Kölner DomSternsinger müssen durch Sicherheitskontrolle - Gottesdienst leerer als sonst

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Sternsinger sitzen im Kölner Dom

Rund 300 Sternsinger und ihre Begleitungen waren zur Assendung im Kölner Dom gekommen.

Die mutmaßliche Terrorwarnung für den Kölner Dom schien viele Sternsingergruppen abgeschreckt zu haben. 

„Balthasar“ hebt die Arme. Sein grüner Samtmantel weht im Wind der Domplatte. Musste sein großes Vorbild die List des Königs Herodes überwinden, so muss sein kleiner Nachfolger die Kontrolle durch einen Polizisten hinter sich bringen. Der Weg der Heiligen Drei Könige ist nun mal nicht ohne Hürden zurückzulegen – damals nicht und heute auch nicht. Als der kleine Metalldetektor stumm bleibt, darf „Balthasar“ passieren. Der Aussendungsgottesdienst der Sternsinger im Kölner Dom fand in diesem Jahr unter den Bedingungen der Terrorwarnung für die weltberühmte Kathedrale statt.

Die erste Station der Reise einiger Sternsinger aus Köln und Region war damit wenig festlich: Bevor sie an dem Gottesdienst mit dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki teilnehmen konnten, war ein Zwischenstopp in den Zelten vor der Kirche nötig. Dutzende Polizistinnen und Polizisten waren auch gestern dort im Einsatz, um Sicherheitskontrollen durchzuführen. Die Angst vor dem Terror schien bei vielen trotzdem zu groß zu sein: Ist der Dom normalerweise bei den Aussendungsgottesdiensten so gut besucht, dass die Sitzplätze nicht reichen, blieb dieses Mal rund die Hälfte der Kirchenbänke leer.

Auf den Plätzen vor dem Altar scheint alles wie gewohnt: Die Aufregung ist groß. Viele der jungen Königinnen und Könige wippen aufgeregt hin und her, gleich geht es los. Ihre goldenen Kronen glitzern im Licht. Erst mit einem Blick in Richtung Eingang wird klar, dass sich die Reihen gelichtet haben. Nur rund 300 Kinder und ihre Eltern oder Betreuer sind zu der Feier gekommen.

Kardinal Woelki geht durch ein Zelt. Eine Beamtin steht vor ihm.

Auch Karnidal Woelki musste vor dem Gottesdienst durch die Sicherheitskontrolle.

„Ich bin dankbar und stolz, dass ihr den Weg in dieser besonderen Situation auf euch genommen habt“, begrüßt Woelki seine Gäste. „Wer den Dom kennt, weiß, dass er zu dieser Zeit sonst voll von Sternsingern ist.“

Nachdem einen Tag vor Heiligabend die Polizei bekannt gab, dass Sicherheitskreise von einer Terrorbedrohung für den Dom ausgehen, ist Kölns Wahrzeichen zur Hochsicherheitszone geworden. Die aufwendigen Schutzmaßnahmen vor der Kirche werden noch mindestens bis ins neue Jahr andauern, wie die Polizei bekannt gab. Für Touristen ist der Dom bis auf Weiteres geschlossen, liturgische Angebote wie die Messen und auch die Gelegenheit zur Beichte finden jedoch statt.

„Schön, dass ihr den Mut hattet, dennoch zu kommen“, sagt Woelki. Er sei dankbar für die viele Polizistinnen und Polizisten, die seit Tagen helfen, damit im Dom gut und sicher Gottesdienst gefeiert werden kann. „Das tun sie vielleicht sogar noch bis zum sechsten Januar, wenn wir das große Fest der Heiligen drei Könige hier feiern“, mutmaßte der Erzbischof.

Wir haben uns entschieden trotzdem zu kommen, um ein Zeichen für den Frieden zu setzten.
Andrea Plück, Katechetin aus Erftstadt

Eine von denen, die trotz der Terrorwarnung gekommen ist, ist die Katechetin Andrea Plück aus St. Kilian in Erftstadt. Sie ist mit acht ihrer Kommunionskinder im Dom, die dieses Jahr als Könige unterwegs sind. „Die Aussendung ist ein großes Highlight für die Kinder“, sagt sie. „Angst haben wir nicht.“

Die Sicherheitslage sei jedoch ein Thema im Vorfeld der Feier gewesen. „Wir haben vorher alles genau mit den Eltern besprochen. Am Ende haben wir uns aber entschieden, trotzdem zu kommen, um ein Zeichen für den Frieden zu setzten.“ Mit der Kontrolle hätten die Kinder kein Problem gehabt. „Die Polizisten waren sehr nett und haben ihnen jeden Schritt genau erklärt.“

Gute Stimmung beim Gottesdienst aber Aufregung vor dem Dom 

Während man im Gottesdienst längst zur Liturgie übergangen ist und Woelki etwas Weihrauch und einige Kreidestücke segnet, hält die Bestürzung über die Sicherheitsmaßnahmen vor dem Dom an. „Das ist Diskriminierung“, antwortet eine Touristin aufgebracht dem Polizisten, der ihr erklärt, warum sie nicht rein darf. Die Erklärung sprechen die Beamten schon wie vom Band. Es bestehe nun einmal eine Ausnahmesituation wegen der Bedrohungslage.

Die Sternsinger bekommen von dieser Aufregung „Gott sei Dank“ nichts mit. Die Kontrollen scheinen schnell vergessen, der Fokus liegt auf der Aussendung. Für einen kleinen König, der zwischen seinen Eltern sitzt, gibt es jetzt viel wichtigere Dinge zu besprechen, als irgendeine Bedrohungslage: „Papa, hör mal die Glocke. Ist das der dicke Pitter?“ Da kann eine kleine Enttäuschung nicht erspart bleiben. Der erklingt erst wieder am 5. Januar, zum Hochfest „Erscheinung des Herrn“.


Die Aktion Dreikönigssingen 2024

300 Kinder etwa kamen zusammen mit ihren Begleitpersonen zum Aussendungsgottesdienst in den Dom. 300 000 Sternsingerinnen und Sternsinger insgesamt ziehen jedes Jahr durch Deutschland. Laut dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) ist das Dreikönigssingen damit die weltweit größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder. Verkleidet als Caspar, Melchior und Balthasar segnen sie Häuser und sammeln auf ihrem Weg Spenden für Kinder in Not. Organisiert wird die Aktion vom BDJK und dem Kindermissionswerk.

1,31 Milliarden Euro sammelten die Sternsinger seit dem Start der Aktion 1959. Über 73 000 Projekte profitierten bisher davon. Allein in diesem Jahr kamen 45,5 Millionen Euro zusammen. Jedes Jahr wird ein Hilfsprojekt besonders herausgestellt, damit sich Kinder und Spender mit einer Aktion besser identifizieren können. Das eingesammelte Geld fließt aber immer in eine große Anzahl von Hilfsmaßnahmen.

2024 lautet das Motto der Aktion Dreikönigssingen „Gemeinsam für unsere Erde - in Amazonien und weltweit“. Die Spenden kommen der kolumbianischen Nichtregierungsorganisation „Wege der Identität“ (FUCAI) zugute. Seit rund zwanzig Jahren arbeitet sie daran, das Gebiet um den Amazonas zu schützen. Sie will bedrohte Natur und die Tradition des indigenen Amazonasvolks „Tikuna“ erhalten oder wiederbeleben, um so die Zukunft junger Menschen zu sichern.

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