Hochleistungs-Endspurt bis AschermittwochMit Kasalla durch den Karneval
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Konfetti-Kasalla: Gitarrist Flo Peil schleudert bei "Kumm mer lääve" ein mit bunten Papierschnipsel gefülltes Handtuch über den Kopf.
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Köln – Schnuller. Große Knopfaugen. Pauline fährt heute auf den Tag genau fünf Monate auf der Achterbahn des Lebens. "Aff jeht die wilde Fahrt", ein Lied also auch für den ersten Fan des Tages, der mit seiner Mutter Claudia im Backstage-Bereich des Kaufhofs an der Hohe Straße mit den Jungs von Kasalla auf Tuchfühlung geht - ganz gelassen.
Das ändert sich schnell zwischen Nagelscheren-Vitrine und Kosmetikartikeln. Dort stürmen nach dem Auftritt auf der Kaufhof-Bühne lautstarke Teenie-Fans, Autogramm- und Selfie-Jäger auf Bastian Campmann (37), Flo Peil (35), Sebi Wagner (33), Rene "Ena" Schwiers (35) und Nils Plum (30) ein. Sie sind sowas wie die Boygroup des Karnevals und kommen kaum zurück in den abgesperrten Bereich.
Irgendwann ist es geschafft. Im Kasalla-Bus geht es nach Mülheim. Flo fährt. "Eropp jeiht langsam, eraff jeiht et flöck." Kasalla hat den ersten Teil dieses Achterbahn-Gesetzes auf den Kopf gestellt. In der dritten Session sind sie längst in der Top-Liga der Karnevals-Bands angekommen. Mit "Alle Jläser huh" haben sie beim Wettbewerb "Loss mer singe" in jeder Kneipe gesiegt - das hat bisher nur Tommy Engel mit "Du bes Kölle" geschafft.
"Das ist schon schräg", sagt Basti Campmann während es an der Lanxess-Arena vorbei geht. Schräg? ",Du bes Kölle' ist schließlich eine Hymne. In diesen Sphären sehen wir uns noch gar nicht", sagt der Sänger. Woran liegt's, dass das Lied, in dem "op die Liebe, op et Lävve, op die Freiheit und d'r Dud" angestoßen wird, so erfolgreich ist? "Vielleicht an dem Spannungsfeld zwischen Partymusik und tieferer Textebene", sinniert Bastian Campmann, wirft anschließend einen Blick auf den Laptop und zählt: "Noch 48 Auftritte bis Dienstag." Hunderte liegen bereits hinter den Musikern.
Mit Nummer 48 beginnt der Hochleistungs-Endspurt bis Aschermittwoch in der Mülheimer Stadthalle. Laut Siegfried Saarschmidt, Präsident der KG Müllemer Junge, warten 1000 Kinder, 350 aus sozialen Brennpunkten und 20 Flüchtlingskinder, auf Kasalla. Sebi Wagner will noch schnell seine Bass-Gitarre mit einem Luftballon verzieren. Vergeblich. Er muss auf die Bühne. Keine Minute dauert es und von der Band ist im Gewaber der kleinen Frösche, Cowboys und Feen nichts mehr zu erkennen. Zu "Aff jeht die wilde Fahrt" zieht eine lange Polonaise durch den Saal - Sebi Wagner vorne weg, der das sichtlich genießt. Schlagzeuger Nils Plum muss kurz darauf seine Sticks abgeben. Die Kinder übernehmen das Schlagzeug. Bastian Campmann sieht's und kann vor Lachen kaum noch Singen. "Kindersitzungen sind etwas ganz besonderes", sagt Gitarrist Flo Peil später. Auch weil Kasalla sie dazu machen. Die Kinder sind begeistert und belagern die Fünf für Autogramme und Selfies. Weil der nächste Auftritt abgesagt wurde, bleibt dafür mehr Zeit. Die acht Jahre alten Mädchen Leyla und Maliza profitieren davon. Fünf Unterschriften zieren ihre Unterarme, die Augen strahlen.
Abends in Frechen sind die Fans reifer, die Szenen ähneln sich. Selfies und Autogramme vor und nach dem Auftritt. Kasalla rockt wieder den Saal, so sehr, dass der Sitzungspräsident die Feiernden bittet, von den Tischen zu steigen, um sich nicht zu verletzten.
"Met Volljas en de nächste Kurv" geht es zwar nicht wörtlich, aber zügig zum Heumarkt. Auftritts-Countdown 46. Ein besonderer Auftritt. Im Maritim steigt die Sitzung des 1. FC Köln. Mitternacht ist gerade rum und Bastian singt mit Flo und Nils noch schnell ein "Happy Birthday" für seine Frau ins Handy. Als Hintergrundchor die Höhner, die das auf der Bühne mit den Menschen im Saal für FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle singen. Die Höhner gehen ab, Kasalla kommt. Als "Grande Finale" vom Präsidenten angekündigt, halten sie dessen Versprechen. Auch weil "Us der Stadt met K" aus dem gleichnamigen, gerade vorgestellten Album mit dem "Schalalala" zur Fußball-Hymne taugt. "Aff jeht die wilde Fahrt" ist auch auf der CD.
Für den Abend ist die Fahrt vorbei. Es geht ins Bett, die nächsten Tage werden hart. "Wir haben schon einen tollen Job", sagt Flo Peil trotz der Anstrengungen. Den gleichen Satz hatte Keyboarder Ena Schwiers nach der Kindersitzung gesagt. Auf- und abseits der Bühne lassen sie das ihre Fans spüren - herzlich und unkompliziert im Umgang. "Un se hält net an!" Zu wünschen wäre das der Kasalla-Achterbahn. Dann könnte Pauline irgendwann vielleicht zu Kasalla-Klängen Karneval feiern, sich ein Autogramm holen und ein Selfie machen. Ohne Schnuller.