Einen Zusammenhang sieht die Mitarbeiterin mit der Sanierung der Zentralbibliothek, die im Juli 2024 begonnen hat.
Drogenkonsum am NeumarktJosef-Haubrich-Hof ist Kölns „No go Area“ - Café-Mitarbeiterin berichtet

Der Drogenkonsum am Josef-Haubrich-Hof ist in den vergangenen Monaten immer sichtbarer geworden.
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Gerade war der Josef-Haubrich-Hof noch fast menschenleer. Nur vereinzelte Raucher aus den umliegenden Gebäuden sind an diesem Mittag zu sehen, in dem kleinen Außenbereich eines Cafés am Rand des Platzes sitzen zwei Gäste und essen. Dann wird es unruhig. Laute, unverständliche Rufe ertönen. Aufgeregt laufen scheinbar obdachlose Personen an den Rand des Platzes und bleiben dort in einer Gruppe stehen. Rund zehn Männer und Frauen reichen sich hektisch kleine Dinge hin und her, streiten sich teils darum. Dann holt einer von ihnen eine Crack-Pfeife raus und fängt an zu rauchen. Nur wenige Meter davon entfernt, gucken die Café-Gäste von ihren Tellern auf.
Die Drogenszene wird nicht nur auf dem Neumarkt immer sichtbarer. Auch an den umliegenden Orten zeigen sich die Auswirkung der offenbar gesteigerten Anzahl an Konsumierenden. Die Deals, also der Kauf und Verkauf von Drogen, finden mitten am Tag und für alle gut sichtbar statt, so wie auf dem Josef-Haubrich-Hof direkt vor Cafés und Läden.
Drogendeals und Diskussionen mit Security-Kräften
Eine Security-Kraft kommt auf die Gruppe zu und schickt die Personen weg, einige lamentieren kurz – man scheint sich schon zu kennen – dann löst sich die Versammlung auf. Aus dem Café Lakoy, vor dem all das stattgefunden hat, kommt jetzt eine Mitarbeiterin, die vor dem Lokal stehen bleibt und mit erstem Blick die Hände in die Hüften stützt. „Das ist hier leider ganz normal. Ich sehe das den ganzen Tag“, erzählt sie. Die Café-Mitarbeiterin sei täglich von morgens bis abends vor Ort. Einen Drogendeal beobachte sie dabei fast stündlich. Ihren Namen möchte sie aus Sorge, von den beteiligten Personen angefeindet zu werden, nicht in der Zeitung lesen.
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Schon oft habe es Beschwerden von den Gästen wegen der Szenen gegeben, die sich dort abspielen. „Wir haben extra einen neuen Sichtschutz gebaut“, sagt sie und zeigt auf die Holzkästen um die Tische im Außenbereich. Manchmal würden die Konsumierenden versuchen, in das Café zu kommen. „Dann wollen sie die Getränke oder Gebäck klauen.“ Jeden Morgen sei der Bereich vor dem Café stark vermüllt. Nachts ist der Platz offensichtlich ein Rückzugsort für die Drogenszene und von Konsumierenden noch stärker besucht. Dann sind dort keine Passanten mehr zu sehen. Schon seit mehreren Monaten herrschen diese Zustände auf dem Josef-Haubrich-Hof laut der Mitarbeiterin. Sie sieht einen Zusammenhang mit der Generalsanierung der Zentralbibliothek, die im Juli 2024 begonnen hat. Seit September stehen um das Gebäude herum verkleidete Bauzäune, die die Zugänge auf der Südseite des Platzes versperren. „Sie laufen seitdem nicht mehr weiter, sondern bleiben hier stehen.“
Hilfe von Außen komme für die Läden und Cafés wenig. „Ich schreibe viele Mails an die Stadt und schicke Fotos von den Zuständen.“ Geändert habe sich daraufhin aber nichts. „Das Ordnungsamt kommt vielleicht einmal am Tag, aber das reicht nicht.“ Die Hausverwaltung des Gebäudekomplexes, in dem auch eine große Praxisgemeinschaft und eine Apotheke ansässig ist, habe seit längerer Zeit eine Sicherheitsfirma engagiert. „Wir bekommen vielleicht bald noch eine Sicherheitskraft, weil es für einen alleine zu viel ist.“
Anwohner sollen keine Angst mehr haben
Die Polizei ist regelmäßig am Neumarkt im Kampf gegen die Drogenkriminalität im Einsatz. Ein wichtiger Aspekt der gesamten Anstrengungen sei es auch, „dass Anwohner wieder unbekümmert in ihre Wohnungen gelangen können, nicht mehr angepöbelt werden und keine Angst mehr haben, sich im öffentlichen Raum zu bewegen“, wie Polizeisprecher Wolfgang Baldes betonte. Es könne nicht sein, dass Touristen von einem Aufenthalt in Köln berichten, wo Menschen auf offener Straße die Hose herunterlassen, um Bedürfnisse zu befriedigen, für die es Toiletten gibt. Weiter betont der Behördensprecher aber auch: „Es geht um viel mehr als Drogenkonsum auf Kölns Plätzen. Es geht um ein lukratives Geschäftsfeld, das wir nicht der organisierten Kriminalität überlassen dürfen. Die Auseinandersetzungen im Drogenmilieu mit Geiselnahmen, Schüssen und Explosionen des vergangenen Jahres sind eine Warnung“, ergänzte der Behördensprecher.
Polizeipräsident Johannes Hermanns hatte sich gegen den Drogenkonsumraum am Neumarkt ausgesprochen. Die Lage des Drogenkonsumraums an einem zentralen innerstädtischen Verkehrsknotenpunkt verstärke das Problem und locke Dealer sowie immer mehr Süchtige an, heißt es von der Polizei.
Ein Drogenkonsumraum müsse es der Kölner Polizei auch ermöglichen, die potenziellen Konsumenten zur Ruhe kommen zu lassen. „Der Neumarkt und sein Umfeld bieten aber genau diese Möglichkeiten nicht“, sagte Hermanns gegenüber der „Kölnischen Rundschau“. „Straftaten, Ordnungsstörungen, Belästigungen, Verwahrlosung und vieles mehr lösen in erheblichem Umfang und ganztägig polizeilichen Interventionsbedarf aus.“