Demonstranten verletztKölner AfD-Funktionär zur Bewährungsstrafe verurteilt

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Außenansicht des Landgerichts Köln

Außenansicht des Landgerichts Köln

Die Berufung des AfD-Anhängers, der im April 2019 einen Gegendemonstranten anfuhr, ist gescheitert.

Das Landgericht bestätigte am Freitagabend das Urteil des Amtsgerichts, das es selbst 2022 aufgehoben, aber vom Oberlandesgericht 2023 erneut auf den Tisch bekommen hatte. Und ging darüber hinaus, was für den Angeklagten, der inzwischen zum AfD-Funktionär aufgestiegen ist, jetzt endgültig heißt: sieben Monate Haft auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Unfallflucht. Er muss außerdem 500 Euro Schmerzensgeld an den Geschädigten zahlen, doppelt so viel, wie vom Amtsgericht angesetzt, 1000 Euro an ein Kinder- und Jugendhospiz sowie die Kosten der Revision und die Auslagen des Nebenklägers tragen.

Mit dem Urteil ging das Gericht über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, eine Gesamtstrafe von 170 Tagessätzen à 65 Euro zu verhängen. Der Verteidiger hatte Freispruch in allen Anklagepunkten und Entschädigung für den fast zweijährigen Führerscheinentzug gefordert.

Grundlage für Rekonstruktion ist ein Handy-Video

In der achtstündigen Berufungsverhandlung nahm das Gutachten eines Unfallanalytikers die Hälfte der Zeit in Anspruch. Grundlage für die Rekonstruktion des Vorfalls an der Kreuzung Breuerstraße/Kalker Hauptstraße war ein Handy-Video. Zu sehen ist, wie der Demonstrant bäuchlings auf die Motorhaube des vom Angeklagten gemieteten Autos gehoben wird, sich aus der misslichen Lage befreit und der Fahrer zügig über die Kalker Hauptstraße wegfährt.

Durch ein aufwändiges Verfahren musste der Gutachter zunächst die Echtheit der Bildaufnahmen nachweisen, bevor er Einschätzungen zum Fahrmanöver des Angeklagten und dem Verkehrsverhalten des Fußgängers abgeben konnte. Vor allem ging es um die Frage, ob der Angeklagte den Nebenkläger absichtlich angefahren oder ob sich der Anti-AfD-Demonstrant auf die Motorhaube geworfen hat. Schnell stand fest: Wäre der 35-Jährige nicht ein sportlicher Skateboardfahrer, hätte der Zusammenprall von Auto und Körper bei der errechneten Geschwindigkeit von mindestens zehn Stundenkilometern die Beine brechen können. So blieb es bei einer schmerzhaften Schienbeinprellung.

Die Angaben des Sachverständigen, des Geschädigten und übereinstimmende Zeugenaussagen überzeugten das Gericht mehr als die Einlassungen des Angeklagten und seines Beifahrers. Demzufolge hatte die sieben- bis achtköpfige Gruppe um den Nebenkläger den Angeklagten am ampelgesicherten Fußgängerüberweg der Einmündung Breuerstraße nicht durch Einkesseln bedroht.

Wollte sich das Opfer nur beschweren?

Dem Geschädigten, der die sieben Meter breite Straße als letzter überquerte, wurde dagegen geglaubt, dass er sich bei dem Autofahrer beschweren wollte, da dieser zuvor mit dem Auto nach einem Klatscher auf die Motorhaube einen anderen Demonstranten am Bein touchierte.

Das Gericht erkannte zwar an, dass sich der Angeklagte bedroht fühlte, weil die Stimmung bei der AfD-Kundgebung aufgeheizt war und einige Protestparolen skandiert wurden. „Sie hätten aber mildere Mittel einsetzen können anstatt des Autos als gefährliches Werkzeug, weil Sie sich nicht fortbewegen konnten, da noch Fußgänger auf der Straße standen, als die Ampel für Sie auf Grün sprang, zum Beispiel einfach warten oder die Polizei anrufen“, belehrte Richter Müller den Verurteilten.

Der Geschädigte hat bereits vor dem Urteil angekündigt, sollte er ein Schmerzensgeld zugesprochen bekommen, werde er die Hälfte davon an ein Ausstiegsprogramm für Menschen in der rechtsradikalen Szene spenden.

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