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Interview

Verteidigungs-Staatsekretär Hartmann
„Russische Seite unterscheidet nicht zwischen Frieden, Krise und Krieg“

10 min
Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Ausgabe: Sebastian Hartmann beim Rundschau-Interview.

Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Ausgabe: Sebastian Hartmann beim Rundschau-Interview.

Deutliche Worte von Sebastian Hartmannn (SPD), Parlamentarischer Staatsekretär im Verteidigungsministerium: „Die Bundeswehr muss also bereits jetzt in der Lage sein, das Nato-Bündnis zu verteidigen", sagt er vor dem Hintergrund der russischen Aufrüstung.

Die Ukraine steht in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland unter hohem Druck. Dabei erleben wir, dass Russland vor allem unglaubliche Massen an Waffen einsetzt. Reicht unsere Hilfe für die Ukraine aus?

Schon in den letzten Jahren haben die russischen Angreifer militärische Gewalt absolut rücksichtslos angewendet und einen enormen Kräfteeinsatz betrieben – und trotzdem hat es die Ukraine geschafft, sich tapfer zu verteidigen. Das liegt am klaren Verteidigungswillen der ukrainischen Gesellschaft. Dazu kommen unsere Lieferungen und Unterstützungsbeiträge bis hin zur Luftverteidigung. Aktuell erleben wir eine Massierung russischer Angriffe auf die zivile Infrastruktur, um Städte in der Winterzeit unbewohnbar zu machen. Zugleich wird versucht, Frontstellungen zu durchbrechen. Trotzdem: Russland hat es mit seiner sogenannten Spezialoperation seit Jahren eben nicht geschafft, innerhalb weniger Wochen zu siegen.

Wir Deutschen erhöhen unseren finanziellen Beitrag, so auch die aktuelle Entscheidung des Bundestages und wir haben mit den amerikanischen Verbündeten Wege gefunden, sehr zügig Material in die Ukraine zu liefern. Zudem helfen wir der Ukraine, ihre Rüstungsindustrie auszulasten. Wir müssen viel tun und die Ukraine weiter unterstützen, damit sie in eine Position der Stärke kommt, um eine Entscheidung zu ihren Konditionen zu erreichen.

Beschaffen wir die richtigen Systeme? Auf russischer Seite beobachtet man: Das ist nicht besonders teuer und präzise, was sie einsetzen – es ist vor allem viel.

Natürlich hat sich die russische Seite umgestellt. Sie setzt auf unbemannte Systeme, auch mit zugelieferter Technologie aus dem Iran. Sie setzt darauf, westliche Embargos zu umgehen und möglichst viel selbst zu produzieren. Ein erheblicher Teil dieser Produktion wird nicht an die Front geführt, sondern einlagert, und man darf fragen: wofür eigentlich? Daraus ergibt sich eine Ableitung für die Nato: Wir müssen auch in der Lage sein, unsere Lager zu füllen. Russland hat seine Technologie und sein Beschaffungswesen verändert, wir tun es auch. Wir haben also zwei Herausforderungen zugleich: Der Ukraine zu helfen und zugleich Russland davon abzuhalten, auch nur den Versuch zu machen, einen Fuß auf Nato-Territorium zu setzen – egal wo, vom äußerten Nordosten bis zum Süden des Bündnisgebiets. Es geht um die Abschreckung eines Aggressors.

Konkret nachgefragt: Allein an der ukrainischen Front setzt Russland 900 Einweg-Drohnen pro Tag ein, sogenannte Loitering Munition. Die Bundeswehr kauft jetzt auch solche Systeme. Wie viele?

Ich darf Ihnen keine konkrete Zahl nennen, ich sage nur: Wir setzen stets auf das, was aktuell am Markt verfügbar ist. Es wird heute nicht das System sein, dass in zwei oder drei Jahren zur Anwendung kommen würde, wenn wir angegriffen würden – wovon wir Russland ja abhalten wollen. Wir sehen an den Fronten in der Ukraine Innovationszyklen von zum Teil wenigen Wochen. Entsprechend müssen wir unser Beschaffungssystem ändern. Dass wir schneller geworden sind, zeigt das Beispiel unserer neuen Drohnenabwehrtruppe, offiziell: Schnelles Reaktionselement. Wir haben die in kürzester Zeit auf die Beine gestellt und konnten damit schon Verbündete in Belgien und Dänemark unterstützen. Das war eine Frage der Beschaffung, aber auch der Ausbildung. Wir sind wirklich schneller geworden.

