In der WohnungWarum gibt es gerade so viele Silberfischchen und wie wird man sie los?

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Silberfischchen sitzt auf Holz

Silberfischchen sitzt auf Holz

Köln – Von wegen nur im Badezimmer, nur silber und ganz klein: Die Silberfischchen, die unsere Kolleginnen seit ein paar Tagen vermehrt in ihren Wohnungen vorfinden, sind teilweise ganz schön lang, auch schwarz und kriechen hinter Bücherregalen hervor, aus Fußleisten und Fensterrahmen – nicht nur im Badezimmer. Warum passiert das gerade so häufig? Wir dachten, Krabbel-Getier suche vor allem im Herbst und Winter Zuflucht in den Wohnungen? Und muss es einem peinlich sein, weil es etwas über den hygienischen Zustand des Zuhauses aussagt? Diese Fragen und noch mehr beantwortet Insekten-Experte Karl-Heinz Jelinek vom Naturschutzbund (NABU) NRW. 

Warum krabbeln gerade jetzt so viele Silberfische durch die Wohnung?

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Insektenkundler Karl-Heinz Jelinek vom Fachausschuss für Entomologie des NABU Landesverbandes NRW.

„Sie kommen nicht, sie sind in den Wohnungen, vor allem dann, wenn es feuchte Stellen gibt, etwa hinter Fußleisten oder in und an Wänden", sagt Karl-Heinz Jelinek. Silberfischchen seien wie auch Kellerasseln oder Staubläuse so genannte Lästlinge, also kleine Insekten, die sich gerne in der Nähe des Menschen aufhalten. Sie sind nachtaktiv, weshalb man sie tagsüber meist nicht zu Gesicht bekommt. „Aufgrund des schwülen Wetters der vergangenen Tage und Wochen,  kann es vorkommen, dass die Feuchtigkeit im Wohnraum kondensiert, dann krabbeln sie gerne auch am Tag aus ihrem Versteck", sagt Jelinek. Die Tierchen lieben nämlich Wärme. Die optimale Temperatur liegt bei 25 bis 30 Grad. „Da sie auch eine hohe Luftfeuchtigkeit von mindestens 70 Prozent schätzen, die bei höheren Temperatur schneller entsteht als bei kühleren, ist klar, warum wir sie auch im Sommer häufiger in den Wohnungen sehen, es gibt einfach mehr davon, weil sie bessere Lebensbedingungen vorfinden."

Haben sie also gerade keine Paarungszeit?

Silberfischen pflanzen sich das ganze Jahr über fort, die Weibchen legen dann im Durchschnitt 70 bis 100 Eier in Spalten und Ritzen ab. Die Anzahl der Eier steht in Abhängigkeit zur Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Sind beide optimal, wie beschrieben, dauert es etwa 30 Tage bis die Larven schlüpfen. Bei kälteren Temperaturen liegt der Entwicklungszeitraum bei 130 Tagen. Das bedeutet: Bei optimalen Bedingungen werden die Tiere schneller geschlechtsreif und können sich nicht erst nach eineinhalb Jahren, sondern nach wenigen Monaten fortpflanzen.

Wie sehen sie eigentlich genau aus, diese Urinsekten?

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Silberfischchen lieben auch Papier, wie Buchseiten.

Silberfische sind kleine längliche Insekten mit sechs Beinen und langen Fühlern im Kopf- und Schwanzbereich. Aber ohne Flügel, weshalb sie auch nicht fliegen können. Sie werden bis zu drei Zentimeter lang. Ausgewachsene Exemplare haben Schuppen, die unter Lichteinfall silbrig glänzen, woher auch ihr Name stammt. Übersetzt bedeutet die lateinische Bezeichnung Lepisma saccharina aber „Zuckergast”, da die Tierchen Stärke und Zucker lieben. Man zählt sie zu den Urinsekten, die zur Familie der Lepismatidae und zur Ordnung der Zygentoma gehören, die schon vor Millionen von Jahren die Erde bevölkert haben. 

Wo halten sich die Tierchen am liebsten auf und wovon ernähren sie sich?

„Silberfische halten sich am liebsten dort auf, wo es warm, feucht und dunkel ist, also in Ritzen, undichten Rohren in der Wand, in Löchern und unter Möbelstücken”, erklärt Jelinek. Auch lose Sockelleisten, Türrahmen und Plätze hinter abgelöster Tapete seien beliebte Aufenthaltsorte. Und natürlich solche, die wie Bad, Keller und in der Nähe des Spülbeckens, relativ feucht sind. Manche Tiere geraten aber auch über Umwege in die Wohnung, besser gesagt: wir schleppen sie selber ein, da sich Silberfischchen gerne in Papier (auch Büchern!) und Verpackungen aus dem Supermarkt aufhalten.

