Kölns neuer Dompropst„Ich staune, wie viele Menschen zum Beichten kommen“

Lesezeit 5 Minuten
Im Dom angekommen ist Guido Assmann. Doch wird noch etwas Zeit brauchen, bis er auch in seinem neuen Amt als Dompropst ankommt.

Im Dom angekommen ist Guido Assmann. Doch wird noch etwas Zeit brauchen, bis er auch in seinem neuen Amt als Dompropst ankommt.

Köln – Da, das ist er bereits. Seit rund drei Monaten. Und so langsam kommt er auch an. Nicht sprunghaft. Schritt für Schritt. So hat es Guido Assmann von Anfang an mit dem Dom gehalten. Seit vor etwas über einem halben Jahr bei ihm in Neuss, im Pfarrhaus des Quirinus-Münster, das Telefon klingelte und ihm mitgeteilt wurde, er sei der neue Dompropst. Zu Fuß hatte sich der damalige Kreisdechant zum Dienstantritt auf den Weg nach Köln gemacht. Mit dem Dombaumeister hält er nun Schritt, wenn der ihm bei Baustellenbegehungen die verborgensten Winkel der Kathedrale zeigt. Und nach der Sonntagsmesse erforscht er auf einstündigen Spaziergängen die Stadt, in deren Mitte der Dom steht. Warum auch hetzen? Die Normalität wird Assmann bei aller Eile so schnell nicht erreichen. Nicht in diesen Zeiten.

Ein herzliches Hallo erlebt

Es war ein großer Schritt. Guido Assmann hat nicht nur seinen Arbeitsplatz gewechselt. „Wie das bei uns Priestern nun mal so ist, ich habe damit auch meinen Lebensmittelpunkt gewechselt“, sagt er. Umso wichtiger für ihn, dass das erste Hallo ein herzliches war. „Ich habe die vergangenen Wochen nicht zuletzt dazu genutzt, mit den Mitarbeitern zu sprechen“, so der neue Dompropst. Was er vorher schon wusste, nun hat er es nochmals hautnah erfahren: „Es gibt eine feste Bindung der Menschen zu dem Dom.“ Diese Kathedrale ist nicht einfach Kirche, Weltkulturerbe oder Arbeitsplatz. „Die Mitarbeiter sprechen von ihrem Dom.“ Was seine Vorgänger schon erfahren haben: Der Dompropst wird erst einmal qua seines Amtes in diese enge Beziehung mit hineingenommen. „Eltern von jungen Domsingern grüßen mich schon aus dem Auto heraus.“ Ja, es geht schnell familiär zu in dem Weltdorf Köln.

Guido Assmann bei der Amtseinführung im Dom

Guido Assmann bei der Amtseinführung im Dom

Natürlich stand er bisher dem Dom nicht fern. 1990 wurde Assmann dort zum Priester geweiht. Seine Kaplansjahre verbrachte er zeitweise an St. Bruno in Klettenberg. Aber so nah wie jetzt stand er ihm noch nicht. Dass es für ihn noch viele unbekannte Facetten des Doms gibt, erfährt er beispielsweise bei den Begehungen mit dem Dombaumeister Peter Füssenich. „Als er mich durch die Ausgrabungen unter dem Dom führte, standen wir auf einmal vor einer Markierung 0,0.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das ist der Mittelpunkt der Stadt. Alle Entfernungsangaben auf den Verkehrsschildern in der Stadt beziehen sich auf diesen Punkt. Der Dom steht in der Mitte Kölns.“ Und der Dompropst mitten im Dom.

Mitten im Dom am Puls der Stadt

Und wer Mitten im Dom steht, der fühlt normal den rasenden Puls dieser Stadt. Touristenströme aus aller Herren Länder, glanzvolle Messen mit tausenden Besuchern. Gottesdienste zum Karneval, zum Bundesligastart. Das Coronavirus senkt den kölschen Hochblutdruck. „Ja, das ist schon schade“, sagt Assmann. Empfänge zu seiner Amtseinführung, die konnte es nicht geben. „Aber, so geht es uns ja allen in diesen Tagen. Und es sei ja nicht so, dass es nicht trotz alledem, keine besonderen Momente mehr gebe. „Im Dom in Ruhe beten, beim Gebet die Durchsagen im Hauptbahnhof hören und so die Welt mit hineinzunehmen ins Gebet – das ist sehr wohltuend. Für Betende ist das eine schöne Erfahrung“, sagt der Geistliche.