Die EU will einen sogenannten militärischen Schengen-Raum bilden, um Truppenbewegungen zu vereinfachen. Dabei gibt es Kritik an Deutschland, hier brauche man praktisch für jedes Bundesland eine Durchfahrgenehmigung. Haben wir zu viel Bürokratie?

Bürokratie darf jedenfalls keine Rolle mehr spielen. Deutschland hat eine sogenannte Drehscheibenfunktion. Der Operationsplan Deutschland hat das Ziel, in kürzester Zeit eine große Zahl von Soldaten mit Material quer durch Europa zu verlegen, dies schon in Friedenszeiten, nicht erst im Spannungs- oder gar Verteidigungsfall. Wir müssen in der Lage sein, die Truppen ganz schnell vom Westen Europas an die Nordostflanke zu verlegen. Einen Teil dieser Aufgabe wird die Bundeswehr erfüllen. Wir wissen genau, wann wir wo sein müssen und wer was zu tun hat. Und wir planen mit unseren Partnern in Benelux die Transportkorridore. Genehmigungen müssen gegenseitig anerkennungsfähig sein. Ich kann Ihnen aber versichern, im Falle eines Falles würden wir so ein Dokument auch mal nachreichen.

Können wir uns noch auf die US-amerikanischen Partner verlassen?

Wir fassen gemeinsam belastbare Beschlüsse wie zuletzt auf dem Nato-Gipfel in Den Haag. Die Erwartungshaltung der US-Amerikaner trifft sich mit der aller Nato-Partner: Jeder muss einen Beitrag nach seiner Leistungsfähigkeit leisten. 3,5 Prozent Verteidigungsausgaben plus 1,5 Prozent verteidigungsnahe Ausgaben. Dem kommt Deutschland nach. Bei den US-Partnern erlebe ich hohe Anerkennung dafür. Und US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat klar gesagt: Kein Soldat aus Russland darf seinen Fuß auf Nato-Territorium stellen. So funktioniert Abschreckung.

Also: Können wir uns auf die USA verlassen?

Ja, wobei wir sehen müssen, dass die USA verstärkt den Pazifikraum in den Blick nehmen. Umso mehr müssen wir darauf achten, dass der europäische Raum bis hin nach Afrika von uns gesichert und abgedeckt wird.

Wir müssen uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen.
Sebastian Hartmann

Müssen wir uns auf mehr Militärtransporte und Übungen einstellen? Lange Lkw-Kolonnen auf Autobahnen wie in den 1980er Jahren?

Die Präsenz der Bundeswehr wird steigen, auch, weil wir wieder mehr Liegenschaften entwickeln. Die neue Bundeswehr wird nicht mehr nur 184.000 aktive Soldatinnen und Soldaten haben, sondern 260.000 und dazu mindestens 200.000 Reservisten. Die müssen ausgebildet, die müssen untergebracht werden, die müssen üben. Truppenverlegungen sind aber nur ein Beispiel. Verteidigung beginnt früher. Wir haben es jetzt schon mit hybriden Angriffen auf kritische Infrastrukturen und Computernetzwerke zu tun. Auch das Zusammenspiel beim Schutz solcher Einrichtungen müssen wir üben. Das heißt: Übungen werden nicht nur analog sein wie bei der Truppenverlegung.

Geht die Bevölkerung dabei mit? Vor ein paar Jahrzehnten wurde man noch eher angefeindet, wenn man Wehrdienst leistete.

