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Infografik

Qualitätsbericht für Köln
Bei den KVB gibt es Licht am Ende eines sehr dunklen Tunnels

6 min
Neue Hochflur-Stadtbahnen der KVB

Neue Hochflur-Stadtbahnen der KVB

Die Kölner Verkehrs-Betriebe kämpfen mit Verspätungen, fehlenden Bahnen und Kritik – doch bei den Fahrern gibt es Lichtblicke.

Sie möchte gerne ein „bestelltes Feld“ ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin übergeben. Doch dafür muss die scheidende KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks auf das laufende und das kommende Jahr hoffen. Denn laut des aktuellen Qualitätsberichtes, der das Jahr 2024 unter die Lupe genommen hat, sind die Kölner Verkehrs-Betriebe weiter auf Talfahrt. Im vergangenen Jahr wurde ein neuer Tiefstand bei der Leistungserfüllung erreicht. Zwar verzeichnet der Bericht eine minimale Verbesserung bei der Pünktlichkeit, doch die Inanspruchnahme der sogenannten Mobilitätsgarantie ist sprunghaft angestiegen. Die KVB mussten nicht weniger als 280.000 Euro an Kunden zahlen, die wegen Verspätungen und Ausfällen Regress anmeldeten.

Wie funktioniert der Qualitätsbericht?

Seit 2020 ist die Untersuchung für die KVB eine Pflichtaufgabe, festgelegt im Öffentlichen Dienstleistungsauftrag. Die KVB stellen die Untersuchung auf drei Säulen. Im Testkundenverfahren führen anonyme Tester rund 3000 Tests durch. Die zurückliegenden Berichte haben gezeigt, dass diese Ergebnisse zumeist positiver für den Betrieb ausfallen als die weiteren zwei Säulen. Nämlich das Kundenbarometer, für das mindestens 500 telefonische Kundenbefragungen durchgeführt werden, sowie der Kundendialog, der auf eingehende Meldungen durch die Kunden basiert. In 2024 kamen 27.100 solcher Meldungen zusammen, vorrangig über die sozialen Medien.

KVB-Qualitätsbericht

KVB-Qualitätsbericht

Wie fällt der Bericht für 2024 aus?

Er markiert einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der Qualitätsberichte seit 2020. Obwohl die KVB bereits zweimal den Fahrplan reduziert hatten, wurde dieses ausgedünnte Leistungsangebot nicht erfüllt. Rund 25 Prozent aller Bahnen auf der Stadtbahnlinie 4 sind unpünktlich. Zudem haben sich die Pünktlichkeitsquoten auf den Linien 1, 5, 7, 9, 12, 15, und 16 im Vergleich zum Vorjahr nochmals verschlechtert. Die Linie 4 leidet unter der Sperrung der Mülheimer Brücke für Stadtbahnen – ein Umstand, den nicht die KVB verschuldet haben. Bei der Frage nach der Zufriedenheit mit der Betriebsqualität im Kundenbarometer gibt es seit 2020 einen stetigen Negativtrend. Die Inanspruchnahme der Mobilitätsgarantie ist seit 2020 nahezu auf das 16-fache gestiegen. Rund 16.000 KVB-Kunden forderten Geld zurück. Dass die Zahl der Kundenbeschwerden über die Angebotsqualität in dem Untersuchungszeitraum dennoch leicht gesunken ist – von 633 in 2023 auf 448 in 2024 –, kann dabei wohl nur als Resignation gewertet werden.

Liegt die Schuld allein bei den KVB?

Es gibt äußere Einflüsse, die nicht allein auf das Konto der KVB gehen. Bei der Marktlage in 2024 war die Ersatzteilbeschaffung eine Herausforderung, wodurch Bahnen nicht immer einsetzbar waren. Bundesweit leiden alle Verkehrsbetriebe unter Personalproblemen. Auf dem Problemfeld Rolltreppen und Aufzüge kämpfen die KVB gegen Vandalismus an. Allein an der Haltestelle Deutz /Messe gehen rund 43 Prozent der Ausfälle auf Zerstörungswut zurück. Dennoch kann der Betrieb auf diesem Gebiet leichte „Geländegewinne“ verzeichnen. Die Gesamtverfügbarkeit der Rolltreppen hat sich um 0,6 Prozent verbessert. Bei den Aufzügen gar um 3,2 Prozent. Der stetige Austausch veralteter Anlagen gegen moderne Technik trägt Früchte.

Wie steht es um die bestellten Bahnen?

