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Karneval in KölnGastronomin fordert Fünf- oder Zehn-Jahres-Plan für Zülpicher Straße

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Die Eingänge zur Zülpicher Straße mussten am Elften Elften zwischenzeitlich geschlossen werden.

Die Eingänge zur Zülpicher Straße mussten am Elften Elften zwischenzeitlich geschlossen werden.

Neben der Feierzone rund um die Zülpicher Straße war es auch in der Südstadt rappelvoll – mit den üblichen Begleiterscheinungen.

Maureen Wolf verfolgte das jecke Treiben am Dienstag aus dem Kult-Lokal „Bei Oma Kleinmann“, wo traditionell Stammgäste mit vorab gekauften Tickets feierten. Gemeinsam mit ihrem Team sorgte sie wie bereits an Weiberfastnacht für den kulturellen Höhepunkt auf der Partymeile: ein Ständchen des Trompeterkorps der Kölner Ratsbläser. „Das kam super an.“ Im Verlauf des Tages beobachtete sie auf der gut gefüllten Straße eine friedliche Stimmung, die am Nachmittag mit steigendem Alkohol-Pegel etwas gekippt sei. Auffällig sei ein hoher Drogenkonsum gewesen, aber auch fehlende Toiletten. „Junge Frauen haben weinend und völlig verzweifelt mit Geldscheinen gewedelt“, sagt Wolf, die außerdem Vorstandsmitglied der IG Gastro ist. Die Toilettenwagen auf der Roonstraße und vor der Kneipe „Der Stiefel“ waren völlig überlastet.

Vor dem Elften Elften hatte die Stadt prognostiziert, die Strahlkraft der Zülpicher Straße bei den jungen Feiernden nehme ab. Über die Einschätzung sagt Wolf: „Das stimmt einfach nicht.“ Das großräumige Sperrkonzept und die verkleinerte Fläche auf der Uniwiese könnten nicht die Lösung sein. Was fehle, sei eine klare Idee der Stadt, wie die Menschenmassen, die Jahr für Jahr in das Veedel schwappen, unter Kontrolle gebracht werden können. Als die Einlässe zur Zülpicher Straße mittags erstmals gesperrt wurde, habe es viele Feiernde gegeben, die ziellos rund um das Viertel marschierten. Ihre Forderungen decken sich mit denen vieler Kolleginnen und Kollegen aus der Gastronomie. „Die Stadt sollte sich eine Stabsstelle Karneval leisten, die einen Fünf- oder Zehn-Jahres-Plan entwickelt – nicht nur für einen Aspekt, sondern für alle.“

Neue Innenstadtbürgermeisterin: „Junge Menschen sind nur schwer zu lenken“

Ihren ersten Sessionsauftakt als Bezirksbürgermeisterin Innenstadt erlebte Julie Cazier (Grüne). Dass es keine größeren Vorfälle gegeben habe, sei das Positive gewesen. An der Haltung der Grünen in der BV Innenstadt habe sich durch den Bürgermeisterwechsel nichts verändert. „Wir wollen, dass die Uniwiese nicht mehr als Ausweichfläche für die Zülpicher Straße gebraucht wird“, sagt Cazier. Die Suche nach alternativen Feierflächen, die die Stadt bereits für beendet erklärt hatte, müsse wieder aufgenommen werden. Es brauche dezentrale Angebote, die die Feiernden ansprechen. Das sei keine kleine Herausforderung, denn: „Junge Menschen lassen sich nur schwer lenken. Wie sie feiern, das lässt sich nicht von oben verordnen.“

Cazier lebt in der Südstadt und beobachtete auch dort einen großen Andrang. „Es war richtig voll, die Atmosphäre war toll“, sagt sie. Je voller es werde, desto mehr müsse man sich aber auch mit den negativen Begleiterscheinungen auseinandersetzen. Dazu zählten rund um den Chlodwigplatz vor allem die auffällig vielen Wildpinkler. Diese urinierten mitten in der Menge an die Severinstorburg, auch der nahegelegene Spielplatz am Kartäuserwall mutierte zwischenzeitlich zur öffentlichen Toilette. Die Situation sei schlimmer als in den vergangenen Jahren, berichteten Gastronomen am Chlodwigplatz unabhängig voneinander. Auch das Belgische Viertel war stark ausgelastet. „Auf der einen Seite ist es schön, dass sich das Geschehen in verschiedene Veedel verlagert. Für diese negativen Begleiterscheinungen braucht es aber Lösungen“, sagt Cazier.

Der Chlodwigplatz war am Dienstag stark ausgelastet.

Der Chlodwigplatz war am Dienstag stark ausgelastet.

Neu ist das Thema natürlich nicht. Für die Anwohnenden in den Feier-Gebieten sind die Karnevalstage, die vielen Jecken und deren Hinterlassenschaften seit Jahren eine Belastung. Das gilt für die Südstadt wie für das Kwartier Latäng. Auch Michael Neumann, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz, ist mittlerweile einiges gewohnt. Erwartbar voll sei es am Dienstag gewesen – aber relativ entspannt. Was entspannt in seinen Augen bedeutet: „Man konnte sich noch bewegen.“ Er habe den Eindruck, die Stadt habe die beiden Eingänge zur Zülpicher Straße früher als sonst gesperrt, dadurch sei es nie völlig überfüllt gewesen. Die Kommunikation der Stadt habe zumindest minimal gewirkt, sagt Neumann. „Die Uniwiese war wie angekündigt absolut unattraktiv. Wenn sich das herumspricht, kann ich mir schon vorstellen, dass weniger Leute kommen.“ Auf der mit Bodenplatten geschützten Fläche gab es in diesem Jahr keine Musik, keinen Alkoholausschank und nicht einmal Softgetränke. Auch er habe den Eindruck, die jungen Feiernden sehnten sich nach Unterhaltung und Spaß. „Sobald jemand eine tragbare Box dabei hat, bildet sich darum ein Pulk.“ Genau wie Maureen Wolf beobachte er lange Schlangen am Toilettenwagen auf der Roonstraße. „Die reichten bis auf die andere Straßenseite. Ein, zwei Wagen mehr würden dort sicherlich helfen.“