Wir müssen uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen. Dazu gehört, zu wissen, was wir verteidigen: unsere Freiheit und Sicherheit. Es geht um unsere Art zu leben, zu kommunizieren, um unsere Verfassung, um unseren Rechtsstaat. Es ist eine Systemauseinandersetzung. Darüber müssen wir klar und offen reden, wie es in Osteuropa und Skandinavien schon lange geschieht. Ich habe gerade bei einer Diskussion mit Schülerinnen und Schülern erlebt, dass junge Leute sich die Frage nach ihrem persönlichen Beitrag stellen. Wollen sie den Dienst an der Waffe leisten oder etwas anderes für die Gesellschaft tun? Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das russische Narrativ setzt genau auf das Gegenteil, darauf, dass wir nicht bereit sind, zu verteidigen, was wir erreicht haben.

Wie sah es mit dieser Bereitschaft bei den jungen Leuten aus, mit denen Sie gesprochen haben?

Es gab eine sehr reflektierte Diskussion. Das betrifft durchaus nicht nur die, die sich schon klar darüber sind, dass sie sich zum Wehrdienst melden. Sondern auch das Bewusstsein dafür, dass Russland, auf das wir als friedlichen Partner hofften, jetzt militärisch aggressiv agiert. Der Angriff gegen die Ukraine hat eben nicht erst 2022 begonnen, sondern schon 2014 mit der Besetzung der Krim. Dazu kamen Fragen wie die, ob man eine vernünftige militärische Ausbildung bekommt, wenn man sich meldet. Und ob Abschreckung wirklich funktionieren wird, gemeinsam mit anderen Staaten. Mich haben diese Gespräche regelmäßig sehr beeindruckt.

Bis Mitte 2027 haben wir die Kapazität, um flächendeckend die zu mustern, die überhaupt dafür in Frage bekommen.
Sebastian Hartmann

Vom Geburtsjahrgang 2008 an sollen alle jungen Männer gemustert werden. Wie ist das zu schaffen?

Der Prozess beginnt mit dem Fragebogen, den junge Männer verpflichtend und Frauen freiwillig ausfüllen können. Das wird schon etwas verändern: Aus dem freundlichen Desinteresse gegenüber der Bundeswehr, wie Bundespräsident Horst Köhler es 2005 formulierte, wird zwangsläufig eine bewusste Auseinandersetzung: Wie stehe ich persönlich zu diesem Dienst? Bis Mitte 2027 haben wir die Kapazität, um flächendeckend die zu mustern, die überhaupt dafür in Frage bekommen. Wir machen das nah am Wohnort, nicht in den Kreiswehrersatzämtern der 1960er, 1970er Jahre. Die führen wir nicht wieder ein. Und ich bin überzeugt, wir bekommen genug Freiwillige, wir kommen Schritt für Schritt auf die Zahl von 40.000 pro Jahr, die wir auf Dauer anstreben. Und die wir vernünftig ausbilden müssen. Auch in neuen Aufgaben wie Drohnenabwehr bis hin zur mentalen Aufstellung, bei der Abwehr von Desinformation. Das grenzt schon an die Auseinandersetzung über weltanschauliche Fragen.

Und wenn jemand seinen Beitrag leisten möchte, aber nicht mit der Waffe?

Auch dann gilt: herzlich Willkommen. Wir werden zum Beispiel die Stellenzahl im Bundesfreiwilligendienst um 15.000 erhöhen. Wir modernisieren für 2,7 Milliarden Euro die Liegenschaften des Technischen Hilfswerks. Es trägt als stabile Säule der zivilen Verteidigung zur Gesamtverteidigung bei.

Wenn die 40.000 Rekruten, von denen Sie eben sprachen, sich nicht freiwillig melden, soll gelost werden. Warum ist plötzlich wieder vom Losen die Rede? Die Skandinavier machen es anders, sie ziehen verpflichtend die Leute ein, die am besten geeignet sind.

