Hickhack um A3-BlitzerBezirksregierung: Nur „Härtefälle“ können auf Gnade hoffen

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Rund 435 000 Mal sind auf der A 3 am Dreieck Heumar Autofahrer bei fehlerhafter Beschilderung geblitzt worden.

Rund 435 000 Mal sind auf der A 3 am Dreieck Heumar Autofahrer bei fehlerhafter Beschilderung geblitzt worden.

Köln – Es ist nicht bekannt, in welchem Tempo Henriette Reker über die Flure des Rathauses eilte. Gesichert ist aber, dass die Oberbürgermeisterin schnellen Schrittes unterwegs war. Noch ein wenig außer Atem flüsterte Reker Stadtdirektor Stephan  Keller das Ergebnis  eines Telefonats mit Regierungspräsidentin  Gisela Walsken ins Ohr.

Dieser gab die Nachricht in der Sitzung des  Verwaltungsausschuss  gestern am späten Nachmittag sogleich an die Öffentlichkeit weiter: Die Bezirksregierung habe in Sachen Blitzer-Fiasko am Dreieck Heumar einem Vorschlag der Stadt zugestimmt, dass Betroffene ein „Gnadengesuch“ stellen können. Rechtliche Grundlage ist der nordrhein-westfälische Gnadenerlass aus dem Jahr 2012.

Klarstellung gegenüber städtischer Mitteilung

Das klang erstmal gut und  die Stadtverwaltung  freute sich, dass jetzt jedem der  rund 400 000 betroffenen Autofahrer Gerechtigkeit zu Teil werden könnte. Keller kündigte gleich ein Online-Formular an, mit dem das  das Gnadengesuch unkompliziert beantragt werden könne. Doch am Abend wurde es doch nochmal kompliziert. Die Bezirksregierung ließ  in den Redaktionen anrufen, um da was gegenüber der städtischen Mitteilung „klarzustellen.“

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Vor dem Gnadenerlass stünden hohe Hürden, es gehe um „Härtefälle“.  Als Beispiel nannte ein Sprecher ein Fahrverbot, das die Ausübung des Berufes verhindere. Auf die Frage, ob die Bezirksregierung nicht im Sinne der Gerechtigkeit  wohlwollend prüfen könne, hieß es: Man sei an den Wortlaut des Erlasses gebunden, es gehe um Härtefälle. Die Worte unkompliziert, und unbürokratisch fielen in der Klarstellung der  Bezirksregierung nicht. Ab heute Mittag, 12 Uhr, soll es eine telefonische Hotline geben. Die Nummer werde auf der Homepage der Bezirksregierung bekannt gegeben.

Vorschrift soll großzügig gehandhabt werden

Die harte Haltung der Bezirksregierung, die als „Gnadenbehörde“ Herrin des Verfahren ist, rief auch bei der Stadtverwaltung Verwunderung hervor. Stadtdirektor Keller zeigte sich auf Anfrage der Rundschau überrascht. Er votierte aber dafür, dass  die Bezirksregierung die Vorschrift großzügig auslegt. „Das gibt der Erlass her“, sagte Keller, der  selbst Jurist ist.   Die Haltung der Bezirksregierung verwundert umso mehr, da sie noch am Donnerstag  die Stadt bitten  wollte, das Geld zurückzuzahlen. Am Freitag stellte die Walsken-Behörde dann fest,dass das rechtlich nicht möglich sei.

Dazu kommt: eine Wiederaufnahme der Bußgeld-Verfahren ist rechtlich ohnehin möglich, wenn mehr als 250 Euro gezahlt wurden oder ein Fahrverbot erteilt wurde. Inwieweit ein Gnadenerlass dann eine Erleichterung für diejenigen darstellt, die unterhalb dieser Bagatellgrenze liegen, ließ die Bezirksregierung gestern Abend offen.

Es geht um 400 000 Fälle, in denen Autofahrer von Februar bis Dezember auf der A3 am Heumarer Dreieck  fälschlicherweise geblitzt wurden. Erlaubt war an dieser Stelle Tempo 80, die Anlage war auf 60 eingestellt. Die Bezirksregierung hatte die Stadt Köln darum gebeten, aber die Ausfahrt der  Baustelle nicht korrekt beschildert. Dort hätte nach Auffassung des Amtsgericht Köln ein weiteres Tempo-60-Schild stehen müssen. Da es fehlte, waren die Bußgeldbescheide rechtswidrig.

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