Zu einem Trauerspiel ohne absehbares Ende scheint sich die Bestellung neuer Bahnen bei einem Konsortium aus Alstom Transport Deutschland GmbH (Salzgitter) und Kiepe Electric GmbH (Düsseldorf) zu entwickeln. 2020 haben die KVB dort 92 neue Bahnen bestellt. Ende 2023 sollte eine sogenannte Vorserie nach Köln geliefert werden. Die Serienfahrzeuge sollten 2024 folgen. Bisher ist nichts davon angekommen. Zwar habe Alstom am 30. Juni einen neuen Zeitplan vorgelegt, „den können wir aber nicht akzeptieren“, sagt dazu die KVB-Chefin Haaks. Die dort genannten Ziele seien nicht realistisch. Darum habe sie für September einen neuen Terminplan eingefordert.

Ab wann schließt die KVB nachts Haltestellen?

Ein massives Problem ist es für den Betrieb, dass zunehmend Obdachlose und Drogenkranke nachts Zuflucht in den unterirdischen Haltestellen suchen (die Rundschau berichtete). Weil die Menschen unter den Bahnsteigen neben den Gleisen schlafen und sich in den Tunneln bewegen, besteht Gefahr für Leben und Betriebssicherheit. Der Betrieb hat ein neues Sicherheits- und Sauberkeitspaket geschnürt. Ein Kernpunkt davon ist die Schließung der U-Bahnstationen in den nächtlichen Betriebspausen. Am Appellhofplatz sollte ein erster Versuch starten. Doch der scheint auf ungewisse Zeit verschoben zu sein. „Diese Maßnahme muss von Alternativangeboten begleitet werden, damit die hilfsbedürftigen Menschen nicht nachts vor unseren Rolltoren enden“, sagt Haaks. „Das Gesamtkonzept liegt nicht in unserer Hand“, verweist die KVB-Chefin auf die Stadtverwaltung. Doch auf die Frage, ob von dieser Seite noch nichts gekommen sei, weicht sie vielsagend aus: „Wir sind in Abstimmungen.“

Vermisst Haaks Unterstützung?

„Ich kann nicht sagen, wir werden nicht unterstützt. Ich kann aber auch nicht sagen, wir werden gut unterstützt“, sagt die KVB-Chefin in Bezug auf Politik und Verwaltung. Bei der Bestellung neuer Bahnen stünden die Partner sehr wohl mit Kreditgarantien Gewehr bei Fuß. Jedoch: Der Betrieb habe im Juni 2024 ein Betriebssicherungskonzept vorgelegt. Das sehe unter anderem vor, ineffiziente Buslinien zu streichen. Allen voran die sogenannten Expressbuslinien entlang der Aachener Straße, die einst gegen den Willen der KVB von der Politik eingefordert wurden. Durch die Streichungen sollen Kapazitäten für wichtigere Aufgaben frei werden. „Doch bis heute werden die Füße still gehalten“, kritisiert Haaks, dass diesem Konzept keine politischen Beschlüsse und kein Verwaltungshandeln gefolgt sei. Die Zuschüsse zu dem defizitären Verkehrsbetrieb wurden angesichts knapper Finanzmittel auf rund 160 Millionen Euro   im Jahr gedeckelt. Zur Umsetzung der Ziele für die Verkehrswende bräuchte es gut und gerne das Doppelte. „Von uns wird eine Leistungssteigerung gefordert, bei gleichzeitigen Sparauflagen“, kritisiert Haaks. Dieses Dilemma sorge für Planungsunsicherheit.

Zeigen die neuen Sicherheitsstreifen Wirkung?

Dass die KVB zusammen mit Ordnungsamt und Polizei die Haltestellen verstärkt kontrolliert, macht sie nach der Überzeugung der Betriebsleitung sicherer. Doch die Maßnahme hat Nebenwirkungen, wie Florian Römer, Bereichsleiter Fahrgastsicherheit und Werkschutz, berichtet. Es finden Verdrängungen in der Drogenszene statt. Betroffen davon sind laut Römer der Josef-Haubrich-Hof, der Bereich Körnerstraße in Ehrenfeld oder auch der Kartäuserhof.

Warum ist die KVB-Chefin dennoch optimistisch?

Stefanie Haaks wird den Betrieb auf eigenen Wunsch spätestens Ende März 2026 verlassen. Nach Informationen der Rundschau will der Aufsichtsrat voraussichtlich im September über ihre Nachfolge entscheiden. Was sie zuversichtlich stimmt, dass der neue oder die neue KVB-Chefin bessere Startbedingungen bekommt, als der aktuelle Qualitätsbericht vermuten lässt, ist die Personalentwicklung. Haaks kündet für den kommenden Herbst an, dass alle offenen Stellen im Bereich der Stadtbahnfahrer besetzt sein werden, die KVB bis dahin also ihr drängendstes Personalproblem gelöst haben werden. Dennoch wird die Erfüllung des Fahrplans weiterhin eine Herausforderung bleiben, weil es eben an Bahnen fehlt. Die Neueinstellungen werden dennoch zum Einsatz kommen. Denn unter dem Personalmangel haben die verbliebenen Fahrerinnen und Fahrer Überstunden angehäuft, die bei Vollbesetzung abgebaut werden können.