Jelinek: „Silberfischchen leben von minimalen Abfällen, ob Staub, gar Schimmel, vor allem zuckrige und trockene Essens-, auch Papier- oder Tapetenreste, bis hin zu Milben, irgendetwas finden sie immer." Auch Haare und Hautschuppen gehören auf ihren Speiseplan. 

Sind sie gefährlich? Übertragen sie Krankheiten und liegt's an der Hygiene?

Silberfische, da sind sich alle Expertinnen und Experten einig, sind kein Indikator für einen unhygienischen oder wenig gepflegten Haushalt. „Regelmäßiges Wischen, Abstauben oder Saugen hält die Tiere nicht davon ab, dass sich ganze Populationen in der Wohnung einnisten", sagt Jelinek und betont: „Silberfische gehören aber weder zu den Schädlingen noch zu Krankheitsüberträgern, im Gegenteil: Sie verspeisen Schädlinge wie allergieauslösende Hausstaubmilben und machen sich sogar über Schimmel und Hausstaub her, warum sollten solche Tierchen also nicht mit uns leben? Sie holen uns doch nicht das Butterbrot vom Teller." 

Was kann ich tun, damit die Tierchen gar nicht erst in die Wohnung kommen?

Wer dennoch ungern mit Silberfischen zusammenleben möchten, dem legt Jelinek nahe, ihnen gar nicht erst ein Wohlfühlklima zu bieten, sprich: regelmäßig zu lüften (mindestens drei Mal am Tag und nach Bedarf für fünf Minuten gegenüberliegende Fenster weit öffnen!) und richtig zu heizen, da sich die Tiere bei einem trockenen Raumklima und unter zehn Grad nicht wohlfühlen, beziehungsweise inaktiv werden. Eine normale Luftfeuchtigkeit im Haushalt sollte bei 40 bis 60 Prozent liegen, im Bad maximal bei 70 Prozent. 

Rückzugsorte der Silberfische können beseitigt werden, indem man lose Tapeten befestigt und alle Ritzen in Fugen, an Böden, die Übergänge zwischen Heizungsrohren und Böden, und den Spalt zwischen Türzargen und Wand mit Silikon oder Fugenspachtel schließt. Auch sollte man nachts keine Lebensmittel offen stehen lassen und Vorräte am besten in verschließbaren Gläsern mit Gummidichtung lagern. Wer Haare im Bad und sonst wo regelmäßig entfernt, entzieht den Tierchen eine Nahrungsgrundlage. Darüber hinaus sollten die Abflüsse  regelmäßig durchgespült und die Wohnung auf Schimmel untersucht werden.

Und: Da Silberfischen gerade in den warmen Monaten gerne auf den Hausfassaden leben, ist es besser öfter mal Stoßzulüften als die Fenster dauerhaft gekippt geöffnet zu haben.   

Und wie kriege ich sie aus der Wohnung, wenn sie trotz allem Unterschlupf gefunden haben?

Wovon Insektenkundler Jelinek wahrscheinlich wenig wissen möchte, empfehlen Schädlingsbekämpferinnen und -bekämpfer auf ihren Internetseiten: Hausmittel, mit denen man den Silberfischchen zu Leibe rücken kann, sie damit teils aber auch vernichtet.  Wichtig ist, zunächst das Nest der Tiere ausfindig zu machen, worauf zum Beispiel Fraßschäden hinweisen können.

Einige Tropfen bestimmter ätherischer Öle wie Teebaum-, Neem- oder Lavendöl auf ein Baumwolltuch geträufelt und neben das Nest gelegt, vertreibt die Silberfische. Auch Sprays, die Geraniol enthalten, und regelmäßig in der Umgebung des Nests versprüht werden, treiben die Tierchen in die Flucht. Das Problem dabei: Silberfische werden damit vergrämt, flüchten aber im Zweifel in einen anderen Rückzugswinkel der Wohnung – oder zu den Nachbarn. Da hilft dann nur: einfangen. Etwa mittels eines Einmachglases, das mit Haferflocken oder Zucker gefüllt ist. Silberfischchen können sich an Glasflächen nicht halten und rutschen somit direkt in die Falle. Klebefallen, wie ein mit Honig bestrichener Backpapierstreifen oder gekaufte Klebefallen mit Duftstoffen (nicht mit Insektiziden!) sollten so oft aufgestellt werden, bis keine Insekten mehr daran klebenbleiben. Obacht: Giftsprays, auch Salmiak- oder Ammoniakwasser sind nicht nur für die Insekten sondern auch für die Anwendenden, für Haustiere und die Umwelt ungesund!

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