Ungewohnte Anblicke wie laufende Rolltreppen zu gesperrten Bahnsteigen und leere Regale gab es im Hauptbahnhof - ein Ortsbesuch.
Genervte Kunden, frustrierte HändlerSo lief das erste Wochenende der Sperrung im Kölner Hauptbahnhof

Durchblick ohne Kunden: Die Bahnsteige 1 bis 9 sind aufgrund der Arbeiten komplett gesperrt.
Copyright: Thomas Banneyer
Schon leerer als gewöhnlich, aber keineswegs ausgestorben war die zentrale Passage des Kölner Hauptbahnhofs am Sonntagmittag. Und das, obwohl der Bahnknoten seit Freitagabend für den Fernverkehr und für alle Regionalzüge außer der RB 25 gesperrt ist. Geplant war die Sperrung ursprünglich, um ein neues elektronisches Stellwerk zu etablieren. Wegen einer erheblichen Softwarepanne hat die Deutsche Bahn das jetzt ins kommende Jahr verlegt. Da die Sperrung bereits umfassend kommuniziert worden war, bleibt sie wie geplant bis zum 24. November bestehen. Die Bahn will den Zeitraum nutzen, um geplante Arbeiten auszuführen.
Rechtzeitig informiert fühlen sich zahlreiche der Reisenden, die zunächst eine S-Bahn nutzen müssen, um von einem der dezentralen Kölner Bahnhöfe ihre Fernzüge zu erreichen. „Das hat gut geklappt, wir haben schon vor zwei Wochen eine Mail mit Info und der Angabe der Ausweichverbindung bekommen“, sagen etwa Dina A. und Franziska S., die sich mit ihren Koffern per S-Bahn nach Deutz aufmachen, um von dort ihren ICE nach Frankfurt zu erreichen.

Fünf Kunden kamen am Samstag. Deshalb hat eine Bäckerei ihr Angebot heruntergefahren, so Mitarbeiter Bleon Nuradini.
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Weniger gelassen sind andere Reisende auf den S-Bahnsteigen. „Das wird ganz schön knapp“, fürchten Ines M. und Susanne E. Die beiden Leipzigerinnen hatten ursprünglich in Dormagen 13 Minuten Umsteigezeit in ihren Zug nach Dortmund. Die S-Bahn hat Verspätung. Jetzt sind es nur noch sechs Minuten. Und die Bahn ist noch nicht in Sicht. „Letztes Wochenende hatte alle vier Züge Verspätung, die wir nehmen mussten“, sagen sie. „Es ist ja gut, wenn modernisiert wird. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei all den Verspätungen schon sehr schlecht.“
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Es ist ja gut, wenn modernisiert wird. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei all den Verspätungen schon sehr schlecht.
Von der Situation frustriert ist auch Jasmin Rodriguez. Die Studentin nutzt den Regionalzug RB 26 aus Bonn, um zur Uni zu kommen. Der hält jetzt vorübergehend nur am Bahnhof Köln Süd. „Ich bin so genervt. Die DB ist eh schon unzuverlässig und das wird bestimmt für noch mehr Chaos sorgen.“ Die Studentin werde stattdessen die Linie 16 der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) nutzen, wenn auch widerwillig. „Ich muss nach Mülheim, deswegen bringt mir der Halt in Köln Süd nichts“, sagt sie. „Die Fahrtzeit ist jetzt mehr als doppelt so lang und die Straßenbahn wird voll sein.“ Zudem seien auch die KVB unzuverlässig. Die Studentin regt sich über die mangelnde Qualität der DB auf. „Das Deutschlandticket wird immer teurer und für den Preis bekommt man als Fahrgast einfach nichts zurück“, sagt Rodriguez. „Es heißt, man soll der Umwelt zuliebe die DB nutzen. Aber der Zustand ist einfach eine Zumutung.“

Für dringend notwendige Arbeiten nutzt die Bahn die Sperrung.
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Friedrich Kunze ist Rentner und nutzt die Bahn für Ausflüge außerhalb der Rheinmetropole. „Ich freue mich ja über die Modernisierung, aber dass es nicht im ersten Anlauf klappt, ist enttäuschend“, sagt er. „Das alte Stellwerk wird ja trotzdem bis zur zweiten Sperrung weiter genutzt.“ Dass ein Fortschritt so lange brauche, obwohl es genug Beschwerden über die DB gebe, sei frustrierend. Zehn Tage Sperrung des Hauptbahnhofs sei für Kunze machbar, aber: „So viele Menschen sind auf die Bahn angewiesen. Das ist doch einfach enttäuschend, wenn man als Fahrgast so fallengelassen wird.“
Frust herrscht auch unter den Betreibern der Geschäfte in den Bahnhofspassagen. Auch wenn in der Hauptachse viel los ist - die kleinere Passage und die Durchgänge sind nahezu menschenleer. „Fünf!“, sagt Bleon Nuradini, Mitarbeiter einer Bäckerei mit gehobenen Backwaren im Angebot. „Fünf Kunden hatten wir am Samstag. Sonst sind es 600 bis 700.“ Der Cafébereich des Unternehmens ist geschlossen, die Backwarenpalette deutlich reduziert, hinter der Auslage herrscht auf den Regalen gähnenden Leere. „Bis 14 Uhr halten wir noch auf, dann ist Schluss für heute.“ „Deutlich weniger Umsatz“ macht auch die Buchhandlung in der Hauptpassage. „Bücher, Zeitschriften und Mitbringsel, das kaufen Menschen, die eine längere Zugreise vor sich haben. Und die kommen ja jetzt viel weniger“, so eine Mitarbeiterin. Das gilt auch für den Floristen „Blumen 2000“ in der Nebenpassage; hier sei es „fast die Hälfte weniger Umsatz“, so ein Teammitglied.
Es ist eine Katastrophe, das solche Arbeiten während des Weihnachtsgeschäfts gemacht werden!
Gleich ganz geschlossen bleiben die Parfümerie Douglas, die Pralinenmanufaktur Leonidas und das Bekleidungsgeschäft Eterna, während der Body-Shop seine Türen weiter offen hält. „Wir haben noch keine Einbußen, aber das kann sich an den Wochentagen schnell ändern“, fürchtet Shop-Leiter Frank. „Es ist eine Katastrophe, dass solche Arbeiten während des Weihnachtsgeschäfts gemacht werden! “

Viel los war auf den Gleisen 10 und 11 - hier fahren die S-Bahnen ab.
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Gähnende Leere herrscht erstaunlicherweise im Reisezentrum der Bahn, die Schalensitze sind alle frei, wer Rat braucht, kann gleich zum Schalter durchgehen, wo sonst die Warteschlange mit Nummern organisiert wird. Gänzlich unverdrossen laufen unterdessen die Rolltreppen zu den Gleisen eins bis neun weiter. Damit niemand mit ihnen auf die gesperrten Bahnsteige fährt, sind sie mit rot-weißen Barken abgesperrt, die Sicherheitsmitarbeiter im Auge haben - ein Umstand , der bei zahlreichen Passanten für Verwunderung sorgt. Ein Sprecher der Deutschen Bahn lüftet das Rätsel. „Wir nutzen die Sperrpause auch, um an den Gleisen eins bis neun unter anderem, um Bahnsteige und Gleise zu reinigen. Damit unsere Mitarbeitenden – und die beauftragter Firmen – weiterhin von und zu den Gleisen gelangen, bleiben die Rolltreppen in Betrieb.“

Gähnende Leere im Reisezentrum.
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