In unserer Serie „Kunst im öffentlichen Raum“ stellen wir heute das Umspannwerk der KVB in der Nähe der Severinsbrücke vor.
Kunst am BauKölner Umspannwerk wird zur Galopprennbahn

Ute Piroeth und Wolfgang Rüppel vor dem Umspannwerk im Sionstal.
Copyright: Thomas Brill
Ute Piroeth zieht es regelmäßig „zu meinen Pferden“. Gemeint ist das Bild auf der Umhüllung des Zweckbaus für das Umspannwerk der KVB im Sionstal. Damit wird ein Umspannwerk bezeichnet, das Bahnstrom aus dem öffentlichen Stromnetz oder dem Hochspannungs-Bahnstromnetz bereitstellt.
Beton geschickt versteckt
Das Gebäude ist Hingucker und meditativer Bezugspunkt zugleich: Pferde galoppieren über die Lamellenwand. Die Architektin liebt den lauschigen Platz im Sionstal, in dem die alten Bäume so fest wurzeln, „als stampften Elefanten auf den Boden“. Diese Assoziation spricht für ihre Fantasie, mit der sie dem Platz ein ganz eigenes, aber gleichzeitig auch angenehm unaufdringliches Gepräge gegeben hat.
Zusammen mit dem Künstler Wolfgang Rüppel schuf sie 2015 den Kubus mit leichtem Knick auf der Freifläche einer Verkehrsinsel unweit der Severinsbrücke. Der Clou ist die Konstruktion vor dem Beton. Je von welchem Winkel aus man hinschaut, ist es ein edles Graubild, eine bunte Konfetti-Wand oder eine funktionale Hülle in Rostrot. Es versteckt geschickt den funktionalen Betonkubus mit der Technik für das Umspannwerk.
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Linst man durch die Lamellen, erspäht man Warnhinweise. Die Trafos brummen und wer genau hinschaut, sieht die Schlösser für die Sicherheitstüren, die das Kunstwerk für das Technikteam öffnen. „Schmuck-Kästchen“ nennen Pieroth und Rüppel ihr Werk, dessen Modell auch ohne Probleme in einer Vitrine des MAKK (Museum für Angewandte Kunst Köln) stehen könnte.
Lang daran getüftelt
Rüppel und Piroeth haben lange getüftelt, bis sie den Entwurf in der KVB-Leitzentrale auf riesigen Bildschirmen präsentieren konnten. Es gab einige Herausforderungen. Denn aufgrund der Hochwassersituation sollte es ein Hochbau sein, der auf der Kuppe des von Straßen umsäumten Geländes steht. Bei der Planung kam erschwerend hinzu, dass der Platz damals als Baustellendepot für das Wohnviertel so zugestellt war, dass sie nur erahnen konnten, mit was für einem Gelände sie es eigentlich zu tun hatten.
Aber das ist nun alles über zehn Jahre her und der Betonkubus mit der Kunst am Bau steht — abgesehen von ein bisschen Blütenstaub und Vogelkot — so imposant da wie am ersten Tag. Womöglich wäre ein Betonbau verschmiert oder beklebt worden. So galoppieren die Pferde mit einer Leichtigkeit, die Freude macht. Der Bau fügt sich in die grüne Insel wie ein gewachsenes Organ, wie eine natürliche, gewachsene Formation.
Rüppel sagt ganz uneitel, dass er das Pferdebild aus Vorlagen kreierte. Die eigentliche Herausforderung lag in der Drucktechnik. Den Photoshop musste der Künstler für das, was ihm vorschwebte, austricksen. Was ihm gelang.
„Tarnen und Täuschen“
Das Bild ist in vier Farben aufgerastert. Tritt der Betrachter nah heran, sieht er kleine, bunte Farbfelder, in die sich schwarze Punkte einfügen. Auf den Fassadenhohen Lamellen sind diese mit hochfeste m UV-beständigen Farblack in grober Rasterung aufgedruckt. Der Lamellenabstand von sechs Zentimetern und die Auflösung in den Vierfarbmodus lassen das Bild aus der Nähe in gelbe, magenta- sowie cyanfarbene und schwarze unregelmäßige Flecken zerfallen, die sich erst auf größere Distanz zu unterschiedlich hellen und dunklen Grautönen verbinden und das Motiv erkennbar werden lassen.
Eine „optische Farbmischung“, wie Rüppel erläutert. „Tarnen und Täuschen“, nennt er seine unkonventionelle Idee. Das wie leicht dahingetupfte Bild mit den Pferden fügt sich aus einiger Entfernung gesehen in noblen Graustufen zusammen.
Tritt der Betrachter wiederum zur Seite, schaut er auf die Rückseite der Lamellen, die in einem rostroten Lack gehalten sind. Farblich orientierten sich Piroeth und Rüppel an den Gebäuden des Umfelds, den Wohnhäuser mit Backsteinfassaden und der alte Kirche St. Gregorius Am Elend.
Lob auf verkehrsgerechte Planung
Beeindruckt ist Ute Piroeth von der ursprünglichen verkehrsgerechten Planung der 50er und 60er Jahre. „Hier gibt es zwischen den Straßen schöne Grünflächen“, schwärmt sie. „Dagegen bin ich erschüttert, wie viele meiner Berufskollegen heute mit der Gestaltung des öffentlichen Raums umgehen.“ Moderne Wohnsiedlungen, findet auch Rüppel, hätten viel zu wenig Grün. Auch bei der Verdichtung von Stadträumen bewiesen viele Planer nicht immer eine glückliche Hand.
Auch Rüppel studierte Architektur, arbeitete einige Jahre in dem Beruf, war in der Stadtplanung, und wechselte vor 40 Jahren zur Kunst am Bau. Damals waren die Rahmenbedingungen noch besser, gehörten künstlerische Konzepte doch oft zur Ausschreibung dazu. Heute wird das Thema eher stiefmütterlich behandelt, gilt als Luxus.
Piroeth und Rüppel sind daher froh, dass sie ihren Auftrag für das Umspannwerk erhielten, als das Stadtplanungsamt die Kunst am Bau ausdrücklich forderte. „Die Stadt hat uns bei dem Umspannwerk, wie auch bei anderen Projekten total unterstützt“, sagt Ute Piroeth. Und was hält Künstler und Architektin zusammen? „Jeder respektiert den Bereich des anderen“, sagtPiroeth. „Sie scheut sich nicht, die Architektur verschwinden zu lassen“, sagt Wolfgang Rüppel anerkennend über seine Kollegin.