Baustellen-Fahrzeug überrollte Blindgänger — Entschärfer ordnete wegen Explosionsgefahr sofortige Maßnahmen an.
Um den Schlaf gebrachtSo erlebte die Kölner Südstadt die nächtliche Bombenentschärfung

Ordnungsamtsmitarbeiter gingen von Tür zu Tür.
Copyright: Sascha Thelen
Es war eine sehr unruhige Nacht für viele Kölner in der Südstadt: Am Dienstagabend waren plötzlich 5000 Menschen von einer Bombenentschärfungen betroffen. Auf einer Baustelle am Sachsenring/Ecke Hardefuststraße hatte ein Kettenfahrzeug eine amerikanische Fünf-Zentner-Bombe überfahren und freigelegt. Als später herauskam, dass es sich um eine Bombe mit einem Heckaufschlagzünder handelte, war die Aufregung groß. Es bestand Explosionsgefahr. Aus Sicherheitsgründen ordnete die Stadt eine sofortige Entschärfung an. Ein ähnliches Szenario bestand bereits im Vorfeld der Bombenentschärfung rund um die Kölner Uni-Klinik. Wäre bei den Untersuchungen ein Blindgänger mit einem Heckaufschlagzünder gefunden worden, hätten direkt rund 10.000 Bürger ihre Räume verlassen müssen.
Im Fall der Bombe in der Südstadt hatte der Polier der Baustelle den verdächtigen Metallkörper gegen 16 Uhr unter dem Kettenfahrzeug entdeckt. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst hatte die Fundstelle aber erst später untersucht und bestätigt, dass es sich um eine Bombe handelt. Die Stadt erklärte die zeitliche Verzögerung: „Da sich die Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes zunächst um einen anderen Auftrag außerhalb Kölns kümmern mussten, trafen sie gegen 18.15 Uhr am Fundort auf der Baustelle am Sachsenring ein. Da allen Beteiligten bewusst war, mit welch hohem personellen Aufwand und Belastung für die Anwohner eine Evakuierung in der Nacht verbunden ist, wurde zunächst beraten, ob eine Entschärfung am nächsten Morgen möglich ist“, teilte eine Stadtsprecherin mit. Dies sei vom Kampfmittelbeseitigungsdienst abgelehnt, weil ein Kettenfahrzeug über den Blindgänger gefahren war und diesen bewegt hatte. „Im Rahmen der Gefahrenabwehr konnte die Entschärfung nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden“, betonte die Stadt.

Der Fundort der Bombe in einer Baustelle am Salierring.
Copyright: Sascha Thelen
Als Anlaufstelle für die Menschen, die ihre Wohnungen verlassen mussten, wurde in der Turnhalle des Berufskollegs Humboldtstraße eingerichtet. Von der Evakuierung Betroffene sollten einen Ausweis und bei Bedarf ihre Medikamente, Babynahrung und dringend benötigte Gegenstände mitnehmen. Haustiere konnten in die Innenbereiche der Anlaufstelle nicht mitgenommen werden.
Bombenentschärfung in Kölner Südstadt: Viele besondere Geschichten
Viele Anwohner haben ihre eigene Geschichte zu der Evakuierung zu erzählen. Ein Ehepaar fuhr kurzerhand in ihr Haus in der Eifel. Eine Frau hatte das Glück, eine eigene Buchhandlung zu haben. Das Sofa sei zwar nicht allzu bequem, aber sie rechnete damit, ein bisschen Schlaf zu bekommen. Eine Familie war spontan in den Rhein-Erft-Kreis ausgewichen, wo sie ihr Wohnmobil bei einem Landwirt abstellen konnte. Auch Isabel Schröder (28) und ihr Partner Steffen Ulitzka (31) waren mit dem fünf Monate altem Sohn von den Evakuierungsmaßnahmen zu später Stunde betroffen. „Wir haben Luftmatratze und Schlafsack aus dem Keller geholt. Es ist für uns angenehmer, jetzt im Büro zu schlafen, anstatt mitten in der Nacht wieder zurückzukommen“, erklären die beiden. Doch Verständnis für die Maßnahmen haben die beiden dennoch: „Besser, es wird jetzt evakuiert, anstatt dass später noch etwas passiert“. Fest steht: Viele der Anwohnenden haben eine ungewöhnliche Nacht hinter sich.
Die Ordnungskräfte hatten die unangenehme Aufgabe, die Bürger unsanft zu wecken. Es wurde Sturm geklingelt, gegen die Türen gehämmert und auch mit Taschenlampen in die Wohnungen geleuchtet, um zu schauen, ob sich Menschen in den Wohnungen aufhalten. Die Freigabe für die Entschärfung des Blindgängers geschah schließlich nach einer langen Nacht gegen 6.30 Uhr am Morgen. Die Straßensperrungen blieben aber noch, bis die Bombe abtransportiert war. Deswegen fiel am Humboldt-Gymnasium am Kartäuserwall die Schule aus. Auch das Richard-Riemerschmid-Berufskolleg blieb geschlossen. Und auch am Berufskolleg Ulrepforte blieben die Türen der Schule zu. Am Berufskolleg Kartäuserwall fand „Distanzunterricht“ statt.