Kölner Initiative „Dokomotive“Ein Kino im Tropenhaus und andere ungewöhnliche Kino-Erlebnisse

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Zwischen Palmen steht im Tropenhaus eine Kinoleinwand.

Zwischen Palmen steht im Tropenhaus eine Kinoleinwand.

Die Kölner Initiative will Kinoerlebnisse an besonderen Orten schaffen. Dafür wird die „Dokomotive“ nun mit einem Preis belohnt.

Die „Dokomotive“ erschafft magische Momente. Bei einer großen, deutschlandweiten Kinotour durch Tropenhäuser erlebte das Publikum in feuchtheißer Dschungelatmosphäre „El Cacique“, die Geschichte von einem alten Mann und dem Verhältnis zu seinem Kampfhahn auf einer kolumbianischen Insel. Beklemmende Erfahrungen machten Zuschauerinnen und Zuschauer bei einer anderen Filmpräsentation im Kölner Landgericht. Bevor sie „Auf Anfang“ im nüchternen Justizzentrum auf harten Stühlen statt in plüschigen Kinosesseln verfolgen konnten, mussten sie durch die Sicherheitsschleuse und wurden emotional eingestimmt auf den Dokumentarfilm über einen Straffälligen und die (gescheiterten) Versuche seiner Resozialisierung.

Gut vernetzt und engagiert: Markus Lenz, Berta Valin Escovet und Eli Roland Sachs.

Gut vernetzt und engagiert: Markus Lenz, Berta Valin Escovet und Eli Roland Sachs.

Vom Krankenlabor bis zum abgerockten Fitnessstudio: Die Kölner „Dokomotive“-Plattform schaffte in den vergangenen Jahren viele besondere Filmmomente passend zur jeweiligen Story von Kölner Dokumentarfilm-Macherinnen und -machern. Sie inszeniert Erlebnisse für das Publikum an ungewöhnlichen Orten und möchte für das Genre und seine Produktionen mit individueller Handschrift mehr Aufmerksamkeit erzeugen. „Wir schaffen starke Erfahrungen“, sagt Gründungsmitglied Markus Lenz.

„Dokomotive“: Aufmerksamkeit über die Stadtgrenzen hinaus

Was als Initiative klein begann, hat sich weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht – und kann sich nun über die Verleihung des Kölner Kulturpreises am 23. Mai freuen (s. Info). Der Name ist dabei Programm: Er fügt das Bild vom Zug als treibende Kraft zusammen mit dem Dokumentarfilm.

„Wir treffen uns regelmäßig, diskutieren Filme und wählen aus, welche wir wie präsentieren möchten“, erklären Markus Lenz, Berta Valin Escofet und Eli Roland Sachs von der Plattform beim Gespräch in der Büro-Filmetage am Mülheimer Kunstwerk – alle Absolvierende der Kölner Kunsthochschule für Medien. Der Zusammenschluss versteht sich auch als Filmvermittlungs-Plattform mit starkem Erlebnischarakter, möchte das Publikum außerhalb herkömmlicher Kinos mit „Special Screenings“ für die Stoffe sensibilisieren, die Themen in Diskussionsrunden tiefer ausleuchten und Brücken bauen zwischen den erzählten Geschichten und ihrem Publikum.

Kino bleibt Sehnsuchtsort

Diese „Schule des Sehens“ stehe ein für eine kritische, sensible und poetische Auseinandersetzung mit der Welt, gerade in Zeiten der kurzlebigen Bilderflut: Die Digitalisierung mit Streaming, Video & Co „haben die Sehgewohnheiten stark verändert“, bestätigt Sachs. Dagegen setzt die Dokomotive auf intensive Live-Begegnungen mit Tiefgang und „magischen Momenten, wenn die Geschichte auf der Leinwand und die Realität miteinander verschmelzen “, so Lenz. „Für uns alle bleibt Kino ein absoluter Sehnsuchtsort“, betont Berta Escofet.

Die einzigartige Plattform sei „etwas aus der Not heraus geboren worden“, erklärt Markus Lenz, denn solche frei gestalteten Dokumentarfilme von Autorinnen und Autoren hätten es „oft superschwer“, in die Kinoprogramme oder auf TV-Sendeplätze zu kommen ¬ außer in Nischenkinos oder Festivals. Sie zeige das, was andere meist nicht senden. In den (mindestens) 90-minütigen Dokumentarfilmen stecke viel, oft jahrelange Arbeit - und die ist meist einsam. „So entstand auch das Bedürfnis nach mehr Austausch und Zusammenarbeit – als Gegenpol zur Einsamkeit “.

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