Nicht unmittelbar am Neumarkt, aber in 900 Metern Entfernung –und so für suchtkranke Menschen erreichbar – soll das geplante Hilfezentrum für Drogenonsumierende entstehen.
Runder Tisch des OBKölner Suchthilfezentrum soll nicht nach Kalk

Hilflos: Nach dem Konsum von Crack bleiben Mensch oft bewusstseinsgetrübt da sitzen, wo sie konsumiert haben.
Copyright: Meike Böschemeyer
Bei der Suche nach einem Platz für das geplante Suchthilfezentrum für Menschen, die illegale Drogen konsumieren, gibt es einen Richtungsentscheid. Zwei Standorte seien in der engeren Wahl, beide befinden sich im linksrheinischen Köln, „in erreichbarer Nähe zum Neumarkt“, heißt es aus informierten Kreisen.
Favorisiert werde eine Fläche in rund 900 Metern Entfernung vom Neumarkt nahe einer KVB-Haltestelle. Der bislang auch als Areal für ein schnell umzusetzendes Interim diskutierte Standort auf einer Brachfläche gegenüber dem Polizeipräsidium in Kalk, den Polizeipräsident Johannes Hermanns ins Gespräch gebracht hatte, ist nach Rundschau-Informationen vorerst vom Tisch. Die lange in Rede stehende Fläche Josef-Haubrich-Hof neben dem städtischen Drogenkonsumraum an der Lungengasse werde ebenfalls nicht mehr in Erwägung gezogen, hieß es weiter. Angestrebt werde die Festlegung eines Standortes bis Jahresende.
Zunächst kommen Container zum Einsatz
Die aktuell diskutierten zwei Standorte liegen nicht unmittelbar am Neumarkt. Sie bieten genügend Fläche, um sowohl Konsum- als auch Aufenthalts-, Behandlungs- und Ruheplätze sowie eine Beratungsmöglichkeit nach dem Vorbild des „Zürcher Modells“ zu realisieren. Das Suchthilfezentrum soll zunächst mithilfe von Containern aufgebaut werden. Die Konzentration sämtlicher Hilfsangebote an einem Ort soll dazu beitragen, den Drogenkonsum und den Aufenthalt von Drogenkranken auf Straßen und Plätzen der Innenstadt erheblich zu reduzieren. Eine ausreichend große Aufenthaltsfläche im Freien ist nötig, um Konflikte zu vermeiden und die Anlaufstelle für möglichst viele Hilfebedürftige gangbar zu machen. Vor einigen Wochen waren etwa Standorte wie ein Areal an der Poststraße und der Bereich Alte Mauer am Bach, wo bereits jetzt häufig konsumiert wird, oder auch ein Teil des Pantaleons-Parks im Gespräch. Mit Fertigstellung des Hilfsangebotes soll die Polizei in der Kölner Innenstadt noch massiver gegen Handel mit illegalen Drogen sowie den Konsum vorgehen.
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Der OB hat als eines der ersten Themen seiner Amtszeit die Suche nach einem neuen Standort aufgegriffen.
Vor rund zwei Wochen hatte Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) einen Runden Tisch zum Neumarkt einberufen. Nach Rundschau-Informationen nahmen Polizeipräsident Johannes Hermanns, Sozialdezernent Harald Rau sowie Vertreter verschiedener politischer Fraktionen und die Vorstände der beiden großen Kölner Suchthilfeträger Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) und Drogenhilfe Köln teil. Dass sie an den Gesprächen beteiligt werden, hatten die Träger zuvor in einem offenen Brief an Politik und Verwaltung gefordert. Sie betonen: Wenn erfahrene lokale Träger frühzeitig einbezogen werden, könne das geplante Suchthilfezentrum auch unter schwierigen Bedingungen schneller und mit größtmöglicher Sachkenntnis umgesetzt werden.
Im Wahlkampf hatte Burmester Sicherheit und Sauberkeit am Neumarkt zu einem seiner zentralen Themen gemacht. Im Oktober waren Hermanns und Rau nach Zürich gereist, um sich persönlich vor Ort ein Bild vom „Zürcher Modell“ in der Drogenpolitik zu machen und daraus Erkenntnisse für mögliche Maßnahmen in Köln abzuleiten. Das „Zürcher Modell“ steht für eine Kombination umfassender Hilfsangebote einerseits und konsequenter Sanktionierung von Drogenhandel und Drogenkonsum in der Öffentlichkeit andererseits.
Aus der vom OB initiierten Gesprächsrunde hat sich der Ansatz herauskristallisiert, ein Suchthilfezentrum linksrheinisch nahe dem Neumarkt aufzubauen und die Brachfläche in Kalk vorerst nicht in Betracht zu ziehen. Auf Anfrage wollte sich Burmester nicht näher zu den Plänen äußern.
Sein Sprecher Alexander Vogel sagte, er könne „bestätigen, dass der Oberbürgermeister als eines der ersten Themen seiner Amtszeit die Suche nach einem neuen Standort aufgegriffen hat und dazu auch bereits Gespräche mit verschiedenen Akteuren, auch der Politik, initiiert und geführt hat. Aus nachvollziehbaren Gründen finden diese Gespräche vertraulich statt und sind auch noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es zeitnah eine Lösung präsentieren zu können.“
4000 Konsumvorgänge pro Monat im Hilfeangebot am Neumarkt
Der Bedarf suchtkranker Menschen nach Hilfe ist ebenso offenkundig wie die Notwendigkeit, das Neumarktumfeld zu entlasten. Ein großer Teil der suchtkranken Menschen dort nutzt den Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt am Neumarkt, Eingang Lungengasse. 4000 Konsumvorgänge würden dort monatlich verzeichnet, so Rau. Zudem komme es zu mindestens zehn lebensbedrohlichen Notfällen im Monat. Nach einer Studie im Auftrag des Gesundheitsministeriums NRW hat sich die Zahl derjenigen, die in Neumarktnähe Crack konsumieren, von Ende 2023 bis Ende 2024 mehr als verdoppelt. Ein Teil der Drogenkranken konsumiert auch in Hauseingängen oder suchte bis vor wenigen Wochen die Tiefgarage Cäcilienstraße dazu auf. Da es in der von der Stadt betriebenen Anlaufstelle am Neumarkt keine Aufenthaltsmöglichkeiten gibt, sitzen oder liegen die unter Drogeneinfluss stehenden Menschen nicht selten in den Eingängen von Häusern und Geschäften. Anwohnende und Geschäftsleute klagen über teils massive Verschmutzungen.
Durch die in den vergangenen Wochen zeitweise deutlich verstärkte Polizeipräsenz und die ausgesprochenen Verweilverbote weichen zunehmend mehr suchtkranke Menschen auf andere innerstädtische Orte wie Hansaring, Friesenplatz, Ringe und Rudolfplatz sowie auf U-Bahnhöfe in Ehrenfeld und Neu-Ehrenfeld aus. Auch diese Verlagerung soll durch ein ausreichend großes Suchthilfezentrum in der Innenstadt gestoppt werden.
Die jährlichen Betriebskosten für jedes der drei insgesamt vom Sozialdezernat geplanten Suchthilfezentren (siehe Infotext) belaufen sich nach Schätzung des Sozialdezernats auf fünf Millionen Euro pro Jahr. Die Finanzierung ist bislang ungeklärt.

