Interview Bürgermeister Rodenkirchen„Eine Operation am offenen Herzen“

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Der Rodenkirchener Bezirksbürgermeister Mike Homann blickt im Interview in die Zukunft. 

Rodenkirchen – Seit Januar 2012 ist Mike Homann (SPD) Bezirksbürgermeister von Rodenkirchen. 

Wie sind Sie zur politischen Arbeit auf kommunaler Ebene gekommen?

Homann: Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Mein Großvater war im Bergbau tätig. Schon als Kind lernte ich die Umstände kennen, mit Sozialhilfe zurechtkommen zu müssen. Deshalb war meine Partei ganz klar schon immer die SPD. Ich wollte allerdings auch immer eine Familie haben. Die Arbeit in der Politik auf Bundesebene halte ich damit für unvereinbar.

Es bleibt dabei, Sie kandidieren nicht mehr als Bezirksbürgermeister? 

Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass das Amt nicht mehr das Richtige für mich ist, ich mache das ja schon länger. Die Erkenntnis war eher schleichend, aber der Entschluss ist gereift. Auch wenn ich als Bezirksbürgermeister sicherlich viele Dinge anstoßen kann. 

Welche zum Beispiel? 

Ein großes Thema war die Stärkung der Bezirke. Ich glaube, die großen Brocken habe ich erledigt. 

Hat die Demokratie durch die jüngsten Entwicklungen einen Dämpfer erfahren? 

Ich denke, ein Großteil der Bevölkerung ist stark mit sich selbst und seiner direkten Umgebung beschäftigt. Deshalb bilden sich viele projektorientierte Bürgerinteressen, die dann eben nur für den Godorfer Hafen oder den Sürther Bahnhof eintreten. Das ist allerdings ein gesellschaftliches Problem, das nicht unbedingt etwas mit der Politik zu tun hat. 

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Was ist Ihr Demokratieverständnis? 

Man kann Prozesse nur erklären. Zu sagen, das wird schon, löst Probleme nicht. Ich bin aber überzeugt, dass auch mal etwas daneben gehen darf. Es ist wichtig, junge Menschen früh genug in Prozesse einzubinden. Das Jugendforum ist vielleicht das wichtigste Projekt, das ich als Bezirksbürgermeister angeschoben habe.

Wo drückt der Schuh im Bezirk Rodenkirchen? 

Eines der großen Probleme haben wir schon, dazu gehört die Explosion der Grundstückspreise. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. Das kooperative Baulandmodell muss passen. Ein wachsende Stadt und jede Wohnung ist für sich genommen gut, führt aber zu weiteren Problemen. Der Nahverkehr wird ein großes Thema. Zum Beispiel am Sürther Feld mit den Neubauten der Offenen Schule Köln, der Gesamtschule, der Ernst-Moritz-Arndt-Schule und dem Zuwachs in Michaelshoven. An der Aral-Tankstelle brauchen wir einen Kreisel, und zwar einen sehr großen. 

Wie sehen Sie Ihre Zeit als Bezirksbürgermeister? 

Ehrlich gesagt, traue ich mich noch nicht, bereits zurückzublicken. Den Kita-Notstand haben wir, glaube ich, gut gelöst. Wir haben eine Bezirkssportanlage bekommen. Persönlich war am Anfang die Umstellung groß, eine Sitzung zu leiten. Rückblickend hat mir das Amt viel gegeben und gebracht. Vor allem Kontakt zu den Bürgern. Ich liebe es, Menschen zusammen zu bringen und zu sehen, dass Dinge gelingen, wenn auch nicht immer im ersten Ansatz. Auf dem Feld in Rondorf hatten wir bei einem ersten Gespräch mit fünf Nachbarn gerechnet, es kamen 250. Damit muss man dann umgehen können. 

Rondorf bleibt Thema? 

Rondorf Nord-West wird ebenso ein großes Thema bleiben wie der Großmarkt, die Parkstadt-Süd und die Umgehungsstraße in Meschenich. Was man aber am meisten merken wird, ist der Abriss des Bezirksrathauses. Der Auszugstermin ist jetzt auf Ende August terminiert, oder besser im dritten Quartal. Das wird wie eine OP am offenen Herzen und für Rodenkirchen eine große Herausforderung. Es wird heftig in der Bauzeit, um nicht zu sagen eine Katastrophe. 

Hat sich das Miteinander in der BV verändert? 

Heute wird keine Idee und keine Partei in der Bezirksvertretung mehr ausgegrenzt. Das war am Anfang nicht so. Da wurde zunächst die SPD ausgegrenzt, dann die CDU. Das ist jetzt anders. Es ist wichtig, alle Fraktionen mitzunehmen. Wenn in Rondorf über eine weiterführende Schule entschieden wird, die nicht das Votum des Bezirks trifft, geht das eigentlich gar nicht. Eine Entscheidung ist fundierter, wenn sie im Bezirk getroffen wird. Die Qualität der Entscheidung spiegelt sich eher wieder, wenn sie ortsnah getroffen wird. Deshalb ist das Thema Stärkung der Bezirke wichtig. Wichtig wäre auch wieder eine Verwaltung im Bezirk, die zentral schalten kann. Früher hatte ein Bezirksamtsleiter wie Hubertus Tempski 450 Mitarbeiter, jetzt sind es noch 35. Das ist ein strukturelles Problem. 

Sie streben das Amt des Oberbürgermeisters an. 

Bei der Kommunalwahl bin ich im Wahlkreis Rondorf für den Rat aufgestellt. Der Wille zur Veränderung ist da. Ich sehe keine großen Unterschiede zwischen dem Bezirksbürgermeister und dem Oberbürgermeister. Den repräsentativen Teil und ein Gremium zu leiten, habe ich bewiesen. Eine Verwaltung zu leiten stünde dann noch aus. 

Ist das der Plan?

Am 15. Februar ist Wahlkreiskonferenz. Da wird sich die SPD entscheiden, wo es hingeht. Christiane Jäger und Christian Joisten müssen einen Vorschlag für einen OB-Kandidaten einbringen. Es muss aber auf städtischer Ebene jemanden geben, der das jetzige Muster durchbricht. Für alles muss es ein erstes Mal geben. Vor mir war das hier auf Bezirksebene genauso.

Ihr größter Wunsch? 

Durch den Wahlkampf darf es keinen politischen Stillstand geben. Derzeit hat die SPD ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ich denke, hier ist ein Potenzial von 25 bis 30 Prozent möglich. Im Bezirk wird die CDU stärker als die Grünen bleiben. Die Frage wird sein, reicht das für den Rest?  

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