Wer bekommt hitzefrei? Angesichts der Temperaturen fordern Bildungsgewerkschaften deutschlandweit gültige Standards an Schulen.
Heiße Tage, klare RegelnBildungsgewerkschaften drängen auf klare Hitzeschutz-Vorgaben

Hitzefrei statt Wärmeschutz: Bildungsgewerkschaften kritisieren die unzureichenden Maßnahmen und fordern bundesweit einheitliche Regeln für Schulen. (Symbolbild)
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Bis zu 40 Grad werden in NRW in dieser Woche erwartet. Vielerorts sorgte der fehlende Wärmeschutz in den Schulgebäuden bereits am Montag für hitzefrei– so auch in Köln, wo viele Schülerinnen und Schüler nach der vierten Stunde nach Hause gehen konnten.
Bildungsgewerkschaften kritisieren diese kurzfristigen Reaktionen als unzureichend. Angesichts der zunehmenden Hitzeperioden fordern sie bundesweit nachhaltige Schutzmaßnahmen für Gesundheit und Wohlbefinden von Lernenden und Lehrkräften.
Gesundheitsschutz an Schulen soll einheitlich geregelt werden
Es soll „einheitliche Regelungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lernende und Beschäftigte an den Schulen geben“, sagte Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
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Neben der Modernisierung von Schulen etwa mit Gründächern und Sonnensegeln sei auch eine „flächendeckende Versorgung mit kostenlosem Trinkwasser“ für alle Kinder, Jugendlichen und Beschäftigten nötig, fuhr Bensinger-Stolze fort. Außerdem müssten Erste-Hilfe-Schulungen und Sicherheitsschulungen zum Umgang mit Hitze angeboten werden.
Kölner Klassenzimmer messen Extremtemperaturen
Der Chef des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, sieht die Schulträger in der Pflicht: Bestehende Schulbauten seien so auszustatten, „dass das Lernen möglichst auch bei hohen Außentemperaturen gewährleistet werden kann“.
In Köln sorgen ausgerechnet auch Schulneubauten in Köln mit extremen Temperaturen in den Klassenräumen immer wieder für Schlagzeilen. Im neuen Anbau des Genoveva-Gymnasiums in Köln-Mülheim beispielsweise, der vielleicht heißesten Schule Deutschlands, sollen laut Schulleiterin Susanne Gehlen bereits bis zu 52 Grad gemessen worden sein. „Oben im Neubau hatten wir regelmäßig über 45 Grad“, berichtete Gehlen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im vergangenen Sommer.

2024 demonstrierten Schülerinnen und Schüler des Genoveva-Gymnasiums gegen die Hitze-Situation. „Heißeste Schule“ und „Sind wir unsichtbar für euch?“ hatten die Lernenden auf Plakate geschrieben. (Archivbild)
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Besonders für die Oberstufe, die üblicherweise vom Hitzefrei ausgenommen ist, wird der häufige Unterrichtsausfall im Mülheimer Gymnasium zum Problem: „Wer jetzt gerade Abitur macht und den Stoff lernen möchte, für den ist das ein Nachteil“, sagte damals Ibrahim Ali, einer der Schülersprecher.
Stadt Köln will Hitzeschutz für Kinder verbessern
Als Schulträger wäre die Stadt Köln gefordert. Im vergangenen Jahr hatten sich die Schülerinnen und Schüler mit einer klaren Botschaft an Henriette Reker gewandt: „Liebe Frau Oberbürgermeisterin Reker, wir brauchen Hilfe.“
Im Rahmen ihres „Hitzeaktionsplans“ hat die Stadt Köln 2024 die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern erkannt und zur Verbesserung der Situation Gespräche mit Beschäftigten in städtischen Kindertagesstätten geführt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen konkrete Maßnahmen, einschließlich baulicher Anpassungen, entwickelt werden. Schulen wurden dabei zunächst nicht einbezogen.
Für Lehrpersonen an Kölner Schulen wurden im Rahmen des „Hitzeaktionsplans“ Informationsbroschüren und ein Maßnahmenkatalog bei Hitze erstellt.
Grüne fordern umfassendes Maßnahmenpaket zum Hitzeschutz
Auch in der Bundespolitik ist der Hitzeschutz ein aktuelles Thema. Die Grünen forderten die Bundesregierung am Dienstag in einem Fraktionsbeschluss zu mehr Unterstützung bei der hitzegerechten Umgestaltung von Kommunen, Krankenhäusern und Pflegeheimen auf.
Die Hitze sei auch ein soziales Problem: „Hitze trifft nicht alle gleich“, heißt es in dem Fraktionsbeschluss. Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge betonte in einem Beitrag auf der Plattform X ausdrücklich die Notwendigkeit eines besseren Hitzeschutzes in sozialen Einrichtungen wie Schulen und Kitas, aber auch in Pflegeheimen.
Gesetzlichen Wärmeschutz gibt es nur für Erwachsene
Im Gegensatz zu vielen Büros und anderen Arbeitsplätzen sind Schulräume nur selten mit Klimaanlagen ausgestattet. Dennoch gelten grundsätzlich auch hier gesetzliche Vorgaben, die im Arbeitsschutzrecht verankert sind.
Die Arbeitsstättenregel „ASR A3.5 Raumtemperatur“ verpflichtet Arbeitgeber, bei Erreichen einer Raumtemperatur von 26 Grad aktiv zu werden, ab einer Temperatur von 30 Grad sind Schutzmaßnahmen sogar verpflichtend. Ab 35 Grad Raumtemperatur gilt ein Arbeitsplatz als ungeeignet. Trotzdem kommt es in Schulen häufig zu hitzebedingtem Unterrichtsausfall, da es den Gebäuden häufig an geeigneten Mitteln zur Hitzereduzierung fehlt.
Die Regelungen zu Hitzefrei an Schulen sind in Deutschland Ländersache und daher bundesweit uneinheitlich. In NRW gilt eine Raumtemperatur von 27 Grad als Anhaltspunkt für eine mögliche Erteilung von Hitzefrei durch die Schulleitung. In zahlreichen Klassenräumen an Kölner Schulen war dieser Wert am Montag (30. Juni) bereits morgens erreicht. (vxr mit afp)