Wir setzen auf das zentrale Element einer flächendeckenden Musterung der jungen Männer. Es wird also nicht ausgelost, wer zur Musterung geht, sondern wir erhalten einen flächendeckenden, konkreten und nicht nur statistischen Überblick. Wenn sich dann am Ende aus der Gruppe, die Wehrdienst leisten könnten, nicht genug Freiwillige finden, ist das Los das letzte Mittel. Diesen Kompromiss hat es in der Koalition gegeben. Aber es geht jetzt zunächst darum, einen modernen Wehrdienst zu schaffen und die, die jetzt ausgebildet werden, für die Reserve zu gewinnen. Damit wir bis Mitte spätestens Ende des nächsten Jahrzehnts die Bundeswehrstärke haben, die wir brauchen: 260.000 plus mindestens 200.000 in der Reserve, insgesamt 460.000.

Wir sind bereits heute verteidigungsbereit. So machen wir der russischen Seite klar, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen Krieg riskieren darf.
Sebastian Hartmann

Haben wir so lange Zeit? Immer wieder heißt es, es könne Ende des Jahrzehnts schon so weit sein, dass wir mit einem russischen Angriff auf Nato-Gebiet rechnen müssen.

Das möchte ich hier öffentlich unterstreichen: Die gemeinsame Sicherheits- und Bedrohungsanalyse der Nato ist zu dem Schluss gekommen, dass die Russische Föderation in der Lage ist, 2029 an einem beliebigen Punkt unseres Bündnisgebiets einen großflächigen territorialen Angriff zu ihren Bedingungen zu führen. Und zwar, das betone ich, unabhängig vom Verlauf des Ukrainekrieges. Und das bedeutet nicht etwa, dass es erst 2029 so weit sein kann. Die Bundeswehr muss also bereits jetzt in der Lage sein, das Nato-Bündnis zu verteidigen. Wir können also nicht große Teile der Bundeswehr abmelden, damit sie sich ausschließlich um die Ausbildung kümmern. Sondern wir müssen beides, aktuelle Einsatzbereitschaft und Ausbildung für die Zukunft, in Einklang bringen. Wir sind bereits heute verteidigungsbereit. So machen wir der russischen Seite klar, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen Krieg riskieren darf. Auch keinen hybriden Angriff.

Aber wir erleben doch Drohnenüberflüge. Oder jüngst die Anschläge auf eine polnische Bahnstrecke. Ist das schon Krieg? Oder reden wir vielmehr den Krieg herbei, wenn wir in diesem Sinn von hybriden Angriffen sprechen?

Wir müssen in einem demokratischen Rechtsstaat offen kommunizieren, was stattfindet. Die russische Seite unterscheidet nicht zwischen Frieden, Krise und Krieg, sondern der Übergang ist fließend, und hybride Aktionen laufen – vom Anschlag bis zum Versuch der Wahlbeeinflussung. Zugleich machen wir deutlich: Wir wissen, was Russland tut, und wir fahren das Schutzniveau hoch.

Aber wo Sie psychologischen Einflussoperationen zu Lasten des Westens sehen, sehen AfD- und BSW-Politiker, die enge Russland-Kontakte pflegen, dies als Teil des normalen Diskurses und halten Ihnen vor: Sie malen Kriegsgefahr an die Wand, um uns innenpolitisch bekämpfen zu können.

Russland führt seit Jahren einen Angriffskrieg mit Hunderttausenden Toten. Wollen wir, dass der Aggressor am Ende erkennt: Das hat sich gelohnt? Diese gesellschaftliche Debatte müssen wir führen. Die russische Seite hat keinerlei Interesse, sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an einen Tisch zu setzen. Das muss man so benennen. Und wer dann Teil einer Propagandaschau des russischen Regimes werden will, der stellt sich bewusst auf die falsche Seite. Dann darf man sich aber auch über Kritik daran nicht beschweren.

Wie bewerten Sie die auffällig vielen Anfragen, die die AfD-Fraktion zu Fragen der kritischen Infrastruktur und Verteidigungsfähigkeit stellt?

