt, ist nicht bekannt. Die Polizei äußerte sich dazu am Donnerstag nicht. Der Vater wurde mit ins Präsidium genommen und dort befragt.

Die Polizei untersucht den Tatort

Nach Angaben von Mitarbeitern des Restaurant gibt es in dem Lokal eine umfangreiche Videoüberwachung. Sollte es Bilder geben, könnten sie in den kommenden Tagen von den Ermittlungsbehörden zu einer Öffentlichkeitsfahndung freigegeben werden. Zum Zeitpunkt der Explosion war laut Polizei niemand in dem kurdisch-türkischen Lokal. Staatsanwaltschaft und Polizei rufen Menschen, die Hinweise zur Explosion geben können, dazu auf, sich bei den Ermittlungsbehörden zu melden. Aktuell suchen die Ermittler zwei Männer, die von Augenzeugen dabei beobachtet worden sein sollen, wie sie kurz nach dem lauten Knall gegen 4.30 Uhr vom Tatort flüchteten. Ob es sich bei ihnen um Tatverdächtige oder aber um Zeugen handele, sei noch unklar.

Auslöser wohl Marihuana-Raub

Der Sohn (23) des Restaurantbetreibers, ein Deutsch-Iraker, war Ende vergangenen Jahres auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle festgenommen worden. Er befand sich gerade auf dem Rückweg aus Dubai. Seit Januar sitzt er in Deutschland in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft bereitet momentan die Anklage gegen die mutmaßliche „Schlüsselfigur“ (23) in den gewaltsamen Auseinandersetzungen vor. Derzeit laufen dazu drei Prozesse aus einem größerem Verfahrenskomplex vor dem Kölner Landgericht. In diesen Prozessen geht es um kriminelle Exzesse, wie sie Köln seit langem nicht gesehen hat. Auslöser ist wohl der Raub von 350 Kilogramm Marihuana. Diese Tat löste nach Erkenntnissen der Ermittler eine Gewaltspirale aus, bei der mehrere Sprengsätze explodierten und Häuser in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens beschossen wurden. In den Verfahren wurden bisher mehr als 1200 Asservate sichergestellt – darunter Schusswaffen, Drogen und Datenträger. Laut Staatsanwaltschaft wird gegen etwa 40 Beschuldigte ermittelt. 26 davon sitzen in Untersuchungshaft.

„Der Arbeitsaufwand ist weiterhin sehr hoch, zumal sich aus den Ermittlungen regelmäßig weitere Ermittlungsansätze ergeben“, betonte Bremer unlängst. Und durch die Detonation am frühen Donnerstagmorgen dürfte der Arbeitsaufwand der Ermittler nochmals erheblich ansteigen. Hinweise zu der Explosion in Kalk nimmt die Kölner Polizei unter Telefon 0221 229-0 an.