Lange waren sie verborgen: Kunstwerke, die ihren Ursprung in der Renaissance haben. Nun wurden sie im ehemaligen Rautenstrauch-Joest-Museum wieder ans Tageslicht gebracht: sogenannte Sgrafffiti.
Sgraffiti im ehemaligen RJMWas es mit der verborgenen Kunst in der Kölner Südstadt auf sich hat

Graffiti sind oft ein Ärgernis, Sgraffiti hingegen eine Freude für Kunstliebhaber.
Copyright: Nabil Hanano
Graffiti an Schulen sind kein seltener Anblick, aber einer, der oftmals für viel Ärger sorgt. Anders ist es mit Sgraffiti. Hinter dem Wort, das ausgesprochen genauso klingt wie „Graffiti“, steckt eine Kunsttechnik aus der Renaissance. Drei verloren geglaubte Sgraffiti Werke wurden nun ausgerechnet in einer Schule wiedergefunden. Und anders als ihre modernen „Namensvetter“ sorgen sie für Freude.
In der städtischen Interimsschule am Ubierring, wo sich ehemals das Rautenstrauch-Joest-Museum befand, wurden 2020 im Rahmen von Bauarbeiten drei Wandkunstwerke des Künstlers Otto H. Gerster gefunden.
Die Kunst des Kratzens
Der Begriff „Sgraffiti“ - im Singular „Sgraffito“- ist abgeleitet von dem italienischen Verb für „kratzen“. Bei der Sgraffito-Technik werden verschiedenfarbige Putzschichten übereinandergelegt und anschließend durch das Abkratzen der oberen Schichten architektonische oder ornamentale Dekorationen kreiert. Die Sgraffiti wurden zwar in der Renaissance entwickelt, erfreuten sich in Deutschland aber vor allem in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts großer Beliebtheit. Ab den 70er Jahren wurde diese Technik jedoch kaum noch angewandt.
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Im ehemaligen Rautenstrauch-Joest-Museum sind die Werke von Otto Gerster wieder zu sehen.
Copyright: Nabil Hanano
Gerster wurde damals mit den sieben Sgraffiti beauftragt, als die Kölner Kammerspiele 1948 in das Museumsgebäude eingezogen waren. Das Museum selbst hatte seinen Betrieb bereits 1945 nach einem Bombenangriff eingestellt, obwohl das Gebäude im Zweiten Weltkrieg vergleichsweise wenig beschädigt worden war. Fortan sollten die Kammerspiele im großen Saal im Obergeschoss stattfinden. Es gab dabei allerdings ein Problem: Der Saal wurde durch sieben großen Fenster tagsüber mit Licht durchflutet. Für die Kammerspiele bedurfte es allerdings eines dunklen Aufführungsortes. Die Fenster mussten also verdunkelt werden. Und das wurde auf künstlerische Weise mithilfe der Sgraffiti von Gerster getan, die anstatt der Glasfenster in die Öffnungen kamen. Thematisch passend bilden sie allesamt Motive ab, die sich auf die Kammerspiele beziehen, wie etwa Gestalten aus dem klassischen Drama oder der Komödie.
Werke wurden in den 1960er Jahren "verkleidet"
Man geht davon aus, dass die Wandbilder um 1967 herum, als das Rautenstrauch-Joest Museum wieder eröffnete, verkleidet wurden. Nachdem das Museum 2008 in die Cäcilienstraße umgezogen war, wurde das Museum 2020 umgebaut, um von Schulen interim genutzt werden zu können. Bei diesen Umbauten stieß man auf die drei bisweilen verloren geglaubten Sgraffiti.
Nach heutigem Kenntnisstand sind das Gesters einzige Sgraffiti. Überhaupt sind kaum noch Sgraffiti aus der Wiederaufbauzeit von Köln erhalten, da sie häufig unter Wärmedämmungen verschwanden oder Abrissarbeiten zum Opfer fielen. Vor allem in den 70er und 80er Jahre wurden Wandarbeiten aus den Jahren um die 1950erJahre herum häufig übermalt oder abgedeckt.
Nachdem die sieben Wandkunstwerke fast 60 Jahre lang verborgen geblieben waren, wurden sie alle nun restauriert und ausgestellt. Die drei kürzlich entdeckten Werke wurden nach ihrer Restauration im Treppenhaus platziert. Die vier übrigen Wandbilder verbleiben in der Fassade.