Ich habe die Aufgabe, für das Verteidigungsministerium Anfragen des Parlaments zu beantworten. Und ich habe Antworten mehrfach mit Verweis auf das Staatswohl oder auf mögliche Rückfolgerungen auf die Einsatzbereitschaft und Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr verweigert. Also damit, dass die Verbreitung der Informationen möglicherweise einen erheblichen Nachteil für unsere Sicherheitslage bedeuten könnte. Und wer solche Fragen stellt, muss sich umgekehrt fragen lassen, was er mit solchen Informationen will. Den Wehrwillen zu stärken, mehr Mittel für die Bundeswehr freizugeben oder der Ukraine noch stärker zu helfen verbindet sich mit diesen Anfragen scheinbar nicht.

Russland hat doppelt so viele Soldaten wie zum Zeitpunkt des Angriffs auf die Ukraine 2022. Das zeigt, dass Russland sich auf eine andere Form der Auseinandersetzung mit der Nato vorbereitet.
Sebastian Hartmann

Die Nato-Analyse, von der Sie eben sprachen, gilt unabhängig von der weiteren Entwicklung des Ukraine-Krieges. Aber wenn jetzt auf irgendeinem Weg die Kämpfe beendet würden – dann bekäme Russland doch weitere Ressourcen frei. Würde das die Gefährdungslage nicht ändern?

In der Tat, dann könnten noch mehr neu produzierte Rüstungsgüter eingelagert werden, und es würden auch russische Soldaten und Truppenverbände freigesetzt, die jetzt noch in der Ukraine kämpfen. Ohnehin hat Russland seine ganze Industrie auf Kriegswirtschaft ausgerichtet und seine Militärbezirke so umgegliedert, dass sie auf Nato-Territorium ausgerichtet sind. Russland hat doppelt so viele Soldaten wie zum Zeitpunkt des Angriffs auf die Ukraine 2022. Das zeigt, dass Russland sich auf eine andere Form der Auseinandersetzung mit der Nato vorbereitet. Der Verlauf des Ukraine-Krieges hat nur noch Auswirkungen auf die Zeitachse. Also darauf, wann aus russischer Sicht eine optimale Kombination aus Wille und Fähigkeiten besteht.

Können wir bei der Auseinandersetzung damit etwas von den Skandinaviern oder Balten lernen?

Freiheit gelingt nicht gegen eine Gesellschaft, sondern wird durch eine starke Gesellschaft gesichert. Natürlich gehört zur Freiheit der Grundrechtsschutz, das Abwehrrecht gegen staatliche Über- und Eingriffe. Aber wer einen solchen Rechtsstaat will, muss auch bereit sein, ihn zu verteidigen – nach innen und nach außen. Da können wir in der Tat etwas von der hohen Grundsolidarität in nord- und osteuropäischen Ländern lernen. Die Menschen dort sagen, das machen wir gemeinsam. Was auch dazu geführt hat, dass die ehemals blockfreien Staaten Finnland und Schweden der Nato beitraten und damit bis auf Russland alle Ostseeanrainer im westlichen Bündnis sind. Russland hat mit dem Angriff auf die Ukraine hier also das Gegenteil eines Erfolges erreicht.

Ein großer Teil unserer kritischen Infrastruktur stützt sich auf Satellitenkommunikation. Ihr Ministerium hat jetzt auch eine Weltraumstrategie vorgestellt. Was können wir da allein ausrichten?

Obwohl die friedliche Nutzung des Weltalls völkerrechtlich abgesichert ist, wird es mittlerweile auch als potenzielles Feld der Auseinandersetzung begriffen. Deshalb wird die nationale Weltraumstrategie auch ressortübergreifend begriffen. Als Absicherung unserer wirtschaftlichen Aktivitäten in Friedenszeiten, aber auch der Kommunikation im Spannungs- und Verteidigungsfall. Die Bundeswehr muss dort Kommunikationswege aufrechterhalten und Aufklärung betreiben. Das ist eine Frage unserer nationalen Souveränität: Wir wollen nicht abhängig sein von wem auch immer, sondern selbst in der Lage zu sein, unsere Kommunikations- und Informationswege zu verteidigen. Schaffen wir das nicht, dann wird auch unsere Verteidigungsfähigkeit zu Lande, zur See und der Luft mutmaßlich deutlich eingeschränkt sein.