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„Apokalypse und Filterkaffee“Live-Version des Podcasts von Micky Beisenherz begeistert in Köln

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Für seine Show holte Moderator und Podcaster Micky Beisenherz (r.) auch Comedian Bastian Bielendorfer und Sportjournalistin Lena Cassel auf die Bühne der Stadthalle in Mülheim.

Für seine Show holte Moderator und Podcaster Micky Beisenherz (r.) auch Comedian Bastian Bielendorfer und Sportjournalistin Lena Cassel auf die Bühne der Stadthalle in Mülheim. 

Die Live-Version des Podcasts „Apokalypse und Filterkaffee“ von Micky Beisenherz bot in Köln humorvolle Parodien und scharfsinnige Diskussionen.

Einer der heimlichen Stars des Abends war Schauspieler Martin Semmelrogge – besser gesagt, seine Stimme – oder, um exakt zu sein: die Parodie seiner Stimme. Moderator und Podcaster Micky Beisenherz verlieh sie ihm am Sonntagabend in der fast ausverkauften Mülheimer Stadthalle in einem urkomischen Dialog mit Comedian Bastian Bielendorfer. Und um jetzt vollends zu verwirren: Bielendorfer trug Fragen aus einem Spiegel-Interview mit dem enterbten Brauerei-Sohn Clemens Veltins vor, Beisenherz lieferte Veltins Antworten – mit der Stimme von Semmelrogge. Ein Wortwechsel über Drogenkonsum, wilde Partys, Prügeleien und Knast mit der Erkenntnis: Wenn schon Enfant terrible, dann bitte richtig! Oder um es mit „Semmelrogge-Veltins“ zu sagen: „Soll ich weinen? Ich kann mich nicht den ganzen Tag mit alten Geschichten beschäftigen.“

Podcast gehört zu erfolgreichsten deutschen Produktionen

Beisenherz hatte mit Podcaster-Kumpel Andreas O. Loffe, genannt „Loffi“, zu einer Live-Version des Nachrichten-Podcasts „Apokalypse und Filterkaffee“ eingeladen. Das Format, das seit mehr als fünf Jahren täglich mit wechselnden und wiederkehrenden Gästen Nachrichten aus Politik, Kultur, Sport und Boulevard unter die Lupe nimmt, landet in monatlichen Rankings regelmäßig unter den Top-Ten der erfolgreichsten deutschen Produktionen.

Und auch in der Live-Version ging es um Schlagzeilen von Deutsche Bahn bis Donald Trump, nicht immer frisch gebrüht wie im Podcast, aber kurzweilig aufbereitet allemal. Neben Bielendorfer und Loffe nahm Sportjournalistin Lena Cassel auf einem weiteren Bühnensessel Platz.

Spott über Markus Söder

Sie hatte bei so viel Testosteron der anwesenden und imitierten Personen vermeintlich das schwerste Los, fand aber ihre Rolle mit spitzfindigen, kleinen Pointen wie dieser zur Diskussion um ein Social-Media-Verbot ab 60: „Das ist ja eine gute Nachricht – nur noch zwei Jahre Markus Söder!“

Beisenherz griff den Spott über den bayerischen Ministerpräsidenten dankbar auf: „Wir bleiben im Bereich knisternde Erotik.“ Es folgten Bilder und Videos von Söder und von Lars Klingbeil in ziemlich unpassend wirkenden Trainingsoutfits. Bühne frei für spitze Kommentare von der Seitenlinie. Cassel: „Söder sieht aus, als hätte er noch nie 'ne Hantel gehalten.“ Bielendorfer: „Wenn Klingbeil mal schwitzen will, muss er nur zu Miosga gehen.“

Das Thema Fußball fiel, womöglich wegen der von Bielendorfer – obwohl Gelsenkirchener Junge selbst bezeugten Nichtkenntnis, eher anekdotisch aus. So berichtete er davon, dass Mario Basler ihn mal nach dem beherzten Versuch, doch Fußball zu spielen, mit blutenden Zehen in die Notaufnahme gefahren habe. Standesgemäß im Basler-Porsche. Das hat man auch nicht alle Tage. Steilvorlage für Beisenherz, der gerne darauf einging, dass Basler jüngst in der bei ProSieben ausgestrahlten Sendung „Deutschlands dümmster Promi“ mitgewirkt hat. „Punktrechnung geht vor Strichrechnung? Des hat's früher net gegebe. Bei mir gibt's des net“, imitierte der Moderator den Ex-Fußballprofi.

In puncto Tragik konnte das nur noch von den Nachrichten rund um Ex-Sportmoderator Gerhard Delling getoppt werden, der derzeit im Kindesentführungsprozess seiner Frau Christina Block mitangeklagt ist. Die Bühnentruppe sezierte den Fall und kam zu dem Schluss: „Am Ende sind alle happy, nur Delling geht 30 Jahre in den Knast.“

Gäste können sich kaum halten

Das Format schaffte mit Anekdoten, Kommentaren und unverhofftem Schlagabtausch eine quirlig-rauschende, nie langweilige Atmosphäre. Die größten Lacher aber erhielten die, die gar nicht da waren, weil sie bestens inszeniert wurden.

Neben Semmelrogge kam der kürzlich verstorbene Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner zu besonderen Ehren. Beisenherz trug die „Post von Wagner“ (unter anderem an Rennfahrer Ralf Schumacher – es ging um die Brüste seiner damaligen Frau Cora) mit der Stimme von Serienfigur Homer Simpson vor, und nicht nur das Publikum, sondern auch seine Gäste auf der Bühne kriegten sich kaum noch ein vor Lachen. Nicht zimperlich sein, galt für den Kolumnisten zu Lebzeiten. Was Beisenherz, der ihm mit der Parodie längst ein Denkmal gesetzt hat, schwarzhumorig aufgriff: „Gnädiges Versterben ist dann doch gut. Rest in Peace, Franz Josef Wagner.“