Werdegang

Guido Assmann, eines von zwei Kindern, wuchs im Ortsteil Bergerhof in Radevormwald im Bergischen Land auf. Am dortigen Theodor-Heuss-Gymnasium machte er auch sein Abitur. Zum Studium der Philosophie und Katholische Theologie er an die Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und später zudem an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner spendete ihm am 1. Juni 1990 iim Kölner Dom die Priesterweihe. Nach Kaplansjahren an St. Bruno in Köln-Klettenberg und an St. Patricius in Eitorf wurde er 1998 Pfarrer an St. Michael in Dormagen. Im Jahr 2000 wurde Assmann auch zum Dechanten des Dekanats Dormagen ernannt. Papst Benedikt XVI. ernannte Guido Assmann 2005 zum Kaplan seiner Heiligkeit mit dem Titel Monsignore. 2007 wurde Assmann Oberpfarrer am Quirinus-Münster und Kreisdechant der Kreisdekanats Neuss. Die Amtseinführung erfolgte am 12. August 2007 durch Erzbischof Joachim Kardinal Meisner.

Zum nichtresidierenden Domkapitular wurde Assmann im jahr 2019 ernannt. Am 29. Mai 2020 wurde bekanntgegeben, dass Assmann in einer Sondersitzung des Kölner Domkapitels in Abwesenheit als Nachfolger von Gerd Bachner zum Dompropst am Kölner Dom gewählt wurde. Die Amtseinführung erfolgte am 20. September 2020 im Rahmen eines Kapitelsamts im Kölner Dom. (EB)

Und im leeren Dom wird der Blick frei fürs Wesentliche: „Ich staune, wie viele Menschen zum Beichten kommen. Das tut sehr gut.“ Darum sehe er es für sich nun als die wichtigste Herausforderung an, den Dom offenzuhalten. Die Menschen sollen bei allem Herunterfahren des alltäglichen Lebens nicht zudem befürchten müssen: Jetzt macht die Kirche auch noch die Türen zu.“

Offen zu stehen, für überweltliche Sinnsuche, das ist ein ganz weltliches Problem für den Dom. Sechs Millionen Euro im Jahr kostet das. Vor allem die Personalkosten schlagen dabei zu Buche. Rund 180 Menschen arbeiten in und am Dom. Ihre Gehälter finanzieren sich nicht zuletzt durch die Einnahmen aus Führungen, den Verkauf von Souvenirs oder die Eintrittsgelder für die Domschatzkammer.

Doch dieses Geld fällt gerade größtenteils weg. „Wir wollen unser Personal halten. Das ist mir wichtig, und das ist bisher auch gelungen“, sagt Assmann. Personal für die Führungen würde nun teils in den Nachtwachen eingesetzt. „Eigentlich sehen unsere Vertragsregelungen keine Kurzarbeit vor. In Gesprächen mit der Mitarbeitervertretung konnten wir uns dennoch auf Kurzarbeit verständigen, natürlich bei Ausgleichszahlungen.“ Das seien die Aufgaben, die ihn seit Amtsantritt binden: Am Personal festhalten, den Dom offen halten, die Ohren hinhalten für die Sorgen der Menschen. Da sei noch keine Zeit dafür geblieben, Ideen zu entwickeln, wo er als Dompropst hin wolle mit dem Dom.

Mit welchen Projekten er das Wahrzeichen Kölns nicht nur in der Mitte der Stadt belassen, sondern auch mehr in die Mitte des Lebens von möglichst vielen Menschen rücken will. Aber das wird bei dem neuen Dompropst Guido Assmann sicherlich alles noch kommen. Nur mit der Ruhe. Eins nach dem anderen. Schritt für Schritt.

Rundschau abonnieren