Ein alter Fall aus dem Jahr 1999 lässt der Polizei keine Ruhe.
Cold Case KölnWer erschoss Taxifahrer Hüseyin Karakas?

Unter der Severinsbrücke ist die Leiche gefunden worden.
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Mordermittler Markus Weber hat schon viele Leichen gesehen und Kriminalfälle aufgeklärt. Doch ein Fall geht dem erfahrenen Kripobeamten nicht aus dem Kopf. Wer erschoss im Jahr 1999 Hüseyin Karakas, den Fahrer im Taxi Nr. 155 am Rheinufer in Deutz. „Ich war damals stellvertretender Leiter der Mordkommission“, erinnert sich Weber im Gespräch mit der Rundschau.
Heute ist Weber Leiter der „Cold Case“-Ermittlungsgruppe bei der Polizei und arbeitet an der Aufklärung uralter Kriminalfälle. Auch der Fall des getöteten Taxifahrers gehört ins Portfolio seiner aktuellen Arbeit. Weber plant im kommenden Jahr in Ruhestand zu gehen. Sein Wunsch: Dass der dramatische Fall doch noch aufgeklärt wird.
Ein Rückblick: Es sollte die letzte Fahrt in dieser Nacht für den Kölner Taxifahrer Hüseyin Karakas werden. Am Deutzer Bahnhof stiegen um 1.10 Uhr mehrere Fahrgäste in das Taxi des 56-jährigen Türken ein – mehr als zwei Stunden später wurde die Leiche des Taxifahrers unter der Severinsbrücke auf einem Parkplatz entdeckt. Bis heute ist der Mörder nicht gefasst.
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Die Ermittler der Sonderkommission „Taxi“ vernahmen in den ersten Monaten nach dem Mord 184 Zeugen, überprüften 108 Spuren und Hinweise. Der Kriminalfall füllt zehn Aktenordner mit rund 3700 Seiten. Doch aller Aufwand brachte die Polizei nicht entscheidend weiter. Ein Fall, der die Ermittler bis heute zermürbt: „Es ist für die Kollegen sehr unbefriedigend, wenn eine solche Tat nicht aufgeklärt wird“, sagte damals ein Polizeisprecher.

Hüseyin Karakas
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Doch die Beamten wollen die Waffen nicht strecken. „Alle ungeklärten Mordfälle werden in regelmäßigen Abständen neu bearbeitet“, ergänzte der Sprecher. Nun ist es ein Fall in der „Cold Case“-Abteilung. Ein 38-jähriger Kölner hatte in der Nacht zum 19. Dezember 1999 die grausige Entdeckung gemacht: Gegen 3.20 Uhr war der Mann nach einer Weihnachtsfeier zu Fuß in Deutz auf dem Heimweg. Als er an dem halbdunklen Parkplatz unterhalb der Severinsbrücke vorbeikam, entdeckte er dort das beigefarbene Mercedes-Taxi mit eingeschalteten Standlicht.
„Die Fahrertür war geöffnet“, erinnert sich Mordermittler Weber. Hinter dem Steuer der Taxifahrer lag Hüseyin Karakas – mit einer stark blutenden Wunde am Hinterkopf. Schwer verletzt kam das Opfer ins Krankenhaus. Sein Leben konnten die Ärzte aber nicht mehr retten. Der Mörder hatte dem damals 56-Jährigen in den Hinterkopf geschossen. Zuerst gingen die Fahnder von einem Raubmord aus, denn der Täter hatte die Geldbörse des Opfers mit 300 Mark gestohlen.
Dann glaubten die Beamten an eine Beziehungstat, denn es erschien ihnen unwahrscheinlich, dass Karakas wegen dieses geringen Betrags umgebracht wurde. Doch auch die Ermittlungen im privaten Umfeld des Taxifahrers brachten die Polizisten nicht weiter. Auch ein Mord aus politischen Gründen wurde nicht ausgeschlossen. Doch es stellte sich heraus, dass Karakas politisch nicht aktiv war.
Einer sogenannten „heißen Spur“ gingen die Ermittler einen Monat nach der Tat nach. Ein 19-Jähriger hatte am Deutzer Bahnhof Kontakt mit dem Taxifahrer, doch nach umfangreichen Recherchen „wurde die Spur schnell kalt“, wie ein Beamter damals sagte. Und so bleibt das Verbrechen im Taxi Nr. 155 ungeklärt. Ungeklärte Mord- und Tötungsdelikte der vergangenen 50 Jahre, sogenannte Cold Cases, werden in Nordrhein-Westfalen durch eine neue Organisationseinheit aufgearbeitet.
Dafür konnte das Landeskriminalamt NRW, das die Besondere Aufbauorganisation (BAO) „Cold Cases“ eingerichtet hat, 28 ehemalige Ermittlerinnen und Ermittler gewinnen. Ziel ist es, neue Erkenntnisse zu gewinnen, mit denen auch nach Jahren oder Jahrzehnten noch Tathergänge rekonstruiert werden können oder der Kreis der potentiellen Täter möglicherweise eingeschränkt werden kann. „Mord verjährt nicht“, betonte Kriminaldirektor Colin B. Nierenz bei der Vorstellung des Projektes.
Wieder ein Fall für „Aktenzeichen XY“
„Hinter jedem unaufgeklärten Tötungsdelikt stehen aber nicht nur ein oder mehrere Täter, die noch nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Damit befasst sind zahlreiche Alt-Ermittler. Sie leisten mit ihren über 1000 Jahren Berufserfahrung wertvolle Pionier-Arbeit.“
Ein „Cold Case“, in dem der Ermittler Weber nochmals aktiv die Öffentlichkeit sucht, ist der seit über dreißig Jahren ungeklärte Mordfall um die damals 16-jährige Seckin Caglar. Im März 2023 ging die Polizei damit erstmals an die Öffentlichkeit und startete einen DNA-Massengentest.
Mehrere hundert Speichelproben wurden genommen, doch der Mörder nicht gefunden. Das Opfer hatte am 16. Oktober 1991 um 18.40 Uhr ihre Arbeitsstelle in einem Supermarkt an der Siegburger Straße verlassen und war nie zu Hause angekommen. Familienangehörige suchten die 16-Jährige und fanden ihre Leiche schließlich in einem Gebüsch nahe der Haltestelle „Poll-Autobahn“. „Sie ist einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen“, sagte Mordermittler Weber. Nun soll die ZDF-Fahndungssendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ helfen. Der Fall wird wohl 2026 gesendet.
