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„Hatte Angst um mein Leben“SEK-Opfer aus Köln berichtet vom traumatischen Erlebnis

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Geflickte Tür nach SEK-Einsatz

In dieser Wohnung lebt der Drogendealer. Die Tür wurde aufgebrochen und dann wieder notdürftig repariert. 

Köln – Nach dem völlig schief gelaufenen Einsatz eines Spezialeinsatzkommandos in Mülheim am Dienstagmorgen, will das Opfer (59) die Polizei verklagen. „Ich werde Strafanzeige stellen. Das Land NRW muss dafür gerade stehen“, betonte der schwer verletzte Mann gegenüber der Rundschau. Ein Anwalt sei bereits eingeschaltet. Die Einsatzkräfte hätten einen „großen Fehler“ gemacht. „Ich will wissen, wie es dazu kommen konnte“, sagte der 59-Jährige weiter.

Kölner berichtet: „Sie haben mich geschlagen und getreten“

Vor allem möchte das Opfer wissen, warum die Spezialkräfte so brutal mit ihm umgegangen sind. „Sie haben mich geschlagen und getreten“, erzählt der Mieter . Ihn stört, dass die Polizei in einer Mitteilung schreibt, dass er leicht verletzt sei.

Nach neuen eingehenden Untersuchungen im Klinik Merheim seien die Ärzte zu dem Befund gekommen, dass der 59-Jährige schwere Verletzungen davongetragen habe. Das Opfer zählte am Mittwoch auf: „Ich habe Hämatome in der Nähe des Auges, ein Blutgerinnsel am Ohr, Hämatome am Oberschenkel und Brustschmerzen“.

Diese Verletzungen würden vermutlich gut verheilen, „aber meine Psyche leidet“. In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch hatte das Opfer nach eigenen Angaben Angstzustände und erinnerte sich an die Festnahme durch die Spezialkräfte. „Das Licht der Blendgranate plötzlich in meiner Wohnung geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Dann brachten mich fünf vermummte Männer zu Boden. Ich habe direkt aus der Nase geblutet. Ich hatte Angst um mein Leben “, sagte der Mieter weiter. Es sei ein „krasses Erlebnis“ gewesen. In den ersten Minuten habe er an einem Raubüberfall gedacht; erst viel später hätten sich die Männer als Polizisten zu erkennen gegeben.

Wie kam es zu der Verwechslung?

Wie es dazu kam, dass die Spezialkräfte die Wohnung verwechselten, wird intern ermittelt, teilte die Polizei mit. Wie der 59-Jährige der Rundschau sagte, ist an seiner Wohnungstür kein Namensschild. „Ich gesamten Haus sind keine Schilder an den Türen“, berichtet der Mann weiter. Eigentlich sollte am Dienstagmorgen ein mutmaßlicher Drogendealer (34) festgenommen werden. Doch der wohnt auf dem Flur gegenüber.

Hatten die Polizisten einen falschen Hinweis bekommen? Derzeit heißt es, dass die Spezialkräfte wegen einer „fehlerhaften Information“ in die Wohnung des unbescholtenen Bürgers eingedrungen sind. „Der Einsatz wird aufgearbeitet“, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch erneut. Bei der Behörde befasst nun die Abteilung für Schadensforderungen mit der zerstörten Tür. Der 59-Jährige müsse den Schaden schriftlich anmelden, ergänzte der Sprecher.

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Am Mittwoch besuchte eine Opferschützerin der Kölner Polizei den 59-Jährigen im Klinikum Merheim. Der verletzte Mann geht davon aus, dass er für die Verarbeitung des Geschehens eine Traumabewältigung unter ärztlicher Aufsicht benötigt. Einen Zeitpunkt kennt das Opfer noch nicht. Aber eins ist für den Mann sicher: In seine Wohnung an der Kieler Straße kehrt er nicht zurück. Er werde erst einmal bei seiner Freundin in Kerpen unterkommen, um Abstand zu